Kolumne

Jackie A. entdeckt… Der Engel-Eklat

Nur mit Mühe kam ich am Sonntag aus dem Bett. Mit Tänzern und Sängern feierten wir das Tanzstudio- Jubiläum auf der Frankfurter Allee, landeten später mit einer Flasche Rotwein im Dönerladen – die letzten drei Frauen, über Gott und die Welt diskutierend

Am Tag zuvor war leider schon die Betriebsweihnachtsfeier des Ehegatten. Mit letzter Reserve schmiss ich mich also heute, diesem dritten Feiertag in Folge, dem ersten Advent, in mein Engelskostüm und stülpte einen Heiligenschein über den brummenden Schädel, um final beim Adventsmarkt in meinem Dorf einzuschweben. Auf dem kleinen Areal neben der Bratwurstbunde standen schon mehrere Weihnachtsmänner und -frauen zusammen. Die Begrüßung fiel für Brandenburger Verhältnisse geradezu euphorisch aus. Im kleinen Mehrzweckraum saßen Dorfbewohner hinter Tischen mit hübscher Keramik, Selbstgestricktem oder regionalem Honig. Der Feuerwehrmann leistete direkt erste Hilfe und spendierte einen Filterkaffee gegen den Kater, die mitgebrachten Zimt-Sterne gingen weg wie warme Semmeln, und eine Strickhochbegabte schenkte mir den lustigsten Strickvogel, den man sich überhaupt vorstellen kann. Als ich so mit verkatertem Lächeln an den Tischen vorbeiwackelte und abwechselnd „Frohe Weihnachten!“ wünschte  und „Hatten Sie schon einen Zimtstern?“ fragte, stand plötzlich die Veranstalterin vor mir. Harsch stellte sie mich zur Rede, wer ich sei und was ich hier tue.

Mit soviel Argwohn hatte ich nicht gerechnet, zumal ja auf Berliner Weihnachtsmärkten jeder zweite mit einem Heiligenschein unterwegs ist beziehungsweise sich für Jesus hält. Niemand würde auf die Idee kommen, sich daran zu stören. Aber im Dorfkosmos gelten andere Regeln. Ein bisschen Recht hatte sie wohl auch. Es war ihre Veranstaltung, da darf man zumindest mal fragen, wer hier so alles Plätzchen verschenkt. Ich stellte mich also vor und half am Ende noch, die letzten Kaffeetassen zusammenzupacken. Dann verabschiedete ich mich und dachte, die Geschichte wäre damit erledigt. Der Super-GAU folgte am nächsten Tag. Denn bei der Regionalzeitung hatte man in einem Artikel zum Adventsmarkt beschlossen, statt die Veranstalterin wenigstens einmal namentlich für ihrem Einsatz zu erwähnen, lieber den Weihnachtsengel in die Schlagzeile zu hieven. In einem Kommentar distanzierte sich die wütende Veranstalterin dann öffentlich vom Weihnachtsengel.  Mir war die Sache inzwischen ziemlich unangenehm, und ich antwortete mit einer Entschuldigung, die sie aber nur noch mehr ärgerte. So weit, so absurd. Weil ich in meinem Dorfleben aber auch lernte, dass es sich lohnt, dranzubleiben, werde ich nächstens Jahr einen neuen Versuch starten – dann auf Brandenburger Art: mit Anmeldung! Ein „Daumen drücken“ könnte dennoch nicht schaden. 

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