Interview

Kulturzentrum Peter Edel meldet sich zurück: Neue Sounds in Weißensee

Jan Kluger war lange Booker im legendären Magnet-Club, seit einiger Zeit ist er für das Programm im Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel mitverantwortlich (benannt nach dem Grafiker, Schriftsteller und KZ-Überlebenden Peter Edel). Die Institution in Weißensee blickt auf eine turbulente Vergangenheit zurück, lange befand sich das Haus in einem kümmerlichen Zustand. Nun meldet sich der frisch sanierte Ort mit spannenden Konzerten zurück, darunter von der Indie-Legende J Mascis (Dinosaur Jr.) und der großartigen Berliner Popsängerin Sofia Portanet. Wir sprachen mit Kluger über das Kulturzentrum Peter Edel, Weißensee und warum der Stadtteil nicht „jwd“ ist.

Das frisch sanierte Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel in Weißensee. Foto: Gina Walkowiak
Das frisch sanierte Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel in Weißensee. Foto: Gina Walkowiak

Jan Kluger: „Ich musste die traurigen Jahre des Verfalls miterleben“

tipBerlin Jan Kluger, wie bist du zum Kulturzentrum Peter Edel gekommen und was ist dort deine Funktion?

Jan Kluger 2012 habe ich nach elfjähriger Tätigkeit als Booker beim Magnet Club dem Veranstaltungszirkus den Rücken gekehrt. Dabei war mir stets klar: Sollte es im Peter Edel eines Tages wieder mit Veranstaltungen losgehen, würde ich die Rückkehr noch einmal wagen. Seit mittlerweile 25 Jahren wohne ich nur einen Steinwurf vom Objekt entfernt, musste die traurigen Jahre des Verfalls miterleben und bin nun seit März 2022 glücklich, für das Kommunale Bildungswerk e.V., den Träger des Bildungs- und Kulturzentrums Peter Edel, als Veranstaltungsmanager Kunden im Tagungsgeschäft zu betreuen und unseren wunderschön restaurierten Saal zurück auf die Kulturlandkarte Berlins führen zu dürfen.

tipBerlin Ihr habt eine lange Geschichte, die sehr wechselvoll ist. An welchem Punkt befindet sich das Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel gerade?

Jan Kluger Unsere Besucher erinnern uns täglich an die beeindruckende Geschichte des Kulturhauses, wenn sie ihre rührenden Erinnerungen mit uns teilen, welche sie mit diesem Ort verbinden. Währenddessen engagiert sich unser Team intensiv im Tagesgeschäft. Je nach Bereich lässt sich die aktuelle Phase am treffendsten mit Aufbruch, Orientierung, Wagnis, allmähliches Wachstum und Weiterentwicklung beschreiben.

Noch 2016 befand sich das Kulturzentrum Peter Edel in einem maroden Zustand. Foto: Archiv
Noch 2016 befand sich das Kulturzentrum Peter Edel in einem maroden Zustand. Foto: Archiv

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tipBerlin Was spricht für das Kulturzentrum Peter Edel? Auf den ersten Blick ist es ja für Leute aus Kreuzberg, Neukölln oder Friedrichshain erst einmal richtig weit weg.

Jan Kluger Richtig weit weg? In 15 Minuten mit den Öffentlichen zum Alex, in 30 zur Warschauer, das ist jetzt nicht „jwd“. Wir sind überzeugt: Dieser Irrglaube wird mit den richtigen Themen und den positiven Erfahrungen unserer Besucher zusehends verschwinden. Zudem fühlen wir uns in besonderem Maße verpflichtet, ansprechende Angebote für die Menschen aller Altersklassen in der direkten Umgebung zu schaffen. Und was fürs Peter Edel spricht: unsere Begeisterung, etwas Dauerhaftes und Einzigartiges aufzubauen, sei es im Bereich Fortbildungen und Konferenzen oder als wiederbelebtes Kulturzentrum. Dabei profitieren nicht nur wir als Team, sondern auch Dozenten, Veranstalter, Akteure und vor allem unsere Gäste von den idealen Bedingungen, welche das KBW e.V. geschaffen hat.

Jan Kluger: „Weißensee verträgt noch mehr Kulturleben“

tipBerlin Weißensee ist kein Bezirk, der für ein reges Kulturleben bekannt ist, so zumindest die Annahme für Außenstehende. Tut man euch da unrecht?

Jan Kluger Ganz unrecht tut man uns sicher nicht. Pankow, insbesondere Weißensee, verträgt noch mehr Kulturleben. Im Peter Edel nehmen wir diese Aufgabe voller Elan an. Wobei man jedoch nicht außer Acht lassen darf: Die Freilichtbühne Weißensee, das Theater im Delphi und die Brotfabrik sind längst feste Größen im Berliner Kulturkalender – mit herausragenden Programmen.

Neben Lesungen, Chorabenden und Tangofestivals kommen nun Rock- und Popkonzerte hinzu. Foto: Christoph Voy
Neben Lesungen, Chorabenden und Tangofestivals kommen nun Rock- und Popkonzerte hinzu. Foto: Christoph Voy

tipBerlin Wie gestaltet sich euer „normales“ Programm? Es scheint, dass die Aufarbeitung der DDR bzw. ein Fokus auf in der DDR sozialisierte Künstler und allgemein Kulturschaffende, Politiker usw. nicht unwichtig ist.

Jan Kluger Die Themen, welche diesen Eindruck erwecken, werden in der Regel von Menschen an uns herangetragen, die der Geschichte und der Tradition des Hauses und des Stadtteils im ehemaligen Osten stark verbunden sind. Unser Fokus liegt nicht explizit auf der Aufarbeitung von DDR-Geschichte oder Politik im Allgemeinen. Jedoch funktionieren diese Themen momentan, das Interesse ist da. Auf die Frage, wie sich unser „normales“ Programm gestaltet: Das reicht vom Seniorentanz über Kinderprogramme, Lesungen und Live-Podcasts, Klassik- und Chorabende, bis hin zu Afterwork-Partys, Tangofestivals und populären Inhalten, wie zuletzt Konzerte mit Lewin Liam, Mola und der großartigen Thelma Malar.

Jan Kluger: „Wir befinden uns am Anfang unserer Entwicklung“

tipBerlin Aktuell stellt Ihr Euch gerade neu auf, Konzerte von dem Indie-Urgestein J Mascis und der Berliner Popmusikerin Sofia Portanet dürften ein ganz neues Publikum anziehen. Ist das die Idee des zukünftigen Programms?

Jan Kluger Wir befinden uns am Anfang unserer Entwicklung. Mir war von Beginn an meiner Tätigkeit im Peter Edel klar, dass ein riesiges Potenzial für das Haus in der zukünftig engen Zusammenarbeit mit örtlichen Veranstaltern liegt. Dass es seine Zeit braucht, um Kontinuität herzustellen, hat vor allem technische Gründe. Aber dort sind wir auf einem exzellenten Weg. Dass wir jetzt schon solchen Vertrauensvorschuss bekommen und bekommen haben, liegt an den tollen Menschen bei z.B. Landstreicher Konzerte, Loft Concerts, Goodlive Artists, Greyzone Concerts und wohl auch an unserem schönen Saal.

Der große Saal im Kulturzentrum Peter Edel in Weißensee. Foto: Natalja Kasemir
Der große Saal im Kulturzentrum Peter Edel in Weißensee. Foto: Natalja Kasemir

tipBerlin Was sind die Highlights des Jahres im Kulturzentrum Peter Edel, darf man schon etwas verraten?

Jan Kluger Worüber ich mich persönlich sehr freue, ist der erste Swing Ball im April und das erste Jazz-Konzert, von hoffentlich vielen, im Juni. Außerdem werden wir im Sommer Gastgeber eines Kurzfilmfestivals und einer Gaming-Convention sein. Alles andere ist natürlich noch streng geheim, es lohnt sich also jederzeit ein Blick auf die Webseite.

  • Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel Berliner Allee 125, Weißensee, weitere Informationen online

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