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Wohnpsychologie: Die Kunst des glücklichen Wohnens

Wie wirken Räume auf uns und wie verändern wir sie so, damit wir uns wohlfühlen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Wohnpsychologie. Dieser Teilbereich der Architekturpsychologie beleuchtet auf wissenschaftlic-fundierter Basis die Wechselwirkung zwischen Mensch und Wohnraum.

Wir haben die Wohnpsychologin Barbara Perfahl gefragt, wie wir glücklicher wohnen.

Ob Designermöbel oder Minimalismus – schicke Wohntrends sind eine gute Inspiration, wenn man seine eigenen Bedürfnisse kennt. Foto: Imago/Addictive Stock
Ob Designermöbel oder Minimalismus – schicke Wohntrends sind eine gute Inspiration, wenn man seine eigenen Bedürfnisse kennt. Foto: Imago/Addictive Stock

tipBerlin Frau Perfahl, mit welchen Wohnproblemen kommen die Menschen zu Ihnen?

Barbara Perfahl Die Anfragen sind oft diffus, so wie: „Wir kriegen es nicht gemütlich und haben schon alles ausprobiert“. Das Spannende ist, dass viele Leute nach ihrem Ideal einrichten und nicht nach ihren Bedürfnissen. Sie haben eine Vorstellung davon, wie schönes Wohnen aussieht. Diese Vorstellung ist aber oftmals durch die eigenen Wohnerfahrungen gebildet. Nach dem Motto: Früher habe ich so gewohnt, jetzt möchte ich ganz was anderes. Aber auch von dem, was um uns herum passiert. Wohnen ist ja eine Riesenindustrie. Da wird man überschwemmt von schönen Bildern und da picken sich die Leute Dinge raus. Aber die Wohnbedürfnisse sind oft ganz anders und die meisten Leute kennen diese nicht.

tipBerlin Wie kann ich meine Wohnbedürfnisse herausfinden?

Barbara Perfahl Das ist relativ einfach, indem man erst mal über sie nachdenkt. Dazu gehören Sicherheit, Rückzug, Erholung, Kommunikation, Geselligkeit oder Repräsentativität der Räume. Was ist mir wichtig? Also in meinen Vorträgen frage ich zum Beispiel: „Wie geht’s Ihnen, wenn Sie abends im Wohnzimmer sitzen und die Terrassentür hat keine Vorhänge? Draußen ist es schwarz, drinnen ist es hell. Können Sie da ruhig sitzen?“ So kann man das eigene Sicherheitsbedürfnis erkennen. Es lohnt sich auch, Dinge auszuprobieren. Ich hatte Kunden, die meinten, dass sie kein Problem mit offenen Fenstern hätten. Wenn die aber mal die Aufgabe kriegen, eine Woche lang jeden Abend die Vorhänge zuzuziehen, stellen manche fest: Wow, erst jetzt bin ich wirklich entspannt! Also man hat oftmals eine Vorstellung von sich, die nicht der Realität entspricht.

Wohnpsychologie kann auch bei Konflikten zuhause helfen

tipBerlin Können Räume auch Konflikte zum Beispiel in Partnerschaften hervorrufen und man merkt das gar nicht?

Barbara Perfahl Absolut! Dann, wenn sie nicht den Bedürfniskonstellationen von beiden entsprechen, also einer zu kurz kommt. Paare streiten oft übers Einrichten in einer Vehemenz, die einen erstaunt. Dabei kämpfen beide eigentlich darum, dass ihre Grundbedürfnisse erfüllt werden, das ist ihnen aber oft nicht bewusst. 

tipBerlin Haben Sie ein Beispiel?

Barbara Perfahl Ein Klassiker ist die Wohndeko. Der eine dekoriert und irgendwann ist die ganze Wohnung voll. Wenn der Partner da genervt reagiert, liegt das oft nicht daran, dass ihm die Deko nicht gefällt, sondern dass sie womöglich als territoriale Markierung wahrgenommen wird. Territoriales Verhalten ist biologisch in uns angelegt und wir brauchen einen Raum, wo wir die Kontrolle haben. Wenn dieser schwindet, führt das innerlich zu Widerstand. In so einem Fall kann jede zusätzliche Kerze eine Provokation sein. Solange beiden nicht klar ist, was wirklich dahintersteckt, werden sie ewig darüber streiten. 

tipBerlin Wie lässt sich die Situation lösen, wenn man erkannt hat, was dahinter liegt?

Barbara Perfahl Grundsätzlich kann man sagen, dass jeder am besten seinen eigenen Raum haben sollte. Ist das nicht möglich, dann zumindest einen eigenen Bereich in der Wohnung. Das kann eine Leseecke sein, in der man eine bestimmte Zeit nur mit sich ist. Und die wird vom anderen auch nicht selbständig umgestaltet. Sind die jeweiligen Bedürfnisse klar, kann man festlegen, wie diese in der Wohnung ausgelebt werden können. Dann kann man sich auch einigen, wenn der eine gerne ständig verändert und der andere die Stabilität braucht. Es fällt leichter zu verzichten und zu tolerieren, wenn man sich vom anderen mit seinen Bedürfnissen auch gesehen fühlt.

Die Österreicherin Barbara Perfahl berät zu verschiedenen Aspekten der Wohnpsychologie auf ihrem Blog, in Büchern oder in Online-Seminaren. Foto: Wolfgang Lehner
Die Österreicherin Barbara Perfahl berät zu verschiedenen Aspekten der Wohnpsychologie auf ihrem Blog, in Büchern oder in Online-Seminaren. Foto: Wolfgang Lehner

tipBerlin Momentan sind unsere Wohnungen zusätzlich Büros und Klassenzimmer. Wie bekommt man das am besten zusammen?

Barbara Perfahl Da hilft es, die Räume flexibel zu halten. Also diese durch Möbelrücken aufzuteilen. Zudem lassen sich Rückzugsmöglichkeiten räumlich, aber auch zeitlich gestalten. Man kann vereinbaren, dass man einen Raum – oder, falls es eine kleine Wohnung ist, diese für eine gewisse Zeit am Tag dem Partner oder den Kindern überlässt und solange zum Beispiel einen ausgiebigen Spaziergang macht.

tipBerlin Und was macht es mit uns, wenn das Arbeitsleben zuhause stattfindet?

Barbara Perfahl Die Außenwelt kommt stärker in den privaten Raum und damit blicken auch plötzlich alle möglichen Menschen in unsere Wohnungen. Dabei brauchen wir die Grenze zwischen privat und draußen. Unsere Wohnung ist der einzige Ort auf der Welt, wo wir keine Rolle spielen und ganz wir selbst sein können. Das Zuhause hat eine Regenerationsfunktion und diese wird durch das Homeoffice gestört.

tipBerlin Haben Sie einen Tipp, wie man sich den Erholungsraum wieder zurückerobert?

Barbara Perfahl Es ist wichtig, die Arbeitsphasen im Home-Office sehr ritualisiert zu machen. Also an einen Platz zu knüpfen. Und wenn ich fertig bin, packe ich alles zusammen und lege es in einen Schrank. Danach gehe ich zum Beispiel nach draußen, damit ich umschalten kann. Das verlangt auch Disziplin, aber es lohnt sich.

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