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Der Bezirk Mitte sucht nach einem neuen Namen für den Nettelbeckplatz

Der Nettelbeckplatz in Wedding soll umbenannt werden, das hat die BVV Mitte beschlossen und nimmt Vorschläge an. Einige haben schon welche eingereicht – und nicht alle sind ernst zu nehmen.

Der Nettelbeckplatz soll umbenannt werden.
Der Nettelbeckplatz soll umbenannt werden. Foto: Imago/Stefan Zeitz

Der Nettelbeckplatz ehrt derzeit einen Kolonialisten

Der Nettelbeckplatz in Wedding soll einen neuen Namen bekommen – weil er, wie viele andere Straßen und Plätze, einen Mann ehrt, der das nicht verdient hat. Der aktuelle Namensgeber Joachim Nettelbeck (1738-1824) war aktiv im Versklavungshandel tätig und betrieb Koloniallobbyismus. Aus diesem Grund hat die Bezirksverordnetenversammlung von Mitte das Bezirksamt damit beauftragt, ein Verfahren zur Umbenennung des Platzes einzuleiten.

Im Zuge dieses Verfahrens können Bürger:innen Vorschläge für den neuen Namen einreichen. Sie müssen allerdings dem Berliner Straßengesetz und dessen Ausführungsvorschriften entsprechen. Das bedeutet, sie müssen unter anderem einen Bezug zu Berlin, insbesondere dem Bezirk Mitte haben. Wenn der Name eine historische Person oder ein denkwürdiges Ereignis würdigt, müssen diese sich um die Stärkung der Demokratie, die humanistischen Gesinnung, die wissenschaftlich-technische Entwicklung oder Frieden und Menschenrechte verdient gemacht haben.

An diese Vorgaben haben sich viele derjenigen, die bislang Vorschläge eingereicht haben – typisch Berlin – nicht immer gehalten. Eine oder einer will künftig „Wildberry-Lillet-Platz“ auf den Schildern lesen, jemand anders „Nettelspeckplatz“. Aber es gibt auch ernsthafte Vorschläge, einer davon: Audre-Lorde-Platz, nach der afro-amerikanischen Autorin, Feministin und Civil-Rights-Aktivistin, die fast eine Dekade in Berlin gelebt hat. Oder Marie Burde, eine sehr arme Zeitungsverkäuferin, die während des Nationalsozialismus im Wedding drei Juden versteckte und damit rettete.

Frauennamen gehen vor

Frauennamen sollen verstärkt berücksichtigt werden – denn das steht in den Ausführungsbestimmungen von 2011 und Parität herrscht bei den Straßennamen in Berlin noch lange nicht. 2019 waren noch rund 3.000 der mehr als 10.000 Straßen nach Männern benannt und lediglich 500 bis 600 nach Frauen. Letztlich regelt aber jeder Bezirk die Namensgebung und -umbenennung jeder Bezirk für sich.

Im Wedding, genauer im Afrikanischen Viertel, hat das Bezirksamt Wedding im Zuge der Dekolonisierung Berlins noch zwei weitere Straßen umbenannt. Seit Dezember heißen der ehemalige Nachtigalplatz Manga-Bell-Platz und die ehemalige Lüderitzstraße Cornelius-Fredericks-Straße. Sowohl Nachtigal als auch Lüderitz waren Begründer von Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent. Das Königs-Ehepaar Manga-Bell kämpfte gegen die deutsche Kolonialmacht in Kamerun. Cornelius Fredericks war ein Führer der Nama im heutigen Namibia, früher Deutsch-Südwestafrika.

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