Rekonstruktion

Garnisonkirche Potsdam: Günther Jauch spendierte die Aussichtsplattform

Der Turm der Garnisonkirche in Potsdam ist fast fertig. Im Frühjahr 2024 soll das Gotteshaus eröffnen: mit Kapelle, einer Ausstellung, Bildungsangeboten und grandiosem Blick über Potsdam. Wir sind schon einmal für euch auf den Turm gestiegen und haben uns einen Überblick über das künftige Programm verschafft.

Von weithin sichtbar: Der Turm der Garnisonkirche in Potsdam überragt die allermeisten Gebäude der Stadt. Foto: Max Stolz

Garnisonkirche Potsdam: Der Bau steht vor der Vollendung

Potsdam hat eine neue Landmarke. Wobei neu relativ ist. Genauer müsste man sagen: Potsdam bekommt seine alte Sehenswürdigkeit zurück, als Neubau. Der ist außen dem historischen Original nachempfunden und innen völlig neu konzipiert. Der Bau der Garnisonkirche steht kurz vor der Vollendung. Zumindest der Turm. Denn das Kirchenschiff kann im Moment nicht gebaut werden. Aus finanziellen Gründen, vor allem aber, weil das alte DDR-Rechenzentrum noch da ist, das bis auf das Kirchengelände reicht. Aber der Turm allein ist schon respektabel. Zumal es rund um ihn, auf ihm und in ihm viel zu entdecken geben wird.

Aus Berlin kennt man die Debatten um rekonstruierte Bauwerke nur zu gut. Die Rekonstruktion der Garnisonkirche hat im Vorfeld für zahlreiche Diskussionen gesorgt, die in Potsdam nicht neu sind: Wie historisierend soll und darf die Architektursprache der brandenburgischen Landeshauptstadt werden? Und soll und muss das DDR-Erbe dafür (komplett) weichen? Über allem steht die Frage, wie beides zusammengedacht werden kann. An eben dieser Frage scheiden sich die Geister. Im Fall der Garnisonkirche wurde als Gegenargument zudem deren Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten vorgebracht („Tag von Potsdam“, 1933).

Spender können auf den Schlusssteinen ihre Namen verewigen. Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spendete für den Wiederaufbau. Foto: Max Stolz

Prominente wie Angela Merkel haben für die Garnisonkirche in Potsdam Geld gespendet

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Anzumerken ist, dass es eben nur dieser eine dunkle Fleck in der Geschichte dieses Gotteshauses ist, die bis zum 18. Jahrhundert zurückreicht. Bei aller Kritik ist festzuhalten: die Stiftung Garnisonkirche Potsdam hat viele Befürworter. Sichtbar wird das beim Aufstieg auf den Turm, der nicht etwa aus Beton gegossen, sondern „Stein auf Stein“ gebaut wurde. Die Stiftung ist auf Spendenmittel angewiesen. Spender können beispielsweise einzelne Ziegel oder Treppenstufen erwerben und diese mit ihrem Namen verzieren lassen. Tausende haben das bereits getan, darunter Prominente wie Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im oberen Bereich des Turmschafts sind noch Lücken vorhanden, weitere 11.000 Schlusssteine ließen sich dort einsetzen, Spender sind willkommen.

Fernsichten, die begeistern: Der Blick von der Aussichtsplattform auf die historische Mitte von Potsdam. Foto: Max Stolz

Fulminanter Blick über die Potsdamer Havellandschaft

Auch bei der Aussichtsplattform auf fast 60 Metern Höhe handelt es sich um eine Spende: Günther Jauch, Potsdamer, Kultmoderator des RTL-Ouiz „Wer wird Millionär?“ und Kunstmäzen, hat die wohl schönste Besucherterrasse der Stadt gestiftet. Von ihr werden Gäste ab dem Frühjahr 2024 einen fulminanten Blick auf Potsdam haben, über die historische Mitte (in der Schlussphase ihrer Rekonstruktion), die Havellandschaft, das preußische Erbe von Sanssouci bis hin nach Babelsberg. Und bei gutem Wetter, da reicht der Blick sogar bis nach Berlin. Bei der Terrasse ist auch vorerst Schluss mit dem Wiederaufbau. Glockenspiel und Turmspitze sollen folgen, gekrönt von einer Wetterfahne, die bereits originalgetreu rekonstruiert wurde.

Doch die Garnisonkirche wird weit mehr bieten können als schöne Aussichten. Im Erdgeschoss wird eine Kapelle eingerichtet; das evangelische Gotteshaus gehört zum Netzwerk der Nagelkreuzgemeinden, die sich für Frieden und Versöhnung einsetzen. Neben Andachten werden dort auch Konzerte, Lesungen und Diskussionen stattfinden. Im Obergeschoss werden Räume zur Vermietung angeboten, für private Feiern oder Seminare. Dort findet man auf 250 Quadratmetern auch die Dauerausstellung „Glaube, Macht und Militär“ zur bewegten Geschichte des Hauses.

Im Zeichen von Frieden und Versöhnung werden auch die Angebote der Garnisonkirche als Lern- und Erinnerungsort stehen. Schulklassen und Jugendgruppen sind bereits heute eingeladen, ihre Version einer pluralistischen und solidarischen Gesellschaft zu entwickeln. Für diese Maxime steht auch die Sockelinschrift „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“, die in fünf Sprachen (darunter Russisch) die Garnisonkirche umspannt.

Einblicke in die Geschichte der Garnisonkirche bietet die temporäre Ausstellung „Fragmente und Perspektiven“. Foto: Max Stolz

Schon vor der Eröffnung können sich Interessierte einen Eindruck vom neuen Bauwerk verschaffen und mehr über Projekt und die Geschichte der Garnisonkirche erfahren. In der temporären Nagelkreuzkapelle, die hinter dem Neubau zu finden ist, gibt es seit 2012 die Ausstellung „Fragmente und Perspektiven“ zu entdecken. Dort informieren Ehrenamtliche auch über das Projekt, Spenden- und Beteiligungsmöglichkeiten. Und wer einen Blick hinter die Fassade werfen möchte, dem sei der virtuelle Rundgang empfohlen, den ihr auf der Website der Garnisonkirche finden könnt.

  • Garnisonkirche Breite Straße 7, Potsdam, Tel. 0331/201 18 30, temporäre Ausstellung „Fragmente und Perspektiven“, Di–So 11–17 Uhr, Infos

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