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Kein Kommerz im Club: Das About Blank setzt auf neues Konzept

Die Eintrittspreise moderat, das Line-up eine Überraschung: Das About Blank geht mit neuem Party-Konzept an den Start. Der „Blank Friday“ soll ein Gegengewicht schaffen zur immer weiter fortschreitenden Kommerzialisierung der Berliner Clubkultur.

Die Tanzfläche im Club About Blank am Ostkreuz. Die Betreiber:innen wehren sich gegen das „Höher, schneller, weiter“ der Berliner Szene. Foto: ://aboutblank/Bastian Bochinski.

Feiern in Berlin ist teuer geworden. Für eine Nacht im Berghain, im Tresor oder im Watergate an der Clubtür 20 Euro aufwärts zu zahlen, ist längst Normalität geworden. Ein Gespenst geht um auf den Tanzflächen der Stadt, doch es ist ganz sicher nicht das alte Gespenst des Kommunismus, im Gegenteil: Wer dieser Tage ausgehen möchte, um schlechte Nachrichten für ein paar Stunden zu vergessen, sich im Rausch zu verlieren, Abenteuer zu erleben, Sex zu haben, sich zu verlieben oder zu finden, wonach auch immer sonst Menschen im Dickicht des Berliner Nachtlebens suchen, muss sich das erst einmal leisten können. Auch im Nachtleben geht es ums Geld.

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Wer kann sich das Feiern in Berliner Clubs noch leisten?

Was ist der Grund dafür, dass die Eintrittspreise in die Höhe steigen? Auf die prekäre Situation der Clubs während der Pandemie folgten Krieg und Inflation, natürlich spielen hohe Energie- und Nebenkosten eine Rolle.

Bereits vor der Pandemie war zu beobachten, dass sich das Geschäft hinter den DJ-Pulten der Stadt verändert. Techno hat sich zunehmend kommerzialisiert. Höher, schneller, weiter: DJs werden heute auf Social Media in kürzester Zeit zu Superstars, treten auf der ganzen Welt vor Hunderttausenden auf und können dafür astronomische Gagen verlangen. Gagen, die sich kleinere Clubs kaum leisten können – und das auch nicht wollen. 

DJs sind heute Superstars – und verlangen Super-Gagen

„Am liebsten würde ich überhaupt keine Line-ups mehr ankündigen“, scherzt Timo Hoppart. Hoppart ist einer der Booker:innen des About Blank. Der Club am Ostkreuz ist nicht nur für sein fein selektiertes Programm aus Techno, House und Disco bekannt, sondern auch für seine dezidiert linkspolitische Ausrichtung. Um der Kommerzialisierung der Clubkultur etwas entgegenzusetzen, hat das About Blank nun eine neue Partyreihe gestartet. Das Konzept beim „Blank Friday“: Der Eintritt ist günstiger, es wird kein Line-up angekündigt. Stattdessen setzen die Betreiber:innen darauf, dass das Publikum der Treffsicherheit des Bookings vertraut und vom Überraschungsfaktor angezogen wird – oder vielleicht auch von der politischen Positionierung?

Für Hoppart entspricht das Konzept einer Grundüberzeugung: „Als Laden, der von Beginn an kapitalismuskritisch war und versucht hat, einen Gegenentwurf zu kommerziellem Entertainment zu liefern, ist das für uns in diesen Zeiten der richtige Weg.“ Für das About Blank hatte Techno schon immer eine politische Komponente: „Uns ist es wichtig, gesellschaftliche Diskurse in unserem Programm mitzudenken und Menschen eine Plattform zu bieten.“ Mindestens einmal im Monat finden im About Blank Soli-Partys für verschiedene Anliegen statt, regelmäßig richten sich Veranstaltungen hier an eine queere und diverse Community. Und nun also der „Blank Friday“: zwölf Euro kostet der Eintritt in der ersten Stunde vor Mitternacht, danach sind es 16.

About Blank: Social Media wird in der Techno-Szene immer relevanter

Ist es in einer Techno-Welt, die den Fokus auf große Namen und 20 Sekunden TikTok-Ruhm legt, für Künstler:innen überhaupt noch verlockend, in Berlin zu spielen, wenn ihr Name vorher nicht auf dem Line-up steht? Schließlich ist die Vermarktung auf Social Media für viele Newcomer:innen essentiell, und so soll es Acts geben, für die ein Set in Berlin inzwischen ohnehin schon einen geringeren Reiz ausmacht: Die Gagen hier sind nicht so hoch wie anderswo, noch dazu herrscht in den meisten Clubs Kameraverbot.

Trotzdem: Kein Line-up anzukündigen, biete dafür andere Chancen, glaubt Timo Hoppart. Selbst etablierte Residents könnten so mal wieder etwas Neues ausprobieren: „Viele finden es spannend, zu testen: Wie geht die Crowd auf meine Musik ab, wenn sie nicht weiß, dass ich es bin? Das eröffnet künstlerisch neue Potenziale. Man kann vielleicht mal etwas ganz anderes spielen, weil die Leute ohne konkrete Erwartungen da sind.“

„Blank Friday“ im About Blank: Kapitalismuskritisches Miteinander

Hoppart ist zuversichtlich, dass der „Blank Friday“ funktionieren wird – zumindest solange es das About Blank noch gibt, das wie viele Clubs am Ostkreuz durch den A100-Ausbau weiterhin in seiner Existenz bedroht ist. Das Kollektiv des Mensch Meier, das ebenfalls für ein kapitalismuskritisches und inklusives Miteinander im Clubkontext bekannt ist, hat bereits vor ein paar Monaten angekündigt, zum Ende des Jahres aufzuhören. Auch hier ein Grund: Gestiegene Gagen sowie Energie- und Nebenkosten machten es unmöglich, die Preisgestaltung auf einem solidarischen Niveau zu halten. Ob es noch andere in der Clublandschaft gibt, die sich der Techno-Eventisierung entgegenstellen werden? Timo Hoppart wünscht sich mehr Gegenentwürfe: „Wir würden jeden Laden unterstützen, der eine ähnliche Agenda hat.“

Wie politisch ist die Berliner Clubkultur heute also noch? Im About Blank arbeiten Menschen mit unterschiedlichsten Backgrounds, aber was sie eint, ist die Überzeugung, dass es schon immer Aufgabe von Kunst und Kultur war, gesellschaftliche Zustände zu kritisieren. Folglich bezog das Kollektiv wenige Tage nach den Hamas-Angriffen Stellung, erklärte sich solidarisch mit Betroffenen in Israel und Gaza und unterstrich „die Verflechtung von Judenhass und Rassismus in einem immer weiter nach rechts rückenden Deutschland“. Über einige Kommentare unter dem Instagram-Post kann Hoppart nur den Kopf schütteln: „Wenn Leute sagen, sie entfolgen uns jetzt, weil im Club nichts Politisches stattfinden sollte, dann frage ich mich: Was ist denn das für ein grundlegend falsches Verständnis von Clubkultur?“

Für ihn und das Kollektiv hinter dem About Blank bleibt unausweichlich, sich mit den politischen Dimensionen von Clubkultur auseinanderzusetzen – und dabei auch den sozialen Aspekt des Feierns wieder in den Mittelpunkt zu rücken: „Du willst doch etwas für dich mitnehmen. Und ich finde, man sollte nicht nur mitnehmen, dass der DJ ganz gut war und die Ecstasy geknallt hat. Das ist mir einfach zu flach.“ 

  • About Blank Markgrafendamm 24c, Friedrichshain, nächster „Blank Friday“: Freitag, 5.1.2024, ab 23 Uhr, bis 24 Uhr 12 €, danach 16 €, online

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