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„Die Missetäter“: Was tun gegen den inneren Bankangestellten?

„Die Missetäter“ geht seltsame Wege zum Glück. Der argentinische Thriller handelt von einem Bankangestellten, dessen kriminelle Pläne nicht aufgehen. Regisseur Rodrigo Moreno hat ein labyrinthisches Vexierspiel voller Abschweifungen und überraschender Wendungen geschaffen. tipBerlin-Kritiker Frank Arnold hat den Film gesehen.

„Die Missetäter“ von Rodrigo Moreno mit Daniel Eliás und Margarita Molfino. Foto: Mubi

„Die Missetäter“ nimmt Bezug auf argentinischen Film Noir

Es klingt nach einem wohlkalkulierten Plan: statt noch weitere Jahrzehnte für karges Gehalt als Bankangestellter zu schuften, wird sich Moran das Geld auf einen Schlag beschaffen. Er wird es unterschlagen, dafür einige Jahre absitzen, und danach mit der sorgsam versteckten Beute ein unbeschwertes Leben führen. Aber wie das mit perfekten Plänen so ist: es kommt alles ganz anders…

Ausgangspunkt des argentinischen Films „Die Missetäter“ ist ein Film aus demselben Land, gedreht 1948. „Apenas un delincuente“ steht am Beginn des argentinischen Film Noir, einer Filmgattung, die in der Nachkriegszeit nicht nur in den USA blühte. „Kaum ein Krimineller“ sei José Moreno, der Protagonist dieser Geschichte, gewesen, das sagt ein Polizist am Ende über den jungen Bankangestellten, der dem „Dämon Geld“ (so der deutsche Kinotitel 1950) verfiel und bei seinem scheinbar genau kalkulierten Plan allerdings nicht bedacht hatte, dass auch andere auf dieses Geld scharf sein könnten.

Was seinerzeit eine gradlinige Erzählung war, transformiert Regisseur Rodrigo Moreno (für sein Langfilmdebüt „El Custodio – Der Leibwächter“ 2007 bei der Berlinale preisgekrönt) nun in ein labyrinthisches Vexierspiel voller Abschweifungen und überraschender Wendungen. Dafür nimmt er sich 189 Minuten Zeit. Wo der Protagonist einst in die Zwickmühle zwischen Polizei und organisiertem Gangstertum geriet, da sind es hier eher sanfte Verführungen, die seine Pläne ins Wanken bringen.

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Verdopplungen, Wiederholungen und Variationen fürs aufgeschlossene Publikum

Dass Freiheit etwas anderes sein könnte als ein Haufen Geld, dämmert Moran und seinem Kollegen und Komplizen Roman (der für ihn das Geld in seinem Versteck bewachte), je mehr der Film fortschreitet. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Begegnung mit dem Freundestrio Morna, Norma und Ramon. Drei Namen als Palindrome, das Spiegelbild Moran/Roman tut ein Übriges, den Zuschauer auf Verdopplungen, Wiederholungen und Variationen aufmerksam zu machen.

Damit gewinnt der Film auch die Zuschauer für sich – zumindest die, die aufgeschlossen sind für Abschweifungen und keine gradlinige Kriminalgeschichte erwarten. Eher darf man sich an den vierzehnstündigen „La Flor“ erinnert fühlen oder daran, dass Argentinien das Land ist, das den Schriftsteller Jorge Luis Borges und seine labyrinthisch-fantastischen Erzählungen hervorgebracht hat. Andererseits sollte man auch das kriminalistische Element der Geschichte nicht aus den Augen verlieren – ist ein gewisses Misstrauen gegenüber allzu freundlichen Fremden nicht angebracht?

  • Die Missetäter (OT: Los delincuentes) Argentinien 2023; 189 Min; R: Rodrigo Moreno; D: Daniel Elias, Esteban Bigliardi, Margarita Molfino, Maria Paredes; Kinostart: 21.3.

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