Wenn einem noch die letzte Szene aus Andreas Horvaths „Helmut Berger, Actor“ von 2015 präsent ist, dann wirkt Valesca Peters‘ Annäherung an den vergangenen Star wie ein probates Gegenmittel. Bei Horvath sah man Berger lange Minuten beim Onanieren zu, bis das aus dem Lot geratene Experiment schließlich sein rechtmäßiges Ende fand. Für John Waters war das der Film des Jahres. Für Berger-Fans ein harter Schlag.
Ob Peters‘ Mutter Bettina Vorndamme das Werk gesehen hat, bevor sie zum Hörer griff, um bei Helmut Berger in Salzburg anzurufen? Vielleicht nicht. Aber sie kannte die Auftritte aus dem Dschungelcamp; und auch das, wofür Berger einst berühmt geworden war – abgründige Paraderollen im Spätwerk Luchino Viscontis. Vorndamme findet: „Das muss gerichtet werden.“ Sprich: Berger gepäppelt, fit gemacht – „Sonst schafft der das nicht.“ Sie holt ihn auf ihren niedersächsischen Hof. Zwischen Pferden, selbstgebackenem Kuchen und familiärer Ordnung soll der Österreicher Kraft schöpfen. Möglicherweise bekommt er sich und seine Karriere dann noch einmal unter Kontrolle.
Regisseurin Peters inszeniert sich in ihrem Debüt „Helmut Berger, meine Mutter und ich“ im Gefüge zunächst als den skeptischen Part. Die Idee ihrer Mutter wäre ja schön und gut, aber widerspricht es nicht dem Ethos des Dokumentaristen, das beobachtete Subjekt aus seinem eigentlichen Zusammenhang zu reißen? Gleichzeitig ist nun einmal genau das der Gedanke, der hinter diesem Film steckt: der naive, aber auch sehr hoffnungsvolle Glaube, dass sich alleinig die gegenwärtigen Umstände für das Leid eines Menschen verantwortlich zeichnen. Im Umkehrschluss also: Gelänge es, jene Umstände ins Positive zu verkehren, könnte jemand, der unglücklich ist, glücklich werden. Dass Vorndammes und Peters‘ Experiment (denn zum Experimentieren eignet sich Helmut Berger nach wie vor) zunächst als Erfolg anmutet, stimmt zuversichtlich.
Helmut Berger, meine Mutter und ich D 2019, 92 Min., R: Valesca Peters, Start: 7.3.