• Stadtleben
  • Betriebseinstellung von Robben & Wientjes: Die Robben tauchen heimlich ab

Berlin verstehen

Betriebseinstellung von Robben & Wientjes: Die Robben tauchen heimlich ab

Zur ultimativen Berlin-Erfahrung gehörte früher (ja, da war alles besser) mindestens ein Besuch bei Robben & Wientjes. Dem kultigen Autoverleiher, bei dem sich seit der Gründung in den späten 1970er-Jahren nicht viel getan hatte. Geduldig pflegte man dort die alten Sitten. Es wurde analog geplant, mit riesigen Kalendern, die voller Ecken und Kanten waren. So wie die Mitarbeiter:innen, die auf Berliner Weise übel gelaunt 24/7 quarzten. Und wenn sie keine Fluppe im Mund hatten, dann gossen sie Filterkaffee auf, der schon frisch aufgebrüht abgestanden aussah. Das alles ist nun Geschichte.

Für Umzüge, Demos oder Sportveranstaltungen wurden die Pritschen und Kastenwagen von Robben & Wientjes gerne von den Berliner:innen gemietet. Nun wurde der Betrieb eingestellt. Foto: Imago/Kathrin Schubert

Mehr als eine Plattitüde ist das Aus von Robben & Wientjes den neuen Inhabern nicht wert

Die Übernahme durch Buchbinder im Jahr 2017 war der Anfang vom Ende. Auf einmal sollte man online buchen. Die abgenudelten Pritschen und Kastenwagen bekamen ein Facelift, das zum neuen, geleckten Berlin passt, aber nicht zu den Berliner:innen, die doch Jahrzehnte treue Kund:innen waren. Zuletzt versuchte man ins Campinggeschäft ein zusteigen. Scheinbar ohne Erfolg.

Die Grundstücke, einst Landmarken im Berliner Stadtbild, sind nach und nach an Immobilieninvestoren verkauft worden. Als dann immer weniger Laster mit dem ikonischen Robben-Logo durch die Straßen der Hauptstadt donnerten, Autospuren, Fahrradwege und Bürgersteige blockierten oder sich vor den Recyclinghöfen stauten, konnte man bereits erahnen, dass es mit dem Unternehmen bald zu Ende gehen würde.

Im August 2023 wurde offiziell bekannt, dass Robben & Wientjes Geschichte ist. Ein läppischer Dank für die Kundentreue. Mehr als eine Plattitüde ist es dem Unternehmen Europcar, das 2019 wiederum Buchbinder schluckte, nicht wert, eine Kultmarke zu verabschieden, mit der fast alle Berliner:innen – zumindest all jene, die mehr als einige Jahre in der Stadt leben – eine Erinnerung verbinden.

2,50 Euro pro Stunde – mit dem Preis lockte das Unternehmen. Am Ende zahlte man immer mehr. Die Leihe blieb dennoch erschwinglich. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Irgendeine Geschichte über Robben & Wientjes hat jeder in Berlin

Wohl jeder erinnert sich an Geschichten und Anekdoten über Robben & Wientjes, die im Freundes- und Bekanntenkreis gerne geteilt wurden. Von spontanen Umzügen, zu denen man völlig verkatert früh am Morgen bestellt wurde, weil die Umzugsplanung mangelhaft war. Von Robben, die noch in der Ausfahrt abgesoffen sind, weil die Vormieter besonders schlaue Füchse waren und nur minimal getankt hatten. Eine Überprüfung seitens der Mitarbeiter fand nur selten statt. Hauptsache, man konnte eine Quittung einreichen. Als wären die Dinger nicht eh schon günstig genug gewesen.

Öfters bekam man Karren mit Kofferräumen zugewiesen, die zwar leergeräumt waren, aber noch immer einen mehr als eigenartigen Geruch verströmten. Man wollte sich lieber nicht ausmalen, was hier transportiert worden ist. Fast immer gehörten ausgeleierte Kupplungen, rumpelnde Bierflaschen und liegengebliebene Snacks dazu, die mitunter sogar essbar erschienen, ging man denn das Risiko ein, diese zu probieren.

Das alles ist nun Geschichte. Die Erinnerungen werden verblassen. Die Robben tauchen nun endgültig ab. Schade.


Mehr zum Thema

Robben & Wientjes ist Geschichte – so wie diese Berliner Marken, die es nicht mehr gibt. Im Osten der Stadt war früher fast nur ein Auto unterwegs: der Trabant – eine Hommage an das Kultauto. Auch weg: Diese berühmten Berliner Gebäude sind verschwunden. Noch da – aber wie lange? Diese Dinge sind fast aus Berlin verschwunden. Wer Lust auf einen Ausflug fernab der Radwege und BVG hat, muss nicht unbedingt ein eigenes Auto haben. Carsharing in Berlin ist dank mehrere Anbieter kinderleicht.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin