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Europameisterschaft

UEFA-Fail bei der EM: Dieser Fußballverband ist scheinheilig

Am Dienstag verbot die UEFA der Allianz Arena in München, heute, bei dem Spiel Deutschland gegen Ungarn, in Regenbogenfarben zu leuchten – und erntete dafür massive Kritik. Ein kunterbuntes Eigentor, das aber viel mehr ist als schlechte Werbung für die Europameisterschaft: Es offenbart die Scheinheiligkeit des Fußballverbandes.

Es bleibt nur eine Fotomontage. Beim Spiel Deutschland gegen Ungarn darf die Allianz Arena in München nicht in Regenbogenfarben leuchten. Ganz Deutschland ist empört. Foto: Imago/Sven Simon

Die UEFA verliert ihre Glaubwürdigkeit

Schon lange versucht die UEFA, die Union of European Football Associations, viele Dinge gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen. Kuschelkurs mit menschenrechtsdiskriminierenden Staaten in Europa geht hier zusammen mit dem Slogan „Respect“ und dem Hashtag „Equal Game“, welcher 2019 für die EM 2020 geltend gemacht wurde. Einerseits gut, dass die UEFA inkludieren möchte und sich für die LGBTQ+ Community ausspricht. Doch was ist davon noch übrig? Welchen Wert können zukünftige Inklusions-Kampagnen der UEFA überhaupt noch haben, wenn es als zu politisch gilt, sich für Grundrechte auszusprechen?

Diese Scheinheiligkeit hat die UEFA nun mit dem Verbot, die Allianz-Arena in Regenbogenfarben zu beleuchten, unter Beweis gestellt. „Die UEFA ist gemäß ihrer Satzung eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieses speziellen Antrags – eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen nationalen Parlaments abzielt – muss die UEFA diesen Antrag ablehnen“, hieß es vom Verband.

Allianz Arena darf an anderen Tagen leuchten – das ist zu wenig

Doch mit dieser Absage ist wohl klar zu erkennen, auf welche Seite sich die UEFA stellt. Die vermeintliche Neutralität spielt der rechtsnationalistischen Regierung Ungarns und dem Ministerpräsidenten Viktor Orbán gerade zu in die Hände. Eine untersagte Toleranzbekundung für Menschenrechte – Europa war da schon einmal weiter. Es ist schlicht Menschlichkeit, gegen die Verletzung von Menschenrechten einzustehen. Auch der Deutsche Fußballbund erntete weitgehende Kritik, sich nicht ausreichend eingesetzt zu haben – er hätte mitdiskutieren können.

Die UEFA ergänzte ihr Statement damit, sie habe „der Stadt München dennoch vorgeschlagen, das Stadion entweder am 28. Juni – dem Christopher Street Liberation Day – oder zwischen dem 3. und 9. Juli, der Christopher-Street-Day-Woche in München, in den Regenbogenfarben zu beleuchten.“ Ein lächerliches Friedensangebot. Das letzte EM-Spiel in München findet am 2. Juli statt.

Berlin und andere Städte sind zum Spiel trotzdem bunt

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter stellte den Antrag, die Allianz Arena in bunten Farben zu erleuchten und war erschüttert vom Verbot. Die Arena ist jedoch nicht Eigentum der Stadt München und so können die Lichter nicht einfach angestellt werden. Doch dafür soll es in München trotzdem bunt werden. Das Rathaus, der Olympiaturm und das Windrad, welches sich gleich neben der Allianz-Arena befindet, werden heute Abend in Regenbogenfarben erstrahlen.

Manuel Neuer ist Kapitän und Torwart der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Seit Beginn der EM trägt er eine regenbogenfarbene Kapitänsbinde. Dies wurde von der UEFA geprüft. Foto: Imago/Ulmer Pressebildagentur

So steht es heute 46:1 für Weltoffenheit und Toleranz. Die UEFA hat verloren. Insgesamt wollen mindestens 46 deutsche Stadien aus der ersten, zweiten und dritten Liga Farbe bekennen und ihre Stadien in Regenbogenfarben schmücken. Darunter die Stadien in Frankfurt am Main, Dresden, Düsseldorf, Köln, Augsburg, Wolfsburg und das Olympiastadion in Berlin.

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Außerdem darf, nach weitgehender Prüfung des Verbandes, Manuel Neuer seine regenbogenfarbene Kapitänsbinde weiterhin tragen. Wenigstens etwas, aber eine weitgehende Prüfung eines Zeichens gegen Diskriminierung? Wir haben 2021.

Auf Social Media wird sich fleißig empört, doch worum geht es hier wirklich?

Die sozialen Netzwerke wurden gestern mit Regenbogenflaggen überflutet. Auf der Instagram-Seite der UEFA sieht man bei den letzten Posts nur noch Regenbogen in den Kommentaren. Gefühlt jede zweite Instagram-Story empörte sich mit dem Hashtag #UEFAil über die Entscheidung der UEFA. Gut so.

Doch würden alle so eifrig der EU-Kommission schreiben, wie sie jetzt über das Stadion in München berichten, dann würde vielleicht den Menschen, um die es hier wirklich geht, geholfen werden können. Die ungarische LGBTQ+ Community leidet unter der rechtsnationalen Politik Orbáns, der sich klar und deutlich gegen die queere Community ausspricht, sogar Gesetze erlässt, die verhindern, dass Jugendliche jegliche Informationsrechte in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität erhalten.

Demonstration neben dem Parlament hinten gegen das Pädophilie-Gesetz der Orban-Regierung, in das nach russischem Vorbild Passagen gegen die Propagierung von Homosexualität eingefügt worden sind. Auf dem Plakat: „Möge doch das Pädophilie-Gesetz von Pädophilen handeln“. Foto: Imago/est&ost

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen reagiert heute auf das umstrittene Gesetz und wirft Ungarn Diskriminierung vor. Tatsächlich hat sie damit also ein Vertragsverletzungsverfahren gestartet. Dennoch ziemlich spät. Es hat erst eine deutschlandweite Debatte auf den Social-Media-Kanälen gebraucht, um zu sehen, dass das nichts mehr mit europäischen, weltoffenen Werten zu tun hat, was da grade in Ungarn stattfindet.

Und die UEFA? Glaubwürdig ist der Verband nicht mehr. Der Image-Schaden bleibt. Ein Nein zum Regenbogen ist ein Nein zur Menschlichkeit. Wir sind gespannt auf neue Statements und Kampagnen des Verbandes.


Mehr Berlin erleben

Wir wollen uns trotzdem nicht den Spaß an der EM und am Fußball nehmen lassen. Hier findet ihr die schönsten Biergärten zum Public Viewing in Berlin. Berlin will weiter lockern. Diese Regeln gelten ab 3. Juli. Auch das Tanzverbot wurde aufgehoben. Nun öffnen auch die Clubs wieder ihre Gärten. Auch unabhängig vom Fußball schön: die tollsten Biergärten.

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