Koreanisch 

Vollmundig kontemplativ: Das Choi in Prenzlauer Berg

Das koreanische Choi öffnet die konzentrierte asiatische Produktküche einer breiten, kulinarisch neugierigen Öffentlichkeit

Foto: Sasha Kharshenko

Mindestens für Berlin konnte man irgendwann diese kollektive kulinarische Verschiebung attestieren: Die italienische Küche sollte an die Stelle der deutschen treten. Wer schnell etwas kochen wollte, kochte Pasta. Und wer schnell mal etwas essen ging, landete in der Pizzeria im Kiez. In die Lücke, die sich auftat, jene der liebsten fremden Küche, köchelte fortan das Asiatische in allen seinen regionalen Färbungen. Wobei Korea in jüngerer Zeit dabei die Rolle der wilden und nonchalanten Kulinarik zugewiesen worden war. Bibimbap, Kimchi-Burger, Dumplings, solche Sachen.

Sooyeon Choi macht genau das nicht. Und doch liegt eine Qualität dieses Souterrains in der Fehrbelliner Straße auch in einer intuitiven Vollmundigkeit, die ihre Wurzeln in einer koreanischen Alltagsküche hat. Das im Hauptgang servierte Thüringer Duroc (mürbe, zart, aber mit aromatischem Fett) etwa, begleitet von marinierten Zwiebeln und einer (nicht nur) scharfen Soße: So ein Schwein muss seine Exzellenz nicht durch seine Exotik oder Exzentrik beweisen, es schmeckt einfach nur herzlich gut. Selbiges gilt auch für die Mungobohnen-Pfannkuchen oder die Dumplings. Der koreanische Street-Food-Klassiker kommt im Choi mit säuerlich-pikantem Kohl und feinen Röst­aromen auf die handgetöpferten Teller.

Womit wir bei einer weiteren augenfälligen Qualität dieses intimen Lokals mit seinen kaum 20 Plätzen wären: jener beinahe sakrale, ruhige Atmosphäre, die nicht von ungefähr an das japanische Shiori in der Max-Beer-Straße erinnert. Tatsächlich ist Sooyeon Choi die Schwägerin des dortigen Gastgebers Shiori Arai. Gemeinsam ist beiden Restaurants auch Interieurdesigner Vincent Kempf, dem es hier wie dort gelungen ist, den handwerklichen und kontemplativen Charakter der Küche gleichermaßen zu betonen. Wobei das Choi mit seinen fairen Menüpreisen von 32 (vegetarisch) und 36 Euro (Fisch oder Fleisch) geradezu prädestiniert ist, diese sehr besondere Atmosphäre der klar fokussierten asiatischen Produktküche für eine breitere, kulinarisch neugierige Öffentlichkeit zu öffnen. Besonders glücklich, wer dabei das mit Birne, Honig und Sesamöl marinierte Tatar als Zwischengang bekommt.

Ein paar Kleinigkeiten wären zu justieren. Die Gujeolpan etwa – maultaschenkleine Crêpes, die am Tisch mit rohen oder rohmarinierten Zutaten, Fisch, Fleisch, Gemüse gefüllt werden – müssen schon bei der Tischreservierung vorbestellt werden. Wer diese typischerweise auf Hochzeiten servierte Königsplatte aber am hölzernen Tresen erlebt, wird sie doch ganz unbedingt selbst kosten wollen. Die ebenfalls von Sooyeon Choi kuratierte Weinbegleitung, viermal Elsass, war an diesem Abend indes auf eine leise Art perfekt.

Choi Fehrbelliner Str. 4, Prenzlauer Berg, Di–Sa 18–22.30 Uhr, Do–So auch 12–14.30 Uhr, www.choiberlin.de

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