Regisseur Alex Garland sagt den USA einen brutalen Bürgerkrieg voraus und bleibt damit ganz in seinem Katastrophen-Genre. tipBerlin-Kritikerin Alexandra Seitz hat sich von der Dystopie in „Civil War“, die in gar nicht so ferner Zukunft wütet, in den Bann ziehen lassen, und findet: Kirsten Dunst trägt meisterlich die Handlung des Films, der sich sogar mit dem Antikriegs-Klassiker „Apocalypse Now“ messen kann.
„Civil War“: Im Interview mit dem Präsidenten sitzt der Finger am Abzug locker
Unterwegs sind sie im Bürgerkriegsgebiet, um den Präsidenten zu interviewen. Obwohl der für sein angespanntes Verhältnis zur („Lügen“-)Presse bekannt ist, und der Finger am Abzug allgemein locker sitzt. Aber als Kriegsberichterstatter:in, -fotograf:in geht ohne Risikobereitschaft gar nichts, also hinein ins schwere Vehikel mit der Aufschrift „Press“, und die Hoffnung stirbt zuletzt. Unterwegs sind Lee und Joel, ein blind aufeinander eingespieltes Team – Lee (Kirsten Dunst) ist auf eine Weise abgebrüht, die ins Ausgebranntsein umzuschlagen droht, Joel (Wagner Moura) hat immer einen Joint in der Hand oder ein Glas oder beides.
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Dazu Sammy (Stephen Henderson), der alte verdiente Printjournalist, der zwar nicht mehr richtig laufen kann, aber auch nicht aufhören. Und dann noch Jessie (Cailee Spaeny), das Nachwuchstalent, die irgendwann den Satz zum Besten gibt, dass sie noch nie so viel Angst und sich noch nie so lebendig gefühlt hat(te). Au!, schreit es in einem, während das Klischee schrill quietscht und seine unzweifelhafte Wahrheit behauptet; denn wo ist man schon so lebendig wie im Angesicht des Todes?
Das unheimliche Studio A24 hat mit Alex Garlands „Civil War“ einen Film produziert, der sein Publikum in jeder Beziehung angreift, anstatt es brav zu unterhalten. Ja, der sogar von Unterhaltung recht wenig zu halten scheint, umso mehr dafür von (Ver-)Störung. Der Bürgerkrieg, der dieser nach eigenem Drehbuch entstandenen, aus naher Zukunftsperspektive geschriebenen bitteren Gegenwartskritik den Titel gibt, tobt in den USA. Und der erste Schock ist, dass das – die Bilder des Sturms aufs Kapitol im Kopf und die Wahl im November vor Augen – gar nicht so schwer vorstellbar ist.
„Civil War“ zeigt den Preis, der für die Bürgerkriegsgewalt zu zahlen ist
Um die politischen Gründe für die Schlachterei wird im Weiteren nicht viel Gewese gemacht, vielmehr aber um den Preis, der dafür zu zahlen und in allen Medien unablässig für alle ersichtlich ist – dann frieren die Bilder auf der Leinwand in fotografischer Einzelbildschaltung ein und man schaut im Kino in die Zeitung von Heute. Wenn sie sich dann wieder in Bewegung setzen, die Bilder, zeigen sie die Praxis eines Berufsstandes, der die Verantwortung für die Dokumentation der Verbrechen des Krieges übernommen hat.
Schwer lastet diese auf den Schultern, und Kirsten Dunst als Lee versteht es meisterlich, ganz unauffällig, still und leise unter ihr zusammenzubrechen. Sie ist eine Wiedergängerin von Captain Willard; denn nicht nur in der Auswahl der Musikstücke, die immer mal wieder in den Handlungsverlauf hineingrätschen, erinnert „Civil War“ an Francis Ford Coppolas Ode an den kriegerischen Wahn „Apocalypse Now“ (1979) – und vertut sich dabei nicht in der Liga.
- Civil War Großbritannien/USA 2024; 109 Min.; R: Alex Garland; D: Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny; Kinostart: 18.4.
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