Bahnhöfe

Berlins Hauptbahnhof in 12 Fotos: Vom Spatenstich zur Europacity

An die Bilder vom Hauptbahnhof werden sich einige noch erinnern: freiliegende Rohre und Stahlgerüste, rohe brutalistische Klötze, ausgepumpte Baugruben und riesige Baukräne, die von Berlins auf- und untergehender Sonne erleuchtet werden, zierten jahrelang das Areal des heutigen Hauptbahnhofs. So jedenfalls die romantisch-positive Perspektive auf Baustellen und ihre Ästhetik.

Stadtromantik, Baukräne am Hauptbahnhof 2005. Foto: Imago/PEMAX

Berlins Hauptbahnhof ist eine dieser nie zu enden scheinenden Baustellen-Geschichten. 2006 eröffnete der Hauptbahnhof als eines der größten Stadtprojekte der Nachwendezeit mit vierjähriger Verspätung auf dem Areal des ehemaligen Lehrter Bahnhofs. Seither wird weiter gebaut, schließlich soll das angrenzende Niemandsland städtebaulich erschlossen werden und sich im Zuge zahlreicher Bauprojekte in die attraktive Europacity verwandeln. Wir nehmen euch mit auf eine Zeitreise von ehemaligen Bahnhöfen über karge Sandwüsten zu städtebaulichen Großprojekten: Berlin Hauptbahnhof in 12 Fotos.


Die historischen Bahnhöfe Berlins

Ehemalige Lokomotive am damaligen Berliner Hauptbahnhof während der letzten DDR-Jahre (heute Ostbahnhof). Foto: Imago/Marius Schwarz

Den ehemaligen Lehrter Bahnhof, auf dem Areal des heutigen Hauptbahnhofs gelegen, gab es im Doppelpack. Zunächst verband der im Stil des Neorenaissance erbaute Lehrter Bahnhof (1868-1951) Berlin über die niedersächsische Stadt Lehrte mit Hannover.

1882 kam in unmittelbarer Nähe der Lehrter Stadtbahnhof für den Personennahverkehr hinzu. 1987 zelebrierte die Stadt Berlin ihr 750-jähriges Bestehen. In diesem Zusammenhang wurde der denkmalgeschützte Lehrter Stadtbahnhof für zehn Millionen Mark saniert, bevor er 2002 dem heutigen Hauptbahnhof weichen musste und somit abgerissen wurde.

Die Rolle des Hauptbahnhofes hatte zwischendurch ein anderer inne: Der Ostbahnhof wurde fünf Mal umbenannt – und war von 1987 bis 1998 eben die zentrale Station.


Berlin Hauptbahnhof als Sandwüste

Baustellen-Sandwüste am Hauptbahnhof um 2000. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Der Bau des Hauptbahnhofs und seiner Anschlussbauten erfolgte in verschiedenen Bauetappen von 1995 bis 2006. 2000 ähnelt das Areal, auf dem sechs Jahre später der moderne Glas-Stahl-Bahnhof des Architekten Meinhard von Gerkan steht, noch einer kargen Sandwüste. Im Hintergrund ragen jedoch die ersten Baukräne gen Berliner Himmel.


Abriss des Lehrter Bahnhofs

Der Abriss des Lehrter Stadtbahnhofs 2002. Foto; Imago/photothek

Der historische Lehrter Stadtbahnhof wurde 1987 zwar für die Feierlichkeiten der 750-Jahresfeier Berlins rekonstruiert und saniert, im Zusammenhang mit dem Mauerfall und dem Neubau des Hauptbahnhofs als umfangreiches Bahn-Gesamtkonzept für ein wiedervereinigtes Berlin und Deutschland kam es 15 Jahre später schließlich zum Abriss des Lehrter Stadtbahnhofs. Hinter dem Abrissszenario des historischen S-Bahnhofs erhebt sich im Bild bereits fragmentarisch die neue gläserne Dachkulisse seines modernen Bahnhofsnachfahren.


Die Fundamentlegung

Die Beton-Baugrube des Hauptbahnhofs 2004. Foto: Imago/Uwe Steinert

2004 wurde die riesige Baugrube ausgepumpt und frischer Beton ausgebracht. Die ersten stützenden Pfeiler des Stahlbetonfundaments sind auf dem Bild bereits errichtet worden.


Mehr Sand am Hauptbahnhof

Skulptur des Sandsation-Festivals 2005 vor der Baustelle des Berliner Hauptbahnhofs. Foto: Imago/nordpool/Kahler.

Die vollständige Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofs war ursprünglich für 2002 geplant – sie wurde um vier Jahre verschoben. Besuchte man die Baustelle des Hauptbahnhofs 2005, fielen bergeweise Baustellensand jedoch kaum auf, da künstlerische Sandskulpturen des internationalen Sandsation-Festivals das Areal schmückten.


Baustellen-Sightseeing

Die Stadtführung zu Wasser mit Aussicht auf die Baustelle des Hauptbahnhofs. Foto: Imago/PEMAX

2005 schippert Kapitän Eddy mit seinen braungebrannten Dampfer-Gästen die Spree entlang. Das Berliner Panorama, das sich Tourist:innen von der Spree darbot, war für viele Jahre vom großen Neubauprojekt des Berliner Hauptbahnhofs geprägt – eine Aussicht auf sichtbare Stahlkonstruktionen und Baukräne.


Fertigstellung der Bügelbauten

Schaulustige Spaziergänger*innen bei der Betrachtung des Kippvorgangs der Bügelelemente am Hauptbahnhof. Foto: Imago Images/Steinach

Welch Event für Schaulustige. Die beiden sogenannten Bügelbauten, die die verglaste Halle des Hauptbahnhofs der Breite nach brückenartig kreuzen, werden an einem heißen Sommertag 2005 mit Kränen über den Glasbau gekippt.


Kurz vor der Eröffnung

Zwei Bauarbeiter vor den geschlossenen und noch nackten Pforten eines Geschäfts am Hauptbahnhof. Foto: Imago Images/Lars Reimann

Wenige Wochen vor der Eröffnung des Hauptbahnhofs erfolgte der letzte Feinschliff. Der Einzelhandel, der sich auf drei Zwischenebenen von insgesamt fünf Bahnhofsetagen befindet, ist fast bezugsbereit. Rund 80 Geschäfte befinden sich heute im Berliner Hauptbahnhof, um Reisenden das Warten zu erleichtern. Praktisch: Im Hauptbahnhof ist natürlich auch ein sonntags geöffneter Supermarkt.


Die Eröffnung des Hauptbahnhofs

Die große Eröffnungsfeier des neuen Hauptbahnhofs, der sich am 26. Mai 2006 von Feuerwerken und Lichtshows eingeweiht an der Spree erhebt. Foto: Imago/Steinach.

Bundeskanzlerin Angela Merkel reiste am 26. Mai 2006, dem Eröffnungsdatum des Hauptbahnhofs, mit dem ersten Zug aus Leipzig an. Zahlreiche Konzerte, Lichtshows und Feuerwerke weihen den neuen Hauptbahnhof feierlich ein. Trotz Pannen, Kritik und Kontroversen strömten während der ersten Tage bereits Millionen Menschen zum Hauptbahnhof.


Sturmfest ist anders

Reparaturarbeiten an der vom Sturm Kyrill beschädigten Fassade des Berliner Hauptbahnhofs. Foto: Imago/Friedel

Auch nach der Eröffnung des Hauptbahnhofs ist die Baugeschichte nicht abgeschlossen, 2007 ließ der Sturm Kyrill einen Zwei-Tonnen-Stahlträger von der Außenfassade krachen, der „Pannenbahnhof“ wurde beschimpft, schließlich beruhigten sich die Gemüter.

Neben Streits um die Dachlänge, Debatten um den Namen und Aufruhr wegen Stahlträgern, die dem Wetter nicht gewachsen seien, galt ein besonders starker Kritikpunkt dem Niemandsland, in dem der Hauptbahnhof lag. In diesem Zuge wurde das seit 2011 an der Heidestraße stattfindende Deutsch-Amerikanische Volksfest für die Konzeption und die Baumaßnahmen des Heide-Quartiers verdrängt. Das Niemandsland, jahrelang im Schatten der Mauer gelegen, soll sich als Europacity zum attraktiven Zukunftsgebiet der Stadt entwickeln.


Anbindung an S- und U-Bahn an den Hauptbahnhof: Mehr Baustellen

Neben dem Anschluss der U55 an die U5 soll eine weitere S-Bahnstrecke den Hauptbahnhof in Zukunft besser an den Rest der Stadt anbinden. Foto: Imago/Hohlfeld

2009 eröffnete die U55, die zunächst drei geisterhafte Stationen entlangzuckelte, darunter der Hauptbahnhof. Im Dezember 2020 wurde die Teilstrecke der U55 an die U-Bahnlinie 5 angeschlossen, die nun vom Hauptbahnhof bis Hönow führt und den Hauptbahnhof dadurch etwas mehr ins städtische U-Bahnnetz befördert. Zur besseren Anbindung des Hauptbahnhofs, soll eine weitere Nord-Süd-Strecke der S-Bahn bis 2026 fertiggestellt werden (S21).


Noch mehr Baustellen am Hauptbahnhof: Hallo Europacity

In der Fassade des "Cube" spiegelt sich der Hauptbahnhof – für tolle Fotos ist die Fassade gut geeignet, rundherum entsteht ein neues Stadtquartier. Foto: Imago/Steinach
In der Fassade des „Cube“ spiegelt sich der Hauptbahnhof – für tolle Fotos ist die Fassade gut geeignet, rundherum entsteht ein neues Stadtquartier. Foto: Imago/Steinach

Der Hauptbahnhof wurde zwar fertiggestellt, er liegt nun jedoch mitten in einer neuen Dauerbaustelle, die sich Europacity nennt und die ganze Gegend eigentlich attraktiver machen soll. Das riesige städtebauliche Entwicklungsgebiet der Europacity, auch „Entwicklungsgebiet Heidestraße“ genannt, erstreckt sich seit 2009 auf einer Fläche von 40 Hektar überwiegend auf der nördlichen Seite des Hauptbahnhofs – mit dem Ziel, das als Niemandsland verschriene Areal positiv umzugestalten.

Die Europacity-Mixtur aus Wohn-, Gewerbe- und Bürogebäuden richtet den Fokus eher auf Gewerbe- und Bürovermietung. Einige Projekte, darunter der Luxusbürowürfel „Cube“ am Europaplatz sowie Hotels und schlichte Wohnbauten, sind bereits fertig. Vieles befindet sich aber nach wie vor in Planung – und noch scheint das Jemand-Land für einige wenige nach wie vor ein Niemandsland für die meisten Berliner:innen zu sein.


Mehr zum Thema

Mehr Wissenswertes zum Berliner Hauptbahnhof erfahrt ihr hier. Zuvor stand an gleicher Stelle der Lehrter Bahnhof. Weitere historische Haltestellen sind aus dem Stadtbild verschwunden: 12 verschwundene Bahnhöfe in Berlin. Berlins U-Bahnhöfe sind nicht nur alltägliche Umsteigeorte, sondern manchmal auch architektonische Meisterwerke: Die schönsten U-Bahnhöfe in Berlin stellen wir hier vor. Bleibt auf dem Laufenden mit einem Blick in unsere Nahverkehrs-Rubrik.

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