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Stadtleben

12 Dinge, die jeder kennt, der in Prenzlauer Berg aufgewachsen ist

Wer in einer Großstadt aufgewachsen ist, der macht seinen Kiez zum Dorf. Man kennt quasi jeden, und bis zu seinem 16. Lebensjahr bewegt man sich kaum raus. Die Erinnerungen der Berliner:innen sind stark an ihre Bezirke gekoppelt – für all jene, die in den 2000er-Jahren im Prenzlauer Berg groß geworden sind, bedeutet das in erster Linie: Gentrifizierung und Verdrängung. Subkultur verschwindet, Concept Stores kommen. Zeit also für etwas Nostalgie: Hier kommen 12 Dinge, die ihr mit Sicherheit kennt, wenn ihr eure Jugend in den 2000er- oder 2010er-Jahren im Prenzlauer Berg verbracht habt. Einiges stimmt sogar heute noch.

Die Feuerwehr verschafft jungen Menschen an der Oderberger Straße eine Abkühlung. Wer in Prenzlauer Berg aufgewachsen ist, findet hier viele Erinnerungen. Foto: Imago/snapshot-photography/Russell Price

Hängen auf dem „Starplatz“

Nicht schön, aber sexy? Irgendwie so, jedenfalls hängen junge Menschen gern auf dem Starplatz rum. Foto: Imago/Seeliger

Der Starplatz in der Stargarder Straße ist wirklich nicht sonderlich schön, dennoch zieht er bis heute zahlreiche Jugendliche aus dem Prenzlauer Berg an, die sich dort ihre Freizeit vertreiben. Tischtennis spielen, quatschen, flirten, Bierballturniere veranstalten. Sicher ist die Beliebtheit des Ortes auch den beiden Schulen, dem Heinrich-Schliemann- und dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium geschuldet. Aber selbst aus anderen Kiezen reiste man damals an, um die „Spektakel“ (das möchte man doch in Anführungszeichen wissen), die sich hier Nachmittag für Abend ereigneten, mitzuerleben.


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Ganze Pizza für 2,50 Euro bei Aceto

Direkt am Bahnhof Eberswalder Straße liegt die Pizzeraie Aceto. Foto: Imago/Sabine Gudath

Unvorstellbar, aber wahr: Bis vor gar nicht so vielen Jahren gab es bei der kleinen Pizzeria Aceto Lokanta in der Kastanienallee Pizza für sage und schreibe 2,50 Euro. Ein Traum für all jene, die nicht erst vor Kurzem durch Papas Kontakte in den Kiez gezogen waren und beim Essen auch einen Blick auf die Preise warfen. Dazu gab es kostenlose Pizzabröchten. So viele, wie man wollte. Man munkelt, dass sich manch einer nachts betrunken hineinschlich, die Pizzabrötchen mit Knoblauchöl beträufelte und sich so seinen Suffsnack für umme holte. Aceto gibt’s immer noch, mittlerweile sogar als Franchise. Das Essen ist allerdings etwas teurer geworden.

  • Aceto Lokanta Wichertstraße 4, Prenzlauer Berg, tgl. 11-24 Uhr, online

Montags vor der Alten Kante die Kante geben

Auf dem Gelände der Kulturbrauerei liegt auch die Alte Kantine. Foto: Imago/Stefan Zeitgz

Ein Club, für den man sich ein bisschen schämt, bis man sich eingesteht, dass ungefähr alle Prenzlberger Teenager das erste Mal dort ausgegangen sind. Okay, dann schämt man sich immer noch. Aber die Alte Kantine – oder kurz: Alte Kante – auf dem Gelände der Kulturbrauerei war eben ein einfaches Ziel für die ersten Partys. Von Culcha Candela über Katy Perry bis Silbermond blieb man hier vor nichts verschont, dafür ist der Eintritt am Montagabend bis heute umsonst und es gibt Tischtennisplatten. Im Sommer saß man manchmal auch einfach nur davor, denn eigentlich ging es ja in erster Linie darum, Leute zu treffen.

  • Alte Kantine Knaackstraße 97, Prenzlauer Berg,

Erstes Mal betrunken sein im Mauerpark

Damals, als man wach blieb… bis die Wolken wieder lila sind (scheppernder Sound einer UE Boom). Foto: Imago/Rolf Zöllner

Ob auf dem Dorf, in der Kleinstadt oder im großstädtischen Kiez, irgendwann kommt sie: die erste Mische und der erste Rausch. Weil man meist noch nirgendwo rein darf, geht es in den Park und damit die schwäbische Nachbarin nicht gleich wegen Lärmbelästigung die Polizei ruft, geht man eben in den Mauerpark, wo weitläufig Platz zum Torkeln ist und die mitgebrachte Musikbox auf volle Lautstärke gedreht werden kann. Eine der weniger eleganten Erinnerungen – aber sie gehört fest dazu.


Splitterbrötchen und Mohnkuchen bei Bäcker Hackerl

Die Verkäufer:innen sind denkbar unfreundlich, das Angebot denkbar fantastisch, und genauso muss es sein. Seit vielen Jahren gibt es in der Bäckerei Hacker in der Stargarder Straße Mohnkuchen und Splitterbrötchen, von denen jeweils eine ganze Familie satt werden könnte, für unter drei Euro. Und Hacker hält die Preise, aller neuen fancy Kaffee-Manufakturen drumherum zum Trotz. Eine gute Erinnerung, die zum Glück noch da ist und hoffentlich auch bleibt, denn der gedeckte Apfelkuchen ist wirklich zum Niederknien.


Tatort gucken im Uebereck

Läutet eher selten gute Filme ein: das Logo vom Tatort. Foto: Imago/Winfried Rothermel

Ein fester Termin für junge Prenzlberger:innen, die alt genug waren, um nicht direkt wieder aus der Kneipe geschmissen zu werden: Das Public Viewig des Tatort am Sonntagabend im Uebereck. Die Kneipe auf der Schönhauser Allee ist genau richtig schummrig, um Filmstimmung aufkommen zu lassen und die Bierkrüge gerade voll genug, um den Tatort zu ertragen. Einer dieser Orte, für den die Ausgeflogenen auch Jahre später noch gern zurückkehren, allein schon der Tradition wegen.

  • Uebereck Prenzlauer Allee 47, Prenzlauer Berg, tgl. ab 18 Uhr, Tel. 030/442 8280

Die Kiezkneipe unter den Spätis: We Love Späti

We Love Späti auf der Danziger Straße ist ein echter Kieztreff. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Der Spätis unter den Spätis? Vielleicht, auf jeden Fall aber eine Anlaufstelle, bei der klar war: Hier triffst du immer jemanden, den du kennst. Es vergeht wirklich kein Abend, an dem man hier allein sitzen könnte, das scheint bis heute der Fall zu sein. Der Prenzlauer Berg hat viele sehr stabile Spätis, die trotz des knappen Taschengelds ein paar Bier zuließen und bei denen man, mit den richtigen Tricks, auch mal unter 18 Jahren eine Packung Tabak kaufen konnte. Nicht, dass das bei We Love Späti jemals der Fall gewesen wäre.

  • We Love Späti Danziger Str. 44, Prenzlauer Berg, Mo-Sa ab 9 Uhr

Bier und Kreuzworträtsel in der Baiz

Die „alte“ Baiz in der Torstraße. Zum Glück lebt die Kneipe im Prenzlauer Berg weiter. Foto: Imago/Rolf Zöllner

Der Prenzlauer Berg ist nun nicht gerade für seine linksradikale Subkultur bekannt, eine rote Insel aber hält sich stabil: die Baiz-Kneipe in der Wörtherstraße. Hier gab es lange Zeit Bier für unter zwei Euro (diese Spätipreise konnten sich natürlich nicht halten), außerdem gibt es einen Kicker, ein monatliches Kreuzworträtsel der besonderen Art, therapeutische und pädagogische Betreuung am Tresen und fast tägliche Kulturveranstaltungen. Früher war die Baiz in der Torstraße beheimatet. Ein Geschenk für den neuen Kiez, dass dieser wichtige Ort im Prenzlauer Berg weiterleben kann.

  • Baiz Schönhauser Allee 26A, Prenzlauer Berg, tgl. ab 16 Uhr, online

Einbrechen im Monbijou-Freibad

War auch nachts im Dunkeln aufregend, vor allem im Begleitung vom ersten Schwarm: das Freibad im Monbijoupark. Foto: Imago/Seelinger

Zugegeben, der Monbijoupark liegt in Mitte, aber wer im Prenzlauer Berg aufgewachsen ist, hat sich eben auch mal in die M1 gesetzt. Das kleine Freibad im Monbijoupark, gleich am Hackeschen Markt war lange Zeit vor allem für seinen niedrigen Zaun und seine scheinbar nicht-existente Alarmanlage bekannt. Und so gehört es fast zum Standart-Erlebnisreportoire eines Prenzlberger Teenagers, eines Nachts eine Mülltonne herangeschoben zu haben und in das Freibad eingebrochen zu sein. Wir sind uns sicher, dass es kaum jemanden gibt, der das nicht einmal gemacht hat.

  • Kinderbad Monbijou Oranienburger Str. 78, Mitte, tgl. 11-19 Uhr, Tel. 030/221 900 11, online

Die Traditionsläden der Kindheit werden durch neuen Firlefanz ersetzt

Ob diese Frau in den Club kommt? Oh Moment, sie steht an, um… Eis zu kaufen. Foto: Imago/Seelinger

Jahrelang genießt ihr das köstliche Vanilleeis aus der „Eiszeit“, da öffnet gegenüber diese schicke Eisdiele namens „Hokey Pokey“, deren Kugel fast doppelt so teuer ist. Und sofort bildet sich eine Schlange, beinahe länger als vorm Berghain. Wofür? Na, für Sorten wie Gurke-Basilikum, Cheesecake-Raspberry oder Matcha-Oatmilk. Da konnte man selbst als Kind schon nur den Kopf schütteln, vorausschauend hätte man damals schon ahnen können: Das Ende naht.


Aufwachsen im Prenzlauer Berg: Jugendliche unerwünscht

Das nahende Ende zeigte sich auch an anderer Front. Da freuen sich alle darüber, dass der Prenzlberg so ein kinderfreundlicher Bezirk ist und wundern sich dann, dass diese Kinder irgendwann auch groß werden. Als Jugendliche mehrfach nachts auf dem Kollwitzplatz abhingen, wurden kurzerhand die Bänke entfernt. Als sie vor dem Späti „Raumer 6“ abhingen, wurde der Späti geräumt. Überhaupt ist die Geschichte vom Aufwachsen im Prenzlauer Berg eine von der Verdrängung. Wir alle kennen mindestens drei Orte, die allein in den vergangenen Jahren aus dem Stadtbild verschwunden sind. Deshalb ist der Kiez auch leider fast nur noch in der Erinnerung schön.


Wegziehen müssen

Schlüsselübergabe? Schön wärs. In Berlin ist ein Lottogewinn längst wahrscheinlicher – vor allem im Prenzlauer Berg. Foto: Imago/phototek

Zugegeben, der Prenzlauer Berg ist mittlerweile so sehr Mitte, dass nicht mehr von „müssen“ die Rede sein kann, wenn es darum geht, wegzuziehen. Dennoch sei festgehalten: Die meisten ehemaligen Prenzlberger Kids zahlen heute irgendwo in den Randbezirken mehr Miete für ihr WG-Zimmer als ihre Eltern für ihre alten Mietverträge im Zentrum. Dort in der Nähe zu suchen, macht aber natürlich überhaupt keinen Sinn mehr. Nicht nur, weil die neuen Mieten längst unbezahlbar sind, sondern auch, weil man sich mit ungefähr 200 Personen bei einer Massenbesichtigung prügeln müsste, um überhaupt nur einen Blick auf den Makler erhaschen zu dürfen.


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