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Tante Emma unterwegs: Der unverpackte Lieferservice aus Berlin

Bio, vegan, regional und allem voran: nachhaltig. Das ist heutzutage für viele Menschen wichtig. Auf große Nachfrage folgt ein größer werdendes Angebot. Das beweist auch „Tante Emma unterwegs“. Der Lieferservice für unverpackte Produkte wurde von den beiden Studentinnen Aline Gellern und Louisa Boderke gegründet. Wir haben uns mit dem Team unterhalten und über Durchhaltevermögen, Gründen während einer Pandemie und ihre liebsten Orte in Berlin gesprochen.

Die beiden Gründerinnen Aline und Louisa (v.l.n.r.). Foto: Tante Emma unterwegs
Die beiden Gründerinnen Aline und Louisa (v.l.) Foto: Tante Emma unterwegs

Tante Emma unterwegs: Vom Uni-Projekt zur Unternehmensgründung

„Das hat alles mit einem Uni-Projekt gestartet“, erklärt Louisa. Sie sollten ein neues Unternehmen in der Theorie starten und vorstellen. Die beiden Freundinnen Aline und Louisa einigten sich schnell darauf, dass sie etwas Nachhaltiges machen wollen und haben sich die Frage gestellt: „Was gibt es noch nicht in diesem Bereich?“

Beide Gründerinnen sind große Unverpackt-Kundinnen. Die Unverpackt-Läden in Berlin waren für beide die Inspiration zu ihrem Unternehmen. Normalerweise gibt es beim Einkauf immer viel zu viel Plastik. „Das wollen wir ändern“, sagt Louisa. Die beiden ernähren sich außerdem vegan: „Deshalb waren wir auch von Anfang an überzeugt, unser Sortiment vegan zu gestalten. Damit tun wir etwas Gutes für unsere Umwelt.“

Aus der Theorie wurde ein Konzept, welches sie mit Hilfe ihrer von Anfang an begeisterten Dozentin im Studiengang „Unternehmensgründung und -nachfolge“ ausarbeiteten. Diese unterstützte die beiden, bis der Shop dann im Oktober 2020 online ging. Auch weiterhin gibt sie hilfreiche Tipps.

Sie liefern selbst aus – neben dem Studium

„Natürlich müssen wir ganz klar Prioritäten setzen“, erklärt Louisa. Sie und Aline studieren nämlich immer noch und versuchen sowohl das Unternehmen inklusive Auslieferung und das Studium unter einen Hut zu bekommen. „Wir müssen unsere Kurse so legen, dass man für ‚Tante Emma unterwegs‘ genug Zeit hat. Die Online-Kurse spielen uns da natürlich rein, mit ihnen sind wir flexibel. Ansonsten heißt es natürlich viel planen.“

Und das müssen sie tatsächlich. Obwohl bisher nur Kreuzberg, Friedrichshain, Neukölln, Schöneberg und Teile Lichtenbergs sowie Treptows auf ihrer Auslieferungskarte verzeichnet sind, fahren die beiden Studentinnen alle Lieferungen selbst mit dem Lastenrad aus.

Die Gründerinnen liefern die Bestellungen persönlich mit ihrem Lastenrad aus. Foto: Tante Emma unterwegs
Die Gründerinnen liefern die Bestellungen persönlich mit ihrem Lastenrad aus. Foto: Tante Emma unterwegs

Denn „Tante Emma unterwegs“ ist nicht nur vegan, Bio und regional. Der unverpackte Lieferservice ist auch emissionsfrei. Bisher besitzen sie lediglich ein Lastenrad zum Austragen der Einkäufe. „In Zukunft wollen wir eine ganze Flotte haben“, erklärt Louisa. Denn das Strampeln durch die Bezirke ist zwar umweltfreundlich, auf Dauer aber auch anstrengend.

Ein ganzer Wocheneinkauf bei „Tante Emma unterwegs

Das junge Unternehmen will allen ermöglichen, umweltfreundlich einzukaufen. Und das funktioniert bei „Tante Emma unterwegs“ mit einem Pfandsystem, da die angebotenen Lebensmittel unverpackt sind – so wie ihre Inspirationsquellen, die Unverpackt-Läden. So gibt es hauptsächlich Grundnahrungsmittel im Sortiment: von Nudeln und Reis über Gewürze, Trockenfrüchte und Kaffee bis hin zu Säften und Limonaden.

Beim Kauf selbst werden die unterschiedlichen Pfandsysteme angezeigt: Umfüllen vor Ort, geliefert in einer Papiertüte oder im Glas in unterschiedlichen Größen. Das Umfüllen direkt vor der Haustür ist kostenlos, die anderen Optionen starten bei 50 Cent und können bis zu vier Euro kosten.

Ein neuer Zweig im Sortiment sind Kosmetikprodukte. So können auch nachhaltige Periodenprodukte, Zahnbürsten aus Bambus sowie Zahntabletten anstelle von üblicher Zahncreme gekauft werden. „Die sparen so einiges an Plastik ein“, erklärt Gründerin Louisa. Das Sortiment soll aber noch weiter wachsen, sodass der gesamte Wocheneinkauf problemlos bei ihnen eingekauft werden kann.

Einige Produkte, die es beim Unverpackt-Lieferservice zu kaufen gibt: Kichererbsen, Linsen, rote Linsen und Kidneybohnen. Foto: Tante Emma unterwegs
Einige Produkte, die es beim Unverpackt-Lieferservice zu kaufen gibt: Kichererbsen, Berglinsen, rote Linsen und Kidneybohnen. Foto: Tante Emma unterwegs

Die meisten Produkte erhält „Tante Emma unterwegs“ von Biogroßhändlern, wo die Produkte mit einem Bio-Siegel ausgezeichnet sind. „Bisher hatten wir keine Schwierigkeiten mit den Produkten“, sagen die Gründerinnen. Sie vertrauen auf das Gütesiegel und sind selbst ebenfalls damit ausgestattet. Bei Kakao, Kaffee, Bananen-Chips und anderen Produkten, die nicht aus Deutschland, aber Europa kommen, wird auf faire Herstellung und faire Löhne für die Arbeiter geachtet. Zum Preis erklärt Louisa: „Da wir Bioqualität anbieten, befinden wir uns nicht auf einem Level mit Discountern, aber das wollen wir auch nicht sein, da wir hochwertige Produkte anbieten.“

Tante Emma unterwegs: Bald mit App und in mehr Bezirken

Das Sortiment will das Team noch weiter ausbauen. „Shampoos, Putzmittel – auch welches zum selber Herstellen – aber auch frische Produkte, wie Obst und Gemüse“ fehlen laut Gründerin Louisa noch. Insbesondere die frischen Produkte liegen ihr und dem Team am Herzen.

Social-Media und Marketing-Managerin Linnéa Kusch unterstützt die beiden Gründerinnen und erklärt, dass das Expandieren erst einmal das wichtigste Anliegen sei: „Wir wollen unser Konzept an alle Menschen in Berlin bringen, vielleicht sogar in den Umkreis Brandenburg“. Zuerst sind jedoch Steglitz, Zehlendorf und weitere Stadtteile an der Reihe, da dort die Unverpackt-Läden kaum bis gar nicht existieren.

Aber auch im Team wollen sie wachsen. „Die Menschen, die wir anstellen, müssen zu uns passen und unsere Philosophie sowie unser Konzept vertreten“, erklären die Gründerinnen. Derzeit wird speziell nach Unterstützung im Bereich IT gesucht. Denn auch hier will das „Tante Emma unterwegs“-Team ausbauen: In Zukunft ist eine App geplant, die den Einkauf bequem vom Smartphone ermöglichen soll. Bisher ist das nur über die Website möglich. „Das ist aber noch in den Kinderschuhen.“

„Am Anfang war da viel Naivität“

Gebürtige Berlinerinnen sind die drei nicht. Wegen des Studiums haben sie sich entschieden, in die Hauptstadt zu ziehen. Aber bereits nach dieser Zeit sind sie sich einig: hier kann man sich austoben. „In Berlin hat man viele Freiheiten und auch die Start-up-Szene ist groß.“ Linnéa ist 2020 von Hamburg nach Berlin gezogen und findet: „Jeder kann sein, wie er oder sie möchte, alle können hier zusammenleben, Berlin ist großartig.“ Insbesondere die veganen Möglichkeiten haben es den Frauen angetan. Zu ihren Lieblingsrestaurants gehören unter anderem das Vamos Veganos, Yoyos Burger und 1990 Vegan Living.

Das Team von „Tante Emma unterwegs“: Louisa Boderke, Linnéa Kusch und Aline Gellern (v.l.). Foto: Tante Emma unterwegs

Aber auch wenn Berlin für seine Start-up-Szene bekannt ist, so ist das ein steiniges Pflaster. „Man muss über super vieles nachdenken, das am Anfang keine Rolle gespielt hat“, gibt Louisa zu. „Am Anfang war da viel Naivität.“ Aber Gründen sei nun mal immer ein Risiko. Insbesondere in Zeiten der Pandemie ist es für viele nicht einfach. Lieferservices sind allerdings trotz Corona fähig, ihren Betrieb weiterzuführen. „Das sehen wir als großes Glück.“

Zuerst hatten sie die Pandemie eine Zeit lang unterschätzt. Einige Werbeformate, um auf den Service aufmerksam zu machen, gingen dadurch verloren. „Leuten auf der Straße Flyer in die Hand zu drücken oder einfach anzusprechen ging nicht mehr“, sagt Linnéa. „Aber ‚No Risk, No Fun‘.“

Das umweltfreundliche Unternehmensmodell von Louisa, Aline und Linnéa hat ihrer Meinung nach Vorbildfunktion. Mit ihrem Tatendrang und der Idee, die sie vertreten, hoffen sie, auch weitere Personen zur Unternehmensgründung zu motiv.

Ein eingeschweißtes Team

Die drei sind ein eingeschweißtes Team, das auch an schlechten Tagen zusammenhält. „Wir als Team treiben uns an“, sagt Louisa. Sie versuchen aufeinander aufzupassen, sich gegenseitig anzuregen und auszutauschen. Gemeinsam mit viel Power, gegenseitigem Vertrauen und einer coolen Einstellung arbeiten sie bereits seit mehr als einem Jahr zusammen und finden: „Das ist alles super wichtig, um leistungsfähig zu sein.“

So wird geliefert: Unverpackt und in einer Mehrwegbox. Foto: Tante Emma unterwegs
So wird geliefert: unverpackt und in einer Mehrwegbox. Foto: Tante Emma unterwegs

Insbesondere, wenn dann Bestellungen eintreffen wie die, an die sich speziell Linnéa noch erinnern kann: „Es gab da eine Bestellung, die einfach nur aus viel Milchreis – also eigentlich Rundkornreis – bestand. Das waren, glaube ich, zehn Tüten Reis. Und das waren große Kilo-Säcke!“ Normalerweise werden eher vielfältigere Bestellungen aufgegeben, so wie es die Leute bei Wocheneinkäufen kaufen.


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