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Wohnungspolitik

Häuserkampf 2019 – der Mietenwahnsinn geht in Berlin weiter. Was kann die Politik tun?

Am 6. April haben tausende Berliner bei einer Demonstration gegen den Mietenwahnsinn protestiert. Die Riesen-Demo steht für einen beispiellosen Kampf für Berlins Mieterschaft. Der Druck von der Straße könnte den Immobilienmarkt Berlins nachhaltig verändern. Hier die wichtigsten Projekte:

Foto: Peter Homann / imago

Deutsche Wohnen & Co enteignen
Am Tag der Mieterdemo startete auch die Unterschriftensammlung für das Enteignungs-Volksbegehren. Die Initiative dahinter hat es sich zum Ziel gesetzt, allen privaten Vermietern, die in Berlin über 3.000 Wohnungen halten, ihr Portfolio abzunehmen. Mindestens zehn Unternehmen wären davon betroffen. Gegner des Volksbegehrens drohen mit Kosten von bis zu 36 Milliarden Euro, Verfechter rechnen mit 7,3 Milliarden Euro, das wäre deutlich weniger als der Marktwert der Wohnungen, also ein Schnäppchen für Berlin, das durch ein spezielles Enteignungsgesetz möglich werden soll. Im ersten Schritt müssen die Enteigner 20.000 Unterschriften binnen sechs Monaten sammeln, im zweiten 170.000 in vier Monaten. Dann dürften alle wahlberechtigten Berliner über den Vorschlag abstimmen.

Klage gegen Modernisierungsumlage
Von Modernisierungen, die in diesem Jahr angekündigt werden, müssen Mieter jährlich nur noch acht Prozent bezahlen, statt wie bisher elf Prozent. Einem Berliner Mieter ist auch das noch zuviel. Er klagt mit Unterstützung des Berliner Mietervereins und der Plattform wenigermiete.de ganz grundsätzlich gegen diese Umlage. Dass die Mieter über die Jahre mehr als 100 Prozent der Modernisierungskosten zahlen, stelle einen Eingriff in den verbindlich abgeschlossenen Mietvertrag dar. Der Fall liegt beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, folgt es dieser Auffassung, geht die Klage zum Bundesverfassungsgericht.

Mietendeckel
Eigentlich ist das Mietrecht Sache des Bundes. Einige Juristen sind allerdings der Meinung, dass Berlin auch im Alleingang einen Mietendeckel durchsetzen könnte, der entweder alle Mieten einfriert oder alle Mieten kürzt, die über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) will bis Juni Eckpunkte eines Gesetzentwurfes vorlegen. Sollte ein entsprechendes Gesetz kommen, muss es sich allerdings noch vor Gericht bewähren, es gibt sicher einige Hauseigentümer, die dagegen klagen würden.

Genossenschafts-Volksbegehren
Ein weiteres Volksbegehren, das gerade ­geplant wird, fordert vom Senat, Baugrundstücke nicht nur an landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, sondern zu gleichen Konditionen auch an Genossenschaften zu vergeben. Die Wohn-Genossenschaften sind dafür bekannt, ihren Mietern langfristig möglichst günstige Mieten zu sichern. Die landeseigenen Gesellschaften, meist als GmbH organisiert, neigen dagegen gelegentlich durchaus zum Mietenexzess – die landes­eigene Berlinovo vermietet beispielsweise auch möblierte Apartments, die nicht unter die Mietpreisbremse fallen. Ein Startzeitpunkt für das Volksbegehren ist noch nicht bekannt.

Bodensicherungsgesetz
Die Berliner Linke, der mietenpolitisch ­radikalste Partner der aktuellen Berliner Regierungskoalition, fordert, dass Berlin grundsätzliche keine Gebäude und Grundstücke mehr verkaufen dürfe. Gleichzeitig solle eine Boden-Ankaufsagentur gegründet werden, die den kommunalen Bestand vergrößert. So würden möglichst viele Gebäude und Grundstücke dem Immobilienmarkt entzogen. Es ist allerdings eher fraglich, ob das mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne zu machen ist.

Vorkaufsrecht
Mietendeckel und Enteignungen sind ­Zukunftsmusik, bisher ist das schärfste Schwert gegen die Aufwertung noch das kommunale Vorkaufsrecht. In Milieuschutzgebieten können die Bezirke bei dem Verkauf von Immobilien an private Akteure zugunsten einer öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft in den bereits ausgehandelten Kaufvertrag eintreten – sofern der eigentliche Käufer keine Abwendungsvereinbarung unterschreibt, die eine soziale Bewirtschaftung der Immobilie erzwingt. Die Zahl der Milieuschutzgebiete in Berlin steigt ständig, inzwischen liegt sie bei 56, und auch das Vorkaufsrecht wird immer öfter genutzt.

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