New-Wave-Funk

A Certain Ratio spielen im Columbia Theater

Wenn der Schuh im Disconebel drückt: Es ist ein Skandal, dass A Certain Ratio keine Stars sind. Diese Band muss (wieder)entdeckt werden

„Wie Joy Division, bloß mit besseren Klamotten“: So wurden A Certain Ratio im Film „24 Hour Party People“ charakterisiert. Foto: Kevin Cummins

Heutzutage wird gar viel auf  alte Männer geschimpft; viel zu Recht und viel zu Unrecht. So manche alte Säcke sind nämlich gar sehr auf Zack, weil sie offene Geister sind und auch schon immer waren. Hört man sich das 1982er Album „Night and Day“ von Joe Jackson an, klingt das auch heute noch so dermaßen frisch, nicht bloß, weil er toxische Männlichkeit problematisiert und einen Abgesang aufs Fernsehen anstimmt (just in dem Jahr, als MTV gerade mal an den Start ging) – sondern auch durch diesen Sound, dem man seine Wurzeln im New Wave gerade noch anhört, auch wenn die Zweige und die Blätter Richtung Salsa, Jazz und Funk wachsen.

Verblüffend ähnlich (aber sehr viel weniger gewürdigt als beim klaviergetriebenen Landsmann Joe Jackson) verhält es sich mit der englischen Band A Certain Ratio, deren Hammeralbum „Sextett“ ebenfalls 1982 erschien. Auch die kamen vom New Wave, von Factory, dem legendären Label von Joy Division und New Order. Und auch A Certain Ratio schnüffelten, wie zeitgleich Joe Jackson, Latin-Percussion. Die Songs bringen Spaß auf dem Tanzboden, auch wenn die Jungs in ihnen, trojanischen Pferden gleich, viel Tristesse versteckt haben. Es ist ein Soundtrack für kopflastige Menschen, die allem Schlamassel zum Trotz die Tanzarme schwingen wollen – die aber auch im Disconebel nicht ganz vergessen können, dass, vorsichtig gesagt, der Schuh drückt und die Welt bald vor die Hunde geht. Pünktlich zum 40-jährigen Bandjubiläum gibt es das Œuvre neu aufgelegt auf sieben Schallplatten. Super Sache, um diese völlig zu Unrecht vernachlässigte Band endlich hart zu feiern.

Columbia Theater Columbiadamm 9, Tempelhof, Mo 28.10., 20 Uhr, VVK 31,50

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