Konzertkritik

Sarah Connor: Es weihnachtet in der Mehrzweckhalle

Als Weihnachtsvorgeschmack beginnt Sarah Connor ihr Berliner Konzert mit einem Geschenk der Nähe und marschiert quer durch den Saal. So gab es Deutschlands größten Popstar quasi hautnah zum Anfassen. Hierbei überzeugt die Sängerin vor allem durch ihre sympathische Art. Wie der Auftritt, der für festliche Stimmung sorgen sollte, sonst so war, weiß unser Sarah-Connor-Experte Sebastian Scherer.

Sarah Connor ist bereit für Weihnachten. Foto: Promo

Bei Sarah Connor weihnachtet es auf Englisch

Es ist keine leichte Aufgabe, in die herzlose Mehrzweckhalle am Ostbahnhof vorweihnachtliche Gemütlichkeit zu bringen, zumal die Oberränge abgehängt, sonst aber alles voll ist. Und doch, kein gewöhnliches Sarah-Connor-Konzert sollte es sein, nein, süßer die Glocken nie klangen bei der 43-Jährigen: Es gibt das volle Festprogramm und diesmal fast nur auf Englisch (seit ihrer Neuerfindung vor einigen Jahren schreibt sie neue Sachen nur noch auf Deutsch).

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Präsentiert wird zwei Stunden lang ein Mix aus dem ersten Weihnachtsalbum von 2005 („Christmas in My Heart“) und dem vom vergangenen Jahr, „Not So Silent Night“, pünktlich 2023 in einer „Cozy Edition“ neu veröffentlicht. Dazu die englischsprachigen Klassiker von Bing Crosby bis Mariah Carey – eloquent vorgetragen, dank soulgeschulter Stimme und einem ehrlichen Interesse an Arrangements. Streicher hat sie mitgebracht, vier Backgroundstimmen, Teile ihrer eingespielten Band. Ob nach hinten raus rockig oder im Stile alter Meister: alles ist punktgenau.

Textunsicherheit bei Klassikern? Da kennt Connor sich aus

Auf riesigen Screens laufen weihnachtliche Videos, quasi festive Bildschirmschoner, oft aber auch Sarah Connor in Großaufnahme. Die Künstlerin stellt selbst fest, dass die Stimmung anders ist als sonst, Hits wie „Vincent“ und „Wie schön du bist“ klangen im Sommer an der Waldbühne aus weit mehr als zehntausend Kehlen, dem Englischen sind die Zusehenden nicht ganz so mächtig. Bei allem mit ein bisschen Tempo steht aber die Mehrheit der Zuschauer. Ein gutes Zeichen.

Connor selbst witzelt, dass das mit ihrer Textsicherheit auch nicht so weit her ist, eine Anspielung darauf, als sie vor vielen Weihnachtsfesten mal die Nationalhymne vergurkte. „Einmal die Nationalhymne verkackt und einmal bei ‘Wetten, dass’ die Unterwäsche weggelassen und ich steh’ hier oben.“ So eine launige Selbstironie goutiert das Publikum, als Connor dann abermals ins Volk absteigt und ihr Mikro bei einem Medley deutscher Weihnachtshits immer mal wieder Richtung einzelner Zusehender hält, zeigt sich: altes, deutsches Liedgut ist dann doch schlechter gelernt als aktuelle Pophits.

Sarah Connor zu Weihnachten: Ein bisschen Frieden, aber keine Politik

Die Berlinerin ist dabei so durchgängig charmant und nah an der Zielgruppe, nach einer schwungvolleren Nummer nimmt sie auch mal auf dem Hocker Platz, „ich hab hier schon Mal performt, als mein Jüngster acht Wochen alt war, ihr wisst, was das mit dem Beckenboden macht.“ Gelächter, das überwiegend weibliche Publikum ist nah dran an Connors Leiden.

Das Konzert bleibt seicht im besten Sinne, auch in Liedform verpackte Friedensappelle lässt sie für sich stehen, anders als bei ihren regulären Konzerten, wo sie durchaus politisch ist und Merch-Einnahmen an Kriegsopfer spendet. Keine großen Reden dazu dieses Mal, dafür gesungene Emotionen. Mal geht es auch um verlorene Menschen, deren Anruf man sich am 24. so sehnlichst wünscht, den man aber nicht bekommen wird. Mal um Weihnachten 2066, und wie das so aussieht (vielleicht regelt der Planet das mit der Klimakrise ja doch irgendwie noch). Dann aber doch wieder viel um Glückseligkeit.

Sarah Connor – Christmas In My Heart (Official Video)

Das ist auch in Ordnung. Selbst die Weihnachtslegenden von Carey bis Brenda Lee, von Michael Bublé bis Wham! haben nicht mit Gesellschaftskritik gepunktet, sondern mit dem Talent, der Weihnachtszeit einen Sound zu geben. Den Connor uneingeschränkt verinnerlicht hat.

Und sie bleibt eisern festlich, kein anderer Song ist auf der Setlist gelandet. Und irgendwie wirkt trotzdem alles recht modern, nichts ist überzuckert, anders als bei Careys Konzert hier vor ein paar Jahren, macht auch der Weihnachtsmann keinen Gastauftritt. Mit Stimme, Charme und eingängigen Popsongs hat sie ein sehenswertes Weihnachtskonzert gespielt. Das muss man auch erstmal schaffen.


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Sebastian Scherer wusste schon lange, warum es ganz gut ist, dass Sarah Connor Deutschlands erfolgreichste Popmusikerin ist. Immer gut über das Leben in Berlin informiert: Abonniert jetzt unseren wöchentlichen tipBerlin-Newsletter. Was ist noch los? Hier sind die besten Veranstaltungen heute in Berlin. Bisschen vorplanen: Alle Konzert-Tipps fürs Wochenende in Berlin findet ihr hier. Zelt einpacken und los: Die Infos zu Musikfestivals in Berlin und rund um die Stadt.

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