Interview

„New York ist ein Chaos“ – Die Fun Lovin’ Criminals sind wieder da!

Die Fun Lovin’ Criminals – das waren schon immer drei coole Jungs aus New York. 1996 eroberte die Band die Musikszene der Stadt mit ihrem Debütalbum „Come Find Yourself”, das weltweit mehrfach mit Platin ausgezeichnet wurde. Auch nachdem Gründungsmitglied Hugh “Huey” Morgan 2021 ausgestiegen ist, blieben FLC als Trio treu. Mit ihrer Mischung aus Funk, Jazz, Hip-Hop und Alternative Rock gelten sie in mehreren Genres als Pioniere und brechen bis heute mit Vorliebe die Regeln der Kunst. Ende April kommen sie mit der neuen EP “The Capistrano Sessions” nach Deutschland und Österreich. Vor ihrem Konzert in Berlin am 29. April im Frannz Club haben wir mit Gründungsmitglied Brian “Fast” Leiser und Schlagzeuger Frank Benbini gesprochen.

Die Fun Lovin’ Criminals sind wieder da. In Berlin spielen sie am 29. April 2024. Foto: Fun Lovin’ Criminals
Die Fun Lovin’ Criminals sind wieder da. In Berlin spielen sie am 29. April 2024. Foto: Fun Lovin’ Criminals

Fun Lovin’ Criminals melden sich mit neuer EP „The Capistrano Sessions“ zurück

tipBerlin Die Fun Lovin’ Criminals sind zurück, doch wo waren Sie gewesen?

Frank Benbini Wir waren nie weg! Aber wir sind zurück mit einer neuen, coolen, spaßigen und positiven Einstellung. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren mit brandneuer Musik, die wir zusammen mit all den Fan-Favoriten und einigen Live-Raritäten so oft wie möglich spielen wollen.

tipBerlin Die neue EP heißt „The Capistrano Sessions“ – was hat es mit dem Titel auf sich?

Der Titel entstand an einem wirklich coolen Tag, als wir die Küstenstraße von San Francisco nach L.A. hinunterfuhren und in einer kleinen Stadt namens San Juan Capistrano anhielten.

Benbini, Fun Lovin‘ Criminals

Frank Benbini Der Titel entstand an einem wirklich coolen Tag, als wir die Küstenstraße von San Francisco nach L.A. hinunterfuhren und in einer kleinen Stadt namens San Juan Capistrano anhielten, die sich ganz wie die Originalverfilmung von „Road House“ mit Patrick Swayze anfühlte. Es klingt wie ein italienischer Gangster, wenn man es ausspricht.

tipBerlin Warum haben die Fun Lovin’ Criminals ein neues Line-Up?

Frank Benbini Wir standen ohne Sänger und Gitarristen da, nachdem Huey die Band Ende 2021 verlassen hatte. Wir wollten den New Yorker Sound beibehalten, daher wurde Gründungsmitglied Fast in diese Rolle gedrängt. Dies öffnete die Lücke für einen Gitarristen, der das Erbe des älteren Materials respektieren würde und auch mit Vielseitigkeit aufwarten konnte, indem er Leadgitarren-Soli spielte und bei Bedarf Backing Vocals beisteuerte. Es war sehr wichtig, dass er kein übergroßes, außer Kontrolle geratenes Ego hatte, was wir leider bei unserem Ex-Sänger hatten. Naim war die perfekte Wahl und ist ein geschätzter Freund und Teil der FLC-Familie.

tipBerlin Wie ist die Chemie innerhalb der Band heute?

Frank Benbini Sie ist so gut wie schon lange nicht mehr. Es gibt ein sehr gutes musikalisches Verständnis zwischen uns als kreative Songschreiber und allen anderen Aspekten des Erscheinungsbildes der Band gibt ein sehr gutes musikalisches Verständnis. Von der Musikproduktion über die Liveshows bis hin zu allen geschäftlichen Aspekten – wir zweifeln nicht an uns. Naim weiß und versteht, was er wann einbringen muss und das sorgt für die genau richtige Balance.

„Hot City Nights“ von den Fun Lovin’ Criminals

tipBerlin Die Band war früher in New York ansässig. Wie sieht es heute aus?

Brian „Fast“ Leiser Wir hatten das große Glück, weltweit populär zu werden, wobei Europa das Epizentrum darstellte. Mitte der 2000er-Jahre zogen wir nach Großbritannien um, da es Sinn machte, dort den Hauptsitz der Band zu haben. Unsere prägenden Jahre waren die 1980er/1990er-Jahre in New York City, daher der klangliche Einfluss und die lyrische Inspiration der Band. Als Frank 2003 zur Band stieß, war es ein leichter Übergang, denn er kommt aus Leicester, in den Midlands von England. Seine Einstellung war sehr „New Yorkerisch“, so dass er ganz natürlich in die Band passte.

tipBerlin Mit Ihrer Mischung aus Funk, Jazz, Hip-Hop und Alternative Rock seid ihr Pioniere in mehreren Genres und brecht trotzdem alle Regeln der Kunst. Wie stolz macht Sie das?

Brian „Fast“ Leiser Wir wollen uns zwar nicht als Pioniere einer Multi-Genre-Band feiern lassen, aber wir wissen zu schätzen, dass die Art und Weise, wie wir unsere Musik produzieren und aufführen, einzigartig ist. Wir sind damit aufgewachsen Bands zu lieben, die verschiedene Musikstile mischen. Von Steely Dan bis zu den Beastie Boys.

tipBerlin Ihre Single „Scooby Snacks“, die für Samples aus Tarantino-Filmen wie „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ verwendet wurde, hielt sich 17 Wochen lang in den Billboard-Charts und erreichte in den USA schnell Goldstatus. Wie groß ist die Sehnsucht nach einem zweiten „Scooby Snacks“?

Inspiriert von Gangsterfilmen von Scorsese und Tarantino

Brian „Fast“ Leiser Wir stellen keine Regeln auf, wenn wir unsere Songs schreiben. „Scooby Snacks“ wurde zu einer Zeit geschrieben, als wir tief in der zwielichtigen Seite der New Yorker Kultur steckten, in Nachtclubs arbeiteten und von den Gangsterfilmen von Scorsese und Tarantino inspiriert wurden. Es gab viele Parallelen zwischen diesen Filmen und der Kriminalität in NYC zu dieser Zeit. Das hatte einen großen Einfluss auf unsere Musik und unsere Geschichten.

tipBerlin Das Debütalbum „Come Find Yourself“ hielt sich unglaubliche zwei Jahre lang in den britischen Albumcharts. Wie groß ist der Wunsch, so etwas noch einmal zu schaffen?

Brian „Fast“ Leiser „Come Find Yourself“ wurde veröffentlicht, als Mitte der 1990er-Jahre Grunge, Britpop und Nu-Metal angesagt waren. Wir fügten uns mit unserem eigenen, einzigartigen Sound ein, und das half, um im Radio gespielt zu werden. Heutzutage ist es für Bands, die schon länger dabei sind und vor allem auch für neue Bands viel schwieriger geworden, im Radio gespielt zu werden. Es ist jetzt sehr viel mehr eine Pay-for-Play-Situation.

tipBerlin Wo stehen die Fun Lovin‘ Criminals heute?

Brian „Fast“ Leiser In den vergangenen drei Jahren haben wir seit dem Besetzungswechsel eine Wiedergeburt erlebt. Wir waren in der Lage, an Orten aufzutreten, an denen die Band seit über einem Jahrzehnt nicht mehr war. Die Fans haben uns sehr unterstützt und die Shows genossen. Die neu entdeckte Energie und der Respekt für die Musik und die Fans ist großartig. Wir spielen alle Hits, Live-Favoriten und einige Songs, die wir noch nie zuvor in der Lage waren zu spielen. Der neue Gitarrist Naim Cortazzi hat sich wirklich ins Zeug gelegt und mit Professionalität abgeliefert, jedoch hapert es bei ihm an der Wahrnehmung von Klangdetails.

tipBerlin Mögen Sie eigentlich den Begriff Kultband und seht ihr euch selbst als solche?

Brian „Fast“ Leiser Wir stehen nicht auf Labels, aber wir können verstehen, warum man uns als Kultband bezeichnen könnte. Wir bereuen es nicht und sind nicht so sehr an Plattenverkäufen interessiert, wie wir es vielleicht sein sollten. Die Fans der Band wissen, dass alles direkt von uns kommt, ohne den Einfluss von Firmen oder sonstigen Unsinn. Wir betreiben alle sozialen Medienkanäle der Band selber und kümmern uns um das gesamte Geschäft. Es gibt keine externen Musikproduzenten außer dem vierten Mitglied der Band im Studio, Ingenieur und Mischer Tim Latham ISP.

tipBerlin Die Songs von FLC handeln oft vom Alltag in Megastädten wie New York, der von Gewalt, Kriminalität, Drogen und Armut geprägt ist. Wie viel davon habt ihr selbst erlebt?

Brian „Fast“ Leiser Als wir in den 1980er/1990er-Jahren in New York lebten und in Nachtclubs arbeiteten, lernten wir viel von der dunklen, zwielichtigen Seite kennen, die den Glanz und Glamour von New York ausglich. Leider hat sich das meiste davon geändert und jetzt ist NYC aufgrund politischer Differenzen ein Chaos, was die einst großartige Stadt in Verruf gebracht hat. Wir haben das große Glück, in einer Zeit in NYC gelebt zu haben, in der es so viel gab von dem wir uns inspirieren lassen konnten, um das Fundament von FLC zu legen. Die Kunst- und Musikkultur wird nie wieder so sein, wie sie einmal war.

Interview: Reinhard Franke

  • Frannz Club Schönhauser Allee 36, Prenzlauer Berg, Mo 29.4., 20 Uhr, VVK 40 €

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