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Berliner Luftraum

Die DroneMasters sind das Ideenlabor der Drohnen- Entwickler

Könige der Lüfte: Die Techies entwerfen dort den Alltag der Zukunft – und verschaffen Kindern schon einmal die nötige Peilung im Luftraum

Foto: David von Becker

Eine Schulklasse im Schlesischen Busch. Vier Kinder halten Fernbedienungen in ihren Händen. Über ihren Köpfen kreisen kleine Drohnen. Manche Kinder folgen mit ihren Augen den Flugobjekten, andere verfolgen auf Monitoren, was das Kamerauge der Drohne sieht: den Park, einige Jogger und sogar sie selbst.

„Akku tauschen, runter, runter!“ Das ruft Branko May Trinkwald energisch. Der 43-Jährige, eine Karriere als Programmierer hinter sich und seit drei Jahren Drohnenpilot, macht den Schülern der achten Klasse der Berliner Merian-Schule klar, dass genau jetzt die Zeit für die Landung ist. Die Handteller-große vierrotorige Drohne, bei der die Warn-LED für den fast entleerten Akku schon tiefrot leuchtet, gleitet auf den Boden.
Kaum ist dieses Problem gelöst, entsteht ein neues. „Ratsch, ratsch“, macht es hoch über den Köpfen, weil sich die Rotoren einer anderen Drohne im Laub verfangen haben. „Nicht unter den Bäumen fliegen!“, mahnt May Trinkwald.

Er und seine beiden Kollegen von den DroneMasters haben jede Menge damit zu tun, dass die 25 Schülerinnen und Schüler das fliegende Gerät auch sicher in der Luft halten und sanft zu Boden bringen, bevor die Akkus leer sind. Jogger kommen vorbei, blicken verwundert in die Lüfte – und erhalten eine Vorahnung unserer Welt der Zukunft.
„2025 werden Drohnen in Berlin Teil des Alltags sein. Es wird Flugtaxis auf ausgewählten Strecken geben. An Drohnen im Bauwesen und der Logistikbranche wird man sich auch gewöhnt haben“, malt Frank Wernecke das Leben von morgen aus.

Er ist der Master der DroneMasters. Seine vor vier Jahren gegründete Firma ist ein Inkubator für Geschäftsideen mit Drohnen. „Wir vernetzen Partner aus unterschiedlichen Branchen und helfen auch bei der Finanzierung“, erklärt Wernecke. Die Meetups der DroneMasters bringen Maschinenbauer und Programmierer, Flugsicherungsexperten und Luftfahrtjuristen, Logistikunternehmer und Autobauer, Experimentalfilmer und Staatsekretäre, Seenotretter und Landwirte zusammen. Das Netzwerk reicht bis nach Asien, Afrika und Amerika.

„Gerade hatten wir eine Anfrage aus Mexiko. Die Mexico City Art Week wollte eine Drohne, mit der man Wandbilder sprayen kann. Ein Problem war, wie man mit dem Rückstoß durch die Farbe umgeht. Wir haben überlegt, wie so etwas gehen könnte, wer darin Erfahrung hat – und so ist das Drone Graffity Project entstanden“, erzählt Wernecke.

Zehn feste Mitarbeiter hat die Firma mittlerweile, die in Kreuzberg ansässig ist. Einige von ihnen betreiben die Junior Academy mit den Workshops für Kinder. Andere besorgen das Kapital. Wernecke selbst, ein ehemaliger Politikwissenschaftler, der von der IT-Branche zur elektrisch angetriebenen Mobilität in der Luft wechselte, arbeitet eng mit staatlichen Regulierern zusammen. Er sitzt im Beirat für Unbemannte Luftfahrt (UAV-Beirat) des Bundesverkehrsministeriums.

Die kommerziell interessantesten Bereiche für den Einsatz von Drohnen seien „Logistik, Lagerhaltung und Inspektionsflüge“.

Die Blaupausen für einige solcher Firmen wurden während der DroneMasters entwickelt. „Vor drei Jahren kam Andreas Dunsch zu einem unserer ersten MeetUps mit der Idee“, erinnert sich Wernecke. Ein paar Entwicklungsschritte und Finanzierungsrunden weiter hat Dunschs Firma FlyNex Außenstellen in Hamburg und San Francisco und beschäftigt 60 Mitarbeiter, die kommerzielle Drohnenflüge mit den nötigen Karten und den noch nötigeren Genehmigungen planen. Doks. innovation aus Darmstadt wiederum lässt Drohnen in Lagerhallen Barcodes scannen und führt so eine automatisierte Inventur durch. Die DroneMasters stiegen bei Doks. innovation in einer Frühphase selbst als Kapitalgeber ein.
Der Transport von Menschen mit Drohnen ist für Wernecke ebenfalls bald Realität: „Die Technologie dafür ist da, gerade in Deutschland gibt es interessante Ansätze mit Volocopter in Bruchsal, Lilium bei München und dem „Silent Air Taxi“ der RWTH Aachen.“

Frank Wernecke, Gründer und Geschäfts­führer von DroneMasters, Foto: David von Becker



Der Erfolg der Technologie stellt sich aber nur ein, wenn auch die Gesellschaft sie akzeptiert. Da schimmert beim Industriepionier Wernecke der Politologe durch. „Um die Benutzung des Luftraums fair für alle zu machen, kann man Bezahlsysteme für Wegemauts entwickeln. Das Geld geht dann an die Kommunen, denn Luftraum ist öffentlicher Raum“, sagt er. Gerade in Berlin, wo das Bewusstsein für kommunale Infrastrukturen ausgeprägt ist, sieht er große Chancen – auch wegen der wachsenden IT-Branche und dem Wisssenschaftsumeld. Sein Ziel: auch Berlin zu einem Cluster der Urban Air Mobility-Initiative der EU zu machen. 42 solcher Cluster gibt es bereits, in Deutschland sind es unter anderem Ingolstadt, Hamburg und Nordhessen.

In der Bevölkerung schürt die Drohnen-Technologie allerdings auch Ängste – davor, dass Sicherheitsbehörden etwa mit den Flugobjekten öffentliche Plätze überwachen. Oder davor, dass Lieferdienste wie Amazon den traditionellen Einzelhandel kanniDrone
balisieren, weil Bestellungen auf einmal per Drohne vor der Haustür aufschlagen.

Die DroneMasters verlieren trotz solcher Szenarien ihr eigenes lokales Baby, die Junior Academy, nicht aus dem Blick. Es soll weiter wachsen. „Der Lehrplan, den wir entwickelt haben, ist ja kein Geheimnis. Ich sehe ihn als open source. Jeder kann ihn benutzen“, sagt Branko May Trinkwald. Auf dem Lehrplan stehen die Vermittlung der physikalischen Grundlagen von Aerodynamik und elektrischem Antrieb, das Auseinandernehmen und Zusammensetzen einer Drohne, Flugtraining am Simulator und schließlich das Fliegen selbst im Freien.

Das kommt auch bei der Projektwoche der Merian-Schule im Schlesischen Busch gut an. „Es macht definitiv mehr Spaß als Schule. Wir haben zu Hause auch eine Drohne, aber damit fliegt meist mein Bruder. Hier kommen wir viel öfter zum Fliegen“, meint Felix, einer der Schüler. Ganz allerdings geht Werneckes Master-Plan hier nicht auf. Er will die Kids auch für künftige Berufe wie Drohnenpilot, Drohnenmechaniker oder Drohnenbauer begeistern. Felix aber bleibt bei den alten Vorlieben. „Ich treibe gern Sport und will Sport- und Französischlehrer werden“, sagt er. Lehrer braucht es, selbst in einer drohnigen Zukunft.

Plätze für die Workshops der Junior Academy in den Sommer- und den Herbstferien sind hier buchbar: Kosten 350 Euro (5 Tage), 290 Euro (4 Tage)

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