So war es bei Berlin ART präsentiert von Mastercard Priceless Cities

Auf der Art Contemporary Berlin (abc)

Nachbericht zur Auftaktveranstaltung der Berlin ART präsentiert von Priceless Berlin – eine Führung über die Art Berlin Contemporary (abc) am 15. September 2016.

Rauch quillt aus dem Müllcontainer, wie Atem pulsiert er aus allen Ritzen. Ist das Kunst oder sollte das nicht besser gelöscht werden?

Moderne Kunst ist nicht immer als solche zu erkennen. Die Arbeit von Fabian Knecht, hier präsentiert von der Berliner Galerie Alexander Levy, stimmt schon mal ein auf das, was zwischen dem 15. und dem 18. September auf der Verkaufsschau „Art Contemporary Berlin“ (kurz abc) zu erwarten ist.

Foto: F. Anthea Schaap

Was ist eigentlich eine Skulptur? Was macht eine Performance aus? Mit Sachkenntnis und Charme bringt Hans Krestel, Kenner zeitgenössischer Kunst und Guide der ZITTY ART präsentiert von Priceless Berlin, den zwölf Teilnehmern seine persönlichen Highlights der Schau näher. So führt er zu Erwin Wurms humorvoller Gurken- und Wurstschau „Wienerle“ und dem Curry-Bus. Eigentlich sollte der zu einem Imbisswagen umgebaute VW-Bus draußen die Besucher draußen im Hof mit dem Duft von Hot Dogs begrüßen, erklärt der Guide. So die Idee. Leider passte das übergewichtige Gefährt, das zu Demonstrationszwecken einmal in der Halle aufgebaut wurde später nicht mehr durch das Hallentor. Der Bus wird das Gebäude also erst verlassen, wenn die Schau zu Ende ist.

Zeitgenössische Kunst kann für Heiterkeit sorgen – und das ist natürlich wunderbar. Aber sie kann nicht nur das. Berührend sind etwa die mit winzigen, aufgestickten Personen verfremdeten Ansichtskarten der libanesischen Künstlerin Aya Haidar. Sind das wirklich Füchtlingsboote, die da über den See im Lake District schippern? Was macht eigentlich das Flüchtlingskind auf der Strandliege – zwischen all den Sonnenanbetern? Das Postkartenidyll ist nicht mehr idyllisch.

Aufsehen erregt auch der authentische Ein-Mann-Bunker aus dem zweiten Weltkrieg. Ein Readymade als Skulptur, wie einst Duchamps Pissoir – nur beklemmender. Später führt Hans Krestel zu einer weiteren Arbeit des Müllfeuer-Erfinders Fabian Knecht: die Thermometer. Der Künstler hat sich zwei Jahre lang damit beschäftigt, wie man ein Thermometer baut. Ziemlich unsinnig, angesichts der Tatsache, dass die Wärmewerte heute digital gemessen werden. Warum aber macht er das? Ein Blick auf die Arbeiten zeigt: Er lässt seine Thermometer um die bewussten zwei Grad Celsius „nachgehen“. Ein Schelm, wer da nicht an das klimapolitische Ziel denkt, die globale Mitteltemperatur nicht über zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Temperatur ansteigen zu lassen. Wird es wärmer, gelten die Schäden für unser Klimasystem als unumkehrbar.

Der Mülltcontainer soll übrigens noch bis Sonntagabend qualmen – sofern sie nicht von eifrigen Brandschützern gelöscht werden.

Text: Kirsten Niemann

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