Gastrotest

Café Frieda: Wie gut kann ein mit Mayo überzogenes Ei sein?

Unsere Redakteurin Jane Silver war im Cafè Frieda in Prenzlauer Berg, um dem Hype um das „Oeuf a la Mayo“, alias Mayo-Egg, auf den Grund zu gehen. Allzu klischeebehaftet und mit jeder Menge Flashbacks an Szenen aus der Kult-Sitcom „Arrested Development“ im Kopf, zieht sie ein Resümee aus ihrem Besuch.

Das auf Instagram meistgepostete Gericht des Cafés Frieda: ein Roggen- und Buchweizencroissant mit Burrata-Käse und Kaffeeschalensirup, sowie ein „Oeuf a la Mayo“. Foto: Jane Silver

Café-Frieda: Es ist tatsächlich das „Mayonei“

Ich war damals ein großer Fan der Kult-Sitcom Arrested Development, so sehr, dass sechs meiner Freunde und ich Darsteller Tony Hale einmal in einer Eisdiele in Los Angeles in die Enge trieben und ihn zwangen, ein peinliches Selfie mit uns zu machen (Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass es nicht Jeffrey Tambor war). Und ich zitiere die Serie immer noch mit beunruhigender Regelmäßigkeit, obwohl sie vor 15 Jahren eingestellt wurde. Was mit den beiden Zombie-Staffeln, die auf Netflix liefen ist? Ich verstehe die Frage nicht und werde sie nicht beantworten).

Wenn Ihr die Serie nicht gesehen habt, müsst ihr nur wissen, dass sie von egozentrischen, ahnungslosen reichen Leuten handelt und daher eine Reihe von Sprüchen enthält, die schockierend gut zur Berliner Restaurantszene passen. Ein Hauptgericht wird von einer Schüssel mit geschmackloser Consommé (Kraftbrühe) begleitet: „Sie ist so wässrig! Und trotzdem ist da ein Hauch von Schinken drin.“ Alle Gerichte in diesem angesagten neuen Fusionslokal werden mit den gleichen Gewürzen übergossen: „Hühnerstäbchen mit scharfer Clubsauce“. Eine aufgemotzte Weinbar serviert einen Teller mit unverfälschten lokalen Produkten: „Das ist eine Banane, Michael. Was kann die schon kosten, 10 Dollar?“

Aber hier ist einer, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich ihn benutzen würde: „Manchmal nimmt sie eine kleine Packung Mayonnaise und spritzt sie sich in den Mund, und dann nimmt sie ein Ei und… Mmmm! Sie nennt es ein ‚Mayonei‘.“

Besuch im Café Frieda zum Test

Das Zitat soll die Einfältigkeit von Michael Ceras Figur, der unscheinbaren Freundin Ann, unterstreichen. Doch im Jahr 2021 ist das Mayonegg, oder besser gesagt seine französische Inkarnation Oeuf Mayonnaise, irgendwie zu einem angesagten Mädchenessen geworden. Die us-amerikanische Kochbuchautorin Dorie Greenspan schwärmte kürzlich in der „New York Times“ von diesem Gericht, und es ist eine der Hauptattraktionen im Café Frieda in Prenzlauer Berg, der brandneuen kleinen Schwester der regional-saisonalen Standard-Location Mrs. Robinson’s. Wie gut kann ein gekochtes Ei mit Mayonnaise sein? Zeit, das herauszufinden.

In der Ecke des Helmholtzplatzes, in der sich früher das nicht wirklich mexikanische Restaurant Frida Kahlo befand, ist das Frieda ein Café-Bäckerei-Weinlokal mit einem Interieur, das so weiß ist wie seine Kunden und einem Konzept, das so nebulös ist wie der Beschäftigungsstatus der Gäste (ich meine: ich weiß, warum ich an einem Donnerstagmorgen dort bin; was ist eure Ausrede?).

Die Speisekarte mit Backwaren, kleinen Tellern und Snacks liest sich wie eine Logikklausur: Bestimmte herzhafte Gerichte werden „den ganzen Tag“ serviert, was eigentlich 12-18 Uhr bedeutet, danach wird daraus „Aperitivo“. In der Zwischenzeit kann man ab 10 Uhr Gebäck bestellen, bis es ausverkauft ist, aber es gibt nur ein zweistündiges Zeitfenster für das „petit dejeuner“, in dem nach der Hälfte der Zeit Rohmilch-Softeis bis zur Schließung um 21 Uhr erhältlich sind. Ganz einfach, oder?

Das Mayonegg in seiner reinen, nackten Pracht

Ich komme rechtzeitig zu Frieda, um das meistgepriesene Gericht des Cafés zu bestellen, ein Roggen- und Buchweizen-Croissant mit Burrata-Käse und Kaffeeschalensirup, dazu ein „Oeuf a la Mayo, Tasmanian Pepper“. „Sie wissen, dass es nur das Ei ist, oder?“, warnt mich der Kellner, und ich überlege, ob ich ein Brötchen mit fermentierten Kartoffeln dazulegen soll, damit ich nicht komisch wirke. Aber nein, ich will das Mayonegg in seiner reinen, nackten 4-Euro-Pracht erleben.

Es wird auf einem eigenen Teller serviert, eine blasse Eizelle, umhüllt von ecrufarbener Sauce und mit einem Hauch von Schwarz darauf. Die französische Version wird normalerweise halbiert, aber diese wird im Ganzen serviert, so dass das Eigelb beim Aufschneiden auf beunruhigend verführerische Weise herausquillt. Wenn man eine Gabel voll nimmt, schmeckt es… wie ein kaltes, weichgekochtes Ei mit Mayonnaise und Pfeffer darauf. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe.

Nehmt eine Gabel voll und es schmeckt… wie ein kaltes, weichgekochtes Ei mit Mayonnaise und Pfeffer darauf.

Bitte gebt uns Abwechslung!

Zumindest habe ich dadurch einen neuen Blickwinkel auf ein Restaurant bekommen, das ansonsten alle Kriterien erfüllt: Sauerteig, ’nduja, Naturwein, kleine Brandenburger Bauernhöfe, japanische Akzente wie Amazake (fermentierter Reis) im Softeis und Ponzu im Tatar, Preise, die zwar dem entsprechen, was ethisch erzeugte Lebensmittel kosten sollten, die aber für Uneingeweihte immer noch wie Wucher wirken.

11 Euro für diese Croissant-Burrata-Sirup-Kombination zum Beispiel, deren Komponenten zwar einzeln sehr hochwertig sind, aber nicht sinnvoll ineinandergreifen; das „ganztägige“ Gegenstück des Gerichts, bei dem der Käse mit Olivenöl und fermentierten Tomaten kombiniert wird, scheint vielversprechender zu sein.

Wie auch immer, es gibt einen unendlichen Markt für diese Art von Lokalen im heutigen Berlin, und ich sollte wahrscheinlich einen Weg finden, über sie zu schreiben, ohne auf uralte popkulturelle Referenzen zurückzugreifen, aber könnten sie mir nicht auch auf halbem Weg entgegenkommen, indem sie etwas tun, das ein klein wenig unvorhersehbar ist? Mit anderen Worten, an die Crew des bald zu eröffnenden Ezsra in Neukölln (geführt vom ehemaligen St. Bart-Sommelier Victor Hausladen; Slogan: „Wildes Essen, wilder Wein, Weinzeiten“): Bitte geben Sie mir etwas anderes als Burrata und Rindertartar, sonst bin ich gezwungen, Ihr Restaurant auf Dothraki zu rezensieren. Me nem nesa.

  • Café Frieda Lychener Straße 37, Prenzlauer Berg, Tel. 030/44 71 98 00, Mi-So 10-21 Uhr, www.cafefrieda.de

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