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In „The Billion Dollar Code“ treten zwei Berliner gegen Google an

Was, wenn Google Maps in Berlin erfunden worden wäre? Wäre Friedrichshain dann wie das Silicon Valley? In der Netflix-Serie The Billion Dollar Code treten zwei Berliner gegen Google an, weil sie die Idee zur virtuellen Weltkarte hatten und Google sie geklaut hat. Damit basiert die Serie zum Teil auf wahren Gegebenheiten: Ein Berliner UdK-Professor führte aus dem gleichen Grund wirklich mal einen Prozess gegen Google.

Carsten Schlüter (links, Leonard Schleicher) und Juri Müller (Marius Ahrendt) hatten als junge Berliner eine Jahrhundertidee. Foto: Netflix

Die erste digitale Weltkarte: Made in Berlin

Mit dem Finger auf der Landkarte – das war eine frühe Form des virtuellen Reisens. Heute haben wahrscheinlich die meisten schon einmal mit der Maus die Kontinente bereist, die einschlägige Anwendung heißt Google Earth, es soll auch Außenseiter geben, die Open Street Map benutzen, die Wiki-Weltkarte. In den 90er Jahren gab es Google noch gar nicht, und in Berlin saßen junge Leute beim Döner, die hielten das Internet für Kunst. Das war ein großes Missverständnis, und wäre das anders gewesen, wäre Friedrichshain heute vielleicht ein Silicon Valley. Hätte, hätte, unlesbare Diskette.

Von einer zumindest denkbaren historischen Weichenstellung erzählt die neue Berliner Netflix-Serie „The Billion Dollar Code“. Zwei junge Männer treffen nach der Wende in einer Zeit zusammen, in der Techno die wichtigste Form elektronischen Fortschritts war. Carsten studiert Kunst, und Juri programmiert. Gemeinsam schaffen sie ein Tool, das man damals noch fast für Science Fiction halten konnte: eine digitale Weltkarte, auf der man jederzeit in jeden beliebigen Ort hineinzoomen könnte. Als Investor gewinnen sie die Deutsche Post, die damals gerade nicht mehr so heißen wollte und sich auf eine Zukunft als Telekom vorbereitete.

In der ersten Folge des Vierteilers wird das Wettrennen bis zu einer Deadline bei einem Computerkongress in Tokio erzählt. Doch mit bloßer Nerd-Nostalgie ist es in „The Billion Dollar Code“ nicht getan. Oliver Ziegenbalg und Robert Thalheim erzählen die ganze Sache von heute aus. Was heute ist, ist allgemein bekannt: amerikanische Internet-Giganten haben die Welt unter sich aufgeteilt. Carsten und Juri könnten da eigentlich mitspielen, aber sie begriffen vor 25 Jahren nicht, was der Unterschied zwischen Projekt und Business ist. Juri war zu stark auf seine Codes fixiert, und Carsten auf die Telekom.

Inspiriert von einer wahren Geschichte

Als Google Earth längst alltäglich geworden ist, wollen sie wenigstens ihr geistiges Eigentum behaupten. „The Billion Dollar Code“ läuft auf einen Rechtsstreit hinaus, und wird schließlich auch ganz klassisch ein Gerichtssaal-Thriller. Wobei man das mit dem Thriller nicht zu wörtlich nehmen sollte. Mark Waschke und Mišel Matičević spielen die beiden Freunde von damals, die sich zwischendurch ordentlich auseinandergelebt haben. Lavinia Wilson spielt die Anwältin, die es in Delaware mit der Übermacht von Google aufnimmt.

Inspiriert wurde „The Billion Dollar Code“ von einer sogenannten wahren Geschichte. Joachim Sauter, viele Jahre Professor für Kunst und Gestaltung mit digitalen Medien an der UdK, hatte in den 90er Jahren tatsächlich einmal eine interaktive Installation am Start, die den Namen Terra Vision trug, ganz so wie nun auch in der Verfilmung. Und er führte auch wirklich einen Prozess über die Urheberschaft des Algorithmus, auf dem die wichtigsten Eigenschaften von Google Earth beruhen. Im Juli dieses Jahres ist Sauter gestorben. „The Billion Dollar Code“ ist ihm gewidmet.

Für Netflix ist an der Geschichte aber vor allem die Berlin-Mythologie interessant, und Ziegenbalg und Thalheim liefern das auch bereitwillig ab. Juri hat zwar einen schwachen Moment beim Burning Man in Amerika, er bliebe am liebsten drüben, und später ist er auch so angefressen auf Carsten, dass er sich nach Ungarn vertschüsst. Berlin aber wiegt in „The Billion Dollar Code“ vieles auf, was Deutschland in der Digitalisierung verschlafen hat. Die alte Nummer „arm, aber sexy“ – bei Netflix zieht sie noch. 


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