Aktivismus

CSD 2020 in Berlin am Samstag im Stream: So wird das Konzept digitalisiert

Es ist kein einfaches Jahr für die LGBTQIA+-Community. Nicht nur, dass wegen der Pandemie auch ihre Treffpunkte und Begegnungsstellen geschlossen sind. Auch die CSD-Parade, die jedes Jahr Hunderttausende zu einer riesigen Party lockt, entfällt in ihrer üblichen Form – der CSD 2020 findet in Berlin digital statt. Gründe für den Protest gibt es trotz allem viele. Auch in der vermeintlich weltoffenen Hauptstadt finden – wie im Rest des Landes – immer wieder Angriffe gegen Menschen statt, die nicht der Norm entsprechen. Ganz zu schweigen von Entwicklungen in anderen Ländern, etwa der Einrichtung von „LGBTQIA+-freien Zonen“ in Polen.

CSD 2020 in Berlin: hauptsächlich online, dafür mit vielen wichtigen Botschaften. Foto: Imago/König

Auch nach der Lockerung des Demonstrationsrechts hat sich der Verein CSD Berlin entschieden, 2020 die Veranstaltung hauptsächlich ins Digitale zu verlegen. Motto: „Don’t Hide Your Pride“. Zehn Stunden Programm – mit Auftritten beliebter Künstler*innen, aber auch von Gruppen und Politiker*innen, die sich für Rechte und bessere Umstände einsetzen. Gestreamt werden soll auf allen relevanten Portalen von Facebook über YouTube und Twitter bis zu Twitch.

Bei der Pressekonferenz am Dienstag gab der Vorstand aber auch bekannt, dass es auch mehrere Orte in Berlin geben wird, von denen aus gestreamt wird, etwa im Schöneberger Schwulenkiez und „dem Herzen des politischen Berlins“ – genaue Angaben macht der Verein nicht, wohl auch, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Vom Park Inn am Alexanderplatz werden „Alle Farben“ ein DJ Set spielen.

CSD 2020 in Berlin: Verschiedene Angebote für die Zuschauenden online

Das Konzept sei weitestgehend in Netz übertragen worden. Es gibt ebenso DJ-Sets wie in den vergangenen Jahren, aber auch Tanz-Performances und die Vorstellung von Initiativen. Und eine Preisverleihung – so werde zum Beispiel die international gefeierte DJane Honey Dijon von Peaches ausgezeichnet für ihr Engagement zum Beispiel für #BlackLivesMatter.

Ziel der Macher*innen war vor allem, verschiedene Generationen zu vereinen, so würden Influencer*innen der Sozialen Medien ebenso eine Rolle spielen, wie jahrzehntelange Gesichter der Szene. Rummelsnuff wird sich beteiligen, Rufus Wainwright hat eine Videobotschaft gesendet. Moderieren werden unter anderem Ralf Morgenstern, aber auch Olympia Bukkakis.

Zuletzt hatte es diverse Kontroversen um den CSD gegeben. So war eine Art alternativer CSD organisiert worden – die Pride Ende Juni. Anmelder Nasser El-Ahmad hatte die bisherige Parade als längst viel zu kommerziell kritisiert, zudem nicht divers genug. Nach dem Event mit rund 5.000 Teilnehmer*innen kündigte er direkt eine Wiederholung 2021 – und betitelte es als die offizielle Parade der Stadt.

CSD äußert sich zu neuem Pride-Event: „Schöne Ergänzung“

In der PK erklärt Dana Wetzel, Teil des Vorstandes des Berliner CSD-Vereines: „Weder CSD noch Pride sind als Begriffe geschützt, Aktivst*innen dürfen ihre Veranstaltungen gern so nennen.“ Um eine Konkurrenz handele es sich nicht, sondern eher um eine „schöne Ergänzung“. Je mehr Veranstaltungen, umso mehr Sichtbarkeit. Zumal der große CSD auch politisch sei.

Mehrere Tausend Menschen waren Ende Juni beim Pride-Event vom Nollendorfplatz zum Alex gezogen. Foto: Imago Images/Müller Stauffenberg

Bei der Digital-Ausgabe würden die Gruppierungen und Poltiker*innen auch als erstes zur Wort kommen. Zudem wurden fünf „Headlines“ entwickelt – die als politische Forderungen verstanden werden sollen.

  1. Regenbogenfamilien endlich anerkennen und gleichstellen!
  2. Solidarität mit unseren Freund_innen in Polen und Ungarn
  3. Abschaffung des Transsexuellengesetzes (TSG)
  4. #BlackLivesMatter! Wir unterstützen den Konsens von BLMB.
  5. Wir unterstützen die Forderungen von Fridays for Future Deutschland.

Diskussion um Rassismus bei der PK

Gleichzeitig ging es auch bei der PK um Politisches. Die Berliner Drag Queen Nina Queer hatte 2019 bei Facebook kommentiert und damit für viel Ärger gesorgt. Zu einer Meldung über ein homosexuelles Paar, das offenbar von Jugendlichen mit Migrationshintergrund angegriffen worden war, schrieb sie: „Sofort abschieben. Ob in Deutschland geboren oder nicht. Wer Stress haben will, für den lässt sich doch bestimmt ein tolles Kriegsgebiet finden.“

Das sorgte für viel Kritik – zumal Queer schon zuvor Rassismus unterstellt worden war. Nun tritt sie dieses Jahr bei einer CSD-Veranstaltung im Strandbad Grünau auf, zu der auch der Online-CSD in seinem Stream schalten will. Allerdings sei es ein Missverständnis, dass Queer auch moderiere und eine entsprechende Bühne in dem Stream bekomme. Viel mehr ginge es um den schwulen Ruderverein Queerschlag, der an der Party teilnehme.

  • Beginn des digitalen CSD ist am Samstag, 25. Juli, um 14 Uhr. Alle Infos finden sich bei Facebook und auf der Website des Vereins.

Mehr zum Thema Pride und CSD

Dass queere Lebenswelten sichtbar werden, ist immer noch wichtig. Denn die Welt ist bei weitem nicht dort in Sachen Akzeptanz, wo sie viele sehen. Wie schnell die Szene auf die Pandemie reagierte und Dinge ins Netz verlegte, ist einerseits eine gute Sachen. Trotzdem sei die Situation ausdrücklich existenzgefährdend, erklärt Drag-Star Bambi Mercury im Interview. Wie schon die Pride wird es beim CSD in politischer Hinsicht auch um die prekäre Situation. in Polen gehen.

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