Das Irma La Douce, benannt nach einer Billy-Wilder-Komödie, interpretiert die französische Hochküche aromenvielfältig, trinklaunig und überraschend leicht
Sie wäre allabendlich auf ein Glas Champagner vorbeigekommen. Angelockt vom eigenen Namen. Irma la Douce im Irma La Douce, das passt. Die Lebefrau in der neu aufkeimenden Lebendigkeit der heute nur noch dezent verruchten „Potse“, Zuvor bespielte die Brasserie Lumières die hohen, nun mit imposantem, beleuchteten Weinkühlschrank und Piano noch charmanteren Gründerzeiträume. Die französische Küche ist geblieben. Doch die neuen Gastgeber um Eins44-Betreiber Jonathan Kartenberg tummeln sich nun in der „New French“-Cuisine.
Handwerklich legt Küchenchef Michael Schulz, zuletzt im Golvet, die Messlatte hoch. Das beweisen die Saucen seiner unprätentiösen, überraschend leichten und von einer enormen Aromenvielfalt geprägten Teller. Nur ein Beispiel: die Makrele mit Sellerie, Früchtetee und Bete. In der kaminroten Sauce, in der sich Selleriemousse und Bete-Sticks spiegeln – design-großartig die kleinen goldenen Tischlampen – gehen Apfel, Holunder und Hagebutte eine lebenslange Freundschaft ein. Ohne die feine, dezent geräucherte Makrele wäre dies auch ein in sich geschlossener vegetarischer Gang.
Man muss kein leichtes Mädchen namens Irma la Douce aus dem Musical oder eben der Billy-Wilder-Verfilmung sein, um beim Betreten Prickelwasser kredenzt zu bekommen. Mit einem Glas wird jeder Gast empfangen. Was auf Lebensfreude und einen stattlichen Champus-Bestand (50 Positionen) hindeutet. Überhaupt sollte man Restaurantleiter und Sommelier Sascha Hammer vertrauen, er hat 300 europäische Weine am Start.
Eine Räuchernote verströmt auch die Crème fraîche, die mit iranischem Kaviar und Melonenschinken die irische Felsenauster bekrönt – ohne deren Eigengeschmack zu stören. Die salopp angekündigte „Rindertatar-Stulle“ mit frittierten Kapern ist herrlich normal im gehobenen Produktsinn und die vorab gereichte Frankfurter Butter zum Sauerteigbrot einfach gut. Wer Schnecken mag, wird den Zwischengang, bei dem die prallen Weichtiere von knackigen Rosenkohlblättern ummantelt werden, lieben. Beim perfekt gegarten Reh als einem der Hauptgangakteure ist die Begegnung mit Ras el Hanout geschmacklich glänzend. Nur optisch hätte Irma la Douce bei diesem Teller wohl noch eine Schippe draufgelegt.
Irma La Douce Potsdamer Str. 102, Tiergarten, Tel. 0176 31 50 75 98, Di–Sa ab 18 Uhr, www.irmaladouce.de