Auch ohne eine Pandemie geht es der menschlichen Psyche manchmal einfach nicht gut. In solchen Momenten ist es wichtig zu wissen, wo man hinkann. Vielen Menschen hat die weltweite Coronakrise zugesetzt. In einer vibrierenden Großstadt wie Berlin musste der Alltag neu strukturiert werden. Im schlimmsten Fall hängt an dieser Umgewöhnung an die neue Situation ein Rattenschwanz, der sich in Form von psychischen Problemen, Sucht, Einsamkeit oder häuslicher Gewalt äußert. Doch es gibt in Berlin viele Anlaufstellen bei Krisen.
Für Berliner*innen stehen zahlreiche Stellen bereit – sowohl für Betroffene als auch für Angehörige. Hier haben wir einige gesammelt, die in Ausnahmesituationen aufgesucht oder angerufen werden können. Denn unabhängig von der Art der Krise ist es wichtig, sowohl Unterstützung zu finden als auch über seine Probleme zu sprechen und nicht zu lange mit der Krise allein zu sein. Hier haben wir für euch Hilfsangebote unterschiedlicher Träger gesammelt.
Allgemeine Unterstützung bei Krisen – vor Ort und am Telefon
Was ist eigentlich eine Krise? Der Berliner Krisendienst bietet Hilfe bei jeglichen Ausnahmesitationen, in die Menschen geraten können. Mit neun Standorten in Berlin und einer 24 Stunden erreichbaren Telefonnummer eröffnet er die Möglichkeit, sich schnell und auf Wunsch anonym eine Beratung einzuholen. Außerdem kennen sich die Mitarbeiter*innen des mittlerweile über 20 Jahre bestehenden Krisendiensts aus und können kompetent auf weitere, auf die eigene Situation passende, Hilfsangebote verweisen.
Jemand hört zu. Allein das kann einen ersten Anker bieten, wenn gerade etwas im Leben schiefläuft. Bei Erkrankungen, Einsamkeit, Suizidgedanken, Trauer oder Zukunftsängsten kann ein Griff zum Hörer und ein Anruf bei der Telefonseelsorge Berlin e.V. ein erster Schritt aus der belastenden Situtation sein. Übrigens: 1956 gegründet, ist der Berliner Verein die älteste Telefonseelorge Deutschlands. Auch hier erfolgt das Telefonat anonym, was dem freien Sprechen über die eigenen Probleme zugute kommen kann.
- Telefonseelsorge Berlin e.V., rund um die Uhr unter Tel. 0800 111 0 111 erreichbar
- Berliner Krisendienst, neun Standorte in Berlin sowie rund um die Uhr erreichbare Telefonnummern
Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche in Krisen
Auch in jungen Jahren kommt es vor, dass man sich plötzlich in einer Situation wiederfindet, die einen übersteigt. Oft reicht auch hier ein Gespräch oder eine Beratung, manchmal ist aber auch weitere Unterstützung oder die Vermittlung an eine Wohngruppe erforderlich. Für Kinder unter 14 Jahren und deren Eltern hilft der Kindernotdienst, interveniert in Krisensituationen und ist telefonisch rund um die Uhr erreichbar.
Beim Jugendnotdienst können Jugendliche in schwierigen Situationen rund um die Uhr anrufen, sich beraten lassen und bei Bedarf eine kurzfristige Unterbringung organisieren. Im Fokus steht hier, ob das Zuhause ein sicherer Ort ist, oder eine Inobhutnahme bei einem Träger erfolgen sollte.
Für psychische Krisen sowie bei Suizidgedanken junger Menschen bis 25 Jahre hilft Neuhland e.V. Beratungen finden hier sowohl vor Ort, als auch telefonisch, per Mail oder per Chat statt. Auf Wunsch berät Neuhland e.V. anonym und kann ein erster Schritt in eine Therapie sein.
- Kindernotdienst, Gitschiner Straße 49, 10969 Berlin, rund um die Uhr unter Tel. 030 61 00 61 erreichbar
- Jugendnotdienst und Mädchennotdienst Mindener Str. 14, 10589 Berlin, erreichbar unter 030 61 00 62 (Jugendnotdienst) und Tel. 030 61 00 63 (Mädchennotdienst)
- Neuhland e.V., drei Standorte in Wilmersdorf, Friedrichshain und Buch, telefonische Beratung und Terminfindung montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr unter Tel. 030 8730 111
Hilfsangebote für Frauen
Gewalterfahrungen können Schockstarren auslösen. Oft wissen von Gewalt betroffene Frauen nicht, wie und wo sie welche Hilfe bekommen, die die Abwärtsspirale durchbricht. Bei häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder bietet die BIG Hotline Beratung an und vermittelt bei Bedarf den Kontakt zu rechtlichen und psychosozialen Stellen sowie Frauenhäusern. Bei der BIG Hotline finden übrigens nicht nur Betroffene Rat und Auswege, sondern auch Angehörige und Mitarbeiter*innen von Einrichtungen, die mit Frauen mit Gewalterfahrung arbeiten.
Die LARA Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen* bietet ein breites Beratungsangebot für Frauen*, die Opfer einer Vergewaltigung, eines sexuellen Übergriffs oder sexueller Belästigung geworden sind. Auch bei der individuellen Frage, ob man die Tat anzeigen möchte, steht LARA mit kostenfreier Rechtsberatung zur Seite. Außerdem werden Frauen* hier in den Sprachen beraten, die sie sprechen, und der individuelle soziokulturelle Hintergrund wird berücksichtigt.
Besonders bei diesem Thema „Missbrauch in der Kindeheit“ fällt es Betroffenen schwer, über die oftmals jahrelang verdrängten Erlebnisse zu sprechen. Der Verein Wildwasser hat sicheren Raum geschaffen, in dem betroffene Frauen* und Trans* sich Hilfe holen können – vor Ort und am Telefon.
- BIG-Hotline, täglich erreichbar von 8 bis 23 Uhr unter Tel. 030 611 03 00
- LARA – Krisen- und Beratungszentrum für vergewaltigte und sexuell belästigte Frauen, Fuggerstraße 19, 10777 Berlin, montags bis freitags unter Tel.030 216 88 88
- Selbsthilfe und Beratung Wildwasser e.V., Friesenstr. 6, 10965 Berlin, Tel. 030 6939192
Oft vergessen: Unterstützung Angehöriger
Bei Krisen leidet das familiäre und freundschaftliche Umfeld mit. Was vielen nicht bewusst ist: Auch für Angehörige gibt es Hilfsangebote. Der Angehörige psychisch Kranker e.V. Landesverband Berlin bietet telefonische Angehörigenberatungen zu unterschiedlichen Themen und hilft bei der Vermittlung von Selbsthilfegruppen.
Allgemein gilt: Die meisten zuvor aufgezählten Stellen können auch Angehörigen helfen – oder an die richtige Stelle weiterverweisen. Auch wenn man die Sorge hat, dass das eigene Problem zu klein oder an einer bestimmten Stelle nicht passend sei, sollte man sich davon nicht abschrecken lassen. Denn am anderen Hörer oder hinter der Türe sind Menschen, die helfen wollen und nicht verurteilen werden.
- Angehörige psychisch Kranker e.V. Landesverband Berlin, Mannheimer Straße 32, 10713 Berlin, Vereinbarung von Beratungsterminen unter Tel. 030 86 39 57 01
Hilfe bei Drogenmissbrauch und Alkoholproblemen
Sucht ist eine Krankheit – und sollte auch als eine solche wahrgenommen werden. Niemand sucht sich aus, von Drogen oder Alkohol abhängig zu werden. Wer einmal süchtig ist, kommt meist nicht wieder selbst aus der Sucht heraus. Doch es gibt deutschlandweit und vor allem in Berlin viele Anlaufstellen, die Beratungen anbieten und Wege aus der Sucht aufzeigen.
- speziell für Frauen: FrauSuchtZukunft – Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen e.V., Dircksenstraße 47, 10178 Berlin, Tel. 030 282 41 38
- Notdienst für Suchtmittelgefährdete und Abhängige e.V., Genthiner Straße 48, 10785 Berlin, Tel. 030 233 240 100
- Beratung und Therapie von Menschen mit Suchtproblemen.: vista – Verbund für integrative soziale und therapeutische Arbeit gGmbH
Geschäftsstelle und zentrale Verwaltung, Donaustraße 83, 12043 Berlin, Tel. 030 400 370 1000
Weitere Anlaufstellen bei Krisen
Das hier sind nur einige wichtige Hilfsangebote, die Betroffenen und Angehörigen von Krisen erste Anlaufstellen bieten können. Besonders im Bereich der Alkohol- und Drogenberatung gibt es viele weitere Vereine und Institutionen, die helfen. Wer nach einer passenden Selbsthilfegruppe sucht, kann sich auf der Seite der Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle (SEKIS) umschauen. Außerdem hat die Schwulenberatung Berlin hier Selbsthilfeangebote für von Krisen betroffene LSTBI* Menschen zusammengestellt.
Sowohl Krisen als auch deren Lösungen sind vielseitig. Auch Künstler*innen versuchen auf unterschiedlichen Wegen, aktuelle Probleme wie Sexismus anzugehen. Auch wenn Corona irgendwann verschwindet, wird das Thema häusliche Gewalt die Welt wahrscheinlich und leider noch lange beschäftigen. Zu diesem Thema sprachen wir im Interview mit der Koordinatorin der BIG Hotline. In einer Reportage beschäftigten wir uns außerdem damit, wie das Jugendamt manchmal eingreifen muss, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.