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Kulinarisches Gespräch mit Dean Sprave, dem Küchenchef im Crackers

Weit weg von den Höhlenmenschen: Der Dortmunder Dean Sprave (27) ist seit diesem Frühjahr Küchenchef des Crackers an der Friedrichstraße – er plädiert für flache Hierarchien, in der Küche und auf dem Teller

Dean Sprave, Foto: Cookies

tip Herr Sprave, Sie haben einen Musik-Background, ihre Eltern arbeiten in der Branche, Sie selbst haben beim Musikmagazin „Vi­sions“ gejobbt, bis Sie Ihr Studium abgebrochen haben und Koch geworden sind. Ist Essen also tatsächlich das neue Pop?
Dean Sprave Meine Eltern waren die Ausreißer, eigentlich habe ich einem klassischen Handwerkerbackground: Opa Elektriker, der andere Opa Malermeister, sogar mit einem Bauernhof hinten dran. Wir hatten einen großen Garten und ich wollte kochen, seit ich zwölf war. Aber auf dem Gymnasium sagt einem ja keiner, dass eine Ausbildung auch eine Option ist. Dann habe ich aus Faulheit erstmal studiert, bis meine Mutter irgendwann sagte: „Junge, nerv mich nicht, versuche es halt mal mit einer Lehrstelle.“

tip Dann ging’s vom Hörsaal in die Küche.
Dean Sprave Meine Kollegen, gerade die anderen Auszubildenden, haben am Anfang schon versucht, dem doofen Studenten zu zeigen, dass das nichts für ihn ist. Grundsätzlich habe ich aber schon gemerkt, dass es von Vorteil ist, eine Ausbildung erst in einem Alter anzufangen, in dem man wirklich weiß, was man will.

tip Was war das für ein Betrieb, in dem Sie gelernt haben?
Dean Sprave Das war das Schlachtschiff Dortmunds, 3o0 Jahre alt, 700 Gäste am Tag, Caterings für Borus­sia Dortmund. Ein absolut professionelles Haus, dem die Ausbildung zum Glück auch am Herzen lag. Zudem war es auch ein Jagdbetrieb, weshalb etwa Themen wie Nose-to-Tail, also das Verarbeiten ganzer Tiere, an der Tagesordnung waren. Handwerklich habe ich da wahnsinnig viel mitbekommen.

tip Dennoch musste es irgendwann Berlin sein.
Dean Sprave Ich wollte aus dem Ruhrgiebt weg, aber dennoch in bisschen Familie um mich haben. Und da mein Vater seit zehn Jahren in Berlin lebt, war das quasi meine zweite Heimat. Eigentlich sollte das mit mir und dem Crackers ja auch nur ein Praktikum werden, ich hatte vor, zwei, drei Monate zu bleiben.

tip Was hatte die Berliner Küche bei Ihnen im Ruhrgebiet für einen Ruf?
Dean Sprave Ich komme aus einem eher klassischen, vielleicht auch konservativen Ausbildungsbetrieb und dort war immer klar: In Berlin sind halt die Hipster. Ich war damals aber schon in so vielen guten Restaurants in Berlin essen, dass ich längst gemerkt hatte: Hier passiert was, ich weiß halt nur noch nicht, was.

tip An welche Restaurants erinnern Sie sich?
Dean Sprave An einen Abend im Bandol sur Mer in der Torstraße etwa, noch bevor sie ihren Stern bekommen haben. Dort wurde eine klassische französische Haute Cuisine frisch und modern interpretiert, und das in einer unglaublich lässigen Atmosphäre.

Crackers, Foto: Daniel Reiter

tip Atmosphäre scheint Ihnen auch als Küchenchef im Crackers wichtig.
Dean Sprave Im Crackers geht es, auch schon vor meiner Zeit, um mehr als nur um das Essen. Es geht um einen guten Abend mit allem, was dazu gehört oder eben auch mal weggelassen wird. Dieses Unaufgeregte und nicht Verkopfte würde ich definitiv als eine Qualität des Ladens bezeichnen. Ich habe auch nicht umsonst die Grillsektion auf der Karte eingeführt, weil ich den Leuten das Erlebnis geben möchte, nach dem es ihnen gerade ist. Wenn sie auf 14-Punkte-Niveau essen wollen, fein. Wenn ihnen nach Steak Frites ist, auch klasse.

tip Ist es dabei eher ein Kapital oder Bürde, ein so junger Küchenchef zu sein?
Dean Sprave Unser Team hat aktuell einen Altersdurchschnitt von 24,8 Jahre und wir halten die Hierarchien ohnehin flach. Ich koche beispielsweise regelmäßig im Team mit und stehe nicht nur am Pass und kontrolliere die Teller, was in einem Laden dieser Größe noch immer eher typisch wäre. Ich habe es aber auch schon erlebt, dass gerade sehr junge Köche ziemlich um ihre Position bedacht sind und damit diese Küchenbullen-Atmosphäre der 70er- oder 80er-Jahre unhinterfragt reproduzieren.

tip Jetzt ist auf einmal vor allem von Köchen die Rede.
Dean Sprave Als ich hier angefangen habe, waren wir ein sehr feminines Team mit einer coolen, volltätowierten Sous-Chefin, einer weiteren Köchin und zwei weiblichen Auszubildenden. Das war toll weit weg von diesem Küchenhöhlenmenschen-Uga-Uga-Umgang. Jetzt hab ich einfach sehr nette Jungs, die alle gar nicht so klotzkopfig sind, wie man es von einer Hoder junger Männer erwarten würde, die in der relativen Enge einer Restaurantküche aufeinanderhocken. 

tip Die Arbeitsatmosphäre und auch der Umgang in einer Küche ist also schon besonders?
Dean Sprave Zumindest wird das jeder so empfinden,  der es mit einem anderen Job vergleicht. Kochen ist halt, komisches Wort, auch ein Lifestyle-Job. Ich bin jetzt hier in einem coolen Restaurant und mache jeden Abend Menschen glücklich. Wer das so nicht verstehen kann, ist vermutlich falsch in diesem Beruf.

Crackers Das Crackers war mal das Cookies und damit einer der prägendsten Clubs jener Epoche, in der Clubs für Berlin prägend waren. Heinz „Cookie“ Gindullis ist weiterhin der Gastgeber – und sein Club seit vier Jahren ein Clubrestaurant. Wir waren verliebt in die Kopfsalatsuppe und den Erbsengang und finden die sättigenden Portionsgrößen erwähnenswert.

Crackers Friedrichstr. 158, Mitte, So-Do 18.30–1 Uhr, Fr&Sa 18.30-2 Uhr, www.crackersberlin.com

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