Das Spektrum der Meinungen über die IFA im Jahr 2022 reicht weit auseinander: der eine meint, die Zeit großer Innovationen in Haushalts- und Konsumentenelektronik sei längst vorbei – spannende Musik spiele längst woanders. Die anderen meinen, dass ohne regelmäßigen IFA-Besuch und Info-Upgrade nur ein Leben abgekoppelt von der Gegenwart möglich wäre.
Unser Autor hat die IFA ein paar Mal geschwänzt, war das letzte Mal da, als 4K ein großes Ding war. Am Eingang der Messe Süd an den drei großen blauen IFA-Buchstaben hatte er dann gleich eine bizarre Begegnung: Ein Musikantenduo, dass mit Saxophon und Kontrabass Musik aus dem letzten Jahrtausend nachspielt. Sollte dies die optimale Einstimmung aufs Technikfestival der Superlative sein? Jürgen Laarmann berichtet für tip.
IFA 2022 – Waschmaschinen, Spülmaschinen, Kühlschränke
Drinnen ist tatsächlich einiges los, auch die großen Anbieter sind gekommen. Miele, Liebherr, Bosch, Siemens – all ihre Waschmaschinen, Spülmaschinen, Kühlschränke sollen noch energieeffizienter sein, und sehen hier im Messelicht auch ganz wundervoll aus (anders, also nach zwei Wochen Gebrauch im Eigenheim dann).
Riesige Weinkühlschränke empfehlen sich zum Spontankauf, auch, wenn die Menge an gekühltem Wein, die ein Durchschnittsmensch zuhause haben muss, durchaus auch im normalen Kühlschrank Platz hat. Doch an dieser Stelle wird schon langsam offenbar, dass von dieser IFA die ganz großen, bahnbrechenden Innovationen, die unser Leben radikal verändern werden, nicht kommen werden.
Interessant ist der Auftritt von der Firma Leica, die nichts geringeres als die „Future of Television“ verspricht und zwar mittels ihrer „All New Leica Cine TV Laserbox“, die ein gestochen scharfes Bild auf eine Projektionsfläche wirft, dabei aber weniger Platz verbraucht und viel langlebiger ist als ein Beamer.
Weiter zeigt die IFA, dass man sich durchaus auch mal an kleinen Dingen erfreuen sollte, zum Beispiel an denen des Hauses Duracell, die stellt ab sofort sehr hübsche Powerbanks in Bronze und Schwarz her. HP launcht Miniprinter mit denen man live Postkarten von seiner Kamera ausdrucken kann, Kodak hat polaroidähnliche Kameras mit denen das ebenso gelingt. Alles ganz toll, aber definitiv nicht neu.
Wenn die Mieze in die Waschmaschine: Es gibt doch noch Ideen
Erstaunlich ist das Geschäftsfeld Displayschutz für Mobiltelefone, am Stand der Firma Panzerglass hämmern zwei Messevertreter mit riesigen Hämmern und Schlagwerkzeugen auf ein Handy, dass partout nicht kaputtgehen will. Nochmal: Toll, wo die Technik ist, aber weiter ist sie akut auch nicht gekommen. Das geht so weiter in der Digital Health alle. Ob nun Fitbit oder Garmin, am Ende sind die Fitnessbändchen und Smartwatches eine Glaubensfrage, der sich hier in Berlin Apple selbstverständlich entzieht – man glänzt mit Abwesenheit.
Wer die Augen offenhält, findet dann aber doch ein paar kleine, schöne Ideen. LavvieBot etwa, eine Waschmaschine, in der man ganz schonend seine Katze reinigen kann. Ob das eine Revolution ist? Wohl nicht. Aber immerhin mal etwas, das man nicht schon ganz oft gesehen hat. Im Pressezentrum mal nachgefragt, was es sonst noch tolles gibt? Einer Mitarbeiterin fällt ein, dass es da diese lustigen E-Scooter gebe, die zumindest hier auf der Messe neu wären. Naja.
IFA 2022: Das Land der Riesenfernseher
Weiter, vorbei an SUV aus Vietnam, die nicht wirklich in die Consumer Electronic Welt passen, aber sicher tolle Bordcomputer haben. Dann in eine Riesenhalle für die Marke Vestel. Vestel macht alles: Waschmaschinen, Spülmaschinen, Fernseher, dies und das – und in der Mitte steht ein silberner Rolls-Royce aus den 70ern, ungefähr so zeitgemäß wirken auch die fünf Frauen in weißen Abendkleidern drumherum. Stilsicherheit liegt der türkischen Firma offenbar noch nicht so ganz.
Schließlich geht es dann doch noch ins Land der Riesenfernseher. Größer, greller, schärfer ist heute irgendwie auch aus der Zeit gefallen in der Energiekrise. Und der Platz im Wohnzimmer letztlich auch begrenzt. Tatsächlich hat die LG diesen Trend wohl als am besten begriffen und präsentiert auf der Messefläche vor allen Dingen Wege, wie man TV Geräte in Schlaf und Wohnzimmer dezent verschwinden, verhüllen und abdecken kann. Weniger ist mehr? Passt ja irgendwie.
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