Der Saucenkavalier: Der Charme des neuen Hotelrestaurants im Ritz Carlton nährt sich aus einer nonchalanten Perfektion: Das Pots ist ein vollmundiges Spektakel
Mit den Hotelrestaurants war es in dieser Stadt ja zuletzt und überhaupt so eine Sache. Da gibt und vor allem gab es die besternten Pinzettenköche, die unter weitgehendem Ausschluss der (Berliner) Öffentlichkeit an der Stadt und ihren Aromen allumfänglich vorbeigekocht haben. Das Fischers Fritz, das First Floor, das Les Solistes: Nicht umsonst haben sich ja gleich drei Fünf-Sterne-Hotels in den vergangenen Jahren von ihren Fine-Dining-Restaurants getrennt. Zum Essen gingen sogar die Gäste der guten und ganz guten Häusern zuletzt lieber ins wirkliche Berlin.
Im Ritz Carlton hat man daraus gelernt. Und, zumal am noch immer seltsam von der Stadt entkoppelten Potsdamer Platz, eine buchtäblich wie sprichwörtlich niederschwellige Brasserie geschaffen, die Berlin schon mit ihrer Raumgestaltung einlädt, ganz unkompliziert vorbeizuschneien. Das Konzept geht auf, weil im preislich deutlich diesseits der typischen Sternegastronomie platzierten Pots (Vorspeisen 12, Hauptspeisen ab 19 Euro) nicht an personeller und architektonischer Ausstattung gespart wurde. Alles ist stimmig, von der Lichtstimmung über die angenehm locker drapierten Tische und die namensgebenden Kupfertöpfe bis zum Rosenthal-Porzellan, dass eben gerade nicht dem Zeitgeist des Nordisch-Handgemachten nachhängt und dennoch, oder gerade deshalb, eine entschlossene Zeitgenossenschaft in sich bürgt.
Vom herzlichen, angemessen direkten Service sei exemplarisch der noch immer junge Restaurantleiter Mathias Brandweiner (vormals Le Faubourg) herausgehoben, den wir als einen kommenden Sommelier des Jahres vermuten. Er interpretiert den deutlichen Fokus auf deutsche Weine zunehmend bio-dynamisch und spontanvergoren, aber immer elegant genug, um alle mitzunehmen.
Brandweiner also ist das Gesicht des Ladens. Über die auch hier zum tischweisen Teilen gedachten Teller (einzige Kritik: ein einzelnes Senfei zu teilen, geht nicht wirklich auf) aber weht der Geist eines Drei-Sterne-Kochs. Dieter Müller stand nicht nur beratend Pate, spätestens das berauschende Saucen-Handwerk hat er dem Pots höchstselbst implantiert. Rosa und doch röstaromatisches Müritzlamm oder der verkohlte Kohl, immer kommt in kleinen Karaffen etwas auf den Tisch, das die Aromentiefe potenziert und kulinarische Assoziationsketten entfaltet. Zudem wird so manch extravagate Note selig aufgefangen. Was das grandios gestartete Pots endgültig zu einem Ort für alle macht, denen gutes, handwerkliches und, ja, leckeres Essen am Herzen liegt.
Pots (im Ritz Carlton) Potsdamer Platz 3, Tiergarten, Tel. 33 77 77, Mo–Fr 12–14.30 Uhr, Di–Sa 18–22.30 Uhr, ritzcarlton.com