Musikfestival

Down by the River Festival 2023: Am Ende bleibt die Subkultur

Das Down by the River Festival ist zurück. Seit fast 15 Jahren bietet das innerstädtische Indie-Event eine Plattform für aufstrebende Künstler:innen – noch mehr stellt es ein Abbild der kreativen Vielfalt Berlins dar. Ein wichtiges Symbol in einer Zeit, in der Subkultur vielerorts ums Überleben kämpft. 

Live beim Down by the River Festival 2023: Mieke Miami mit ihrem sonnigen Soul-Pop. Foto: Dovile Sermokas
Live beim Down by the River Festival 2023: Mieke Miami mit ihrem sonnigen Soul-Pop. Foto: Dovile Sermokas

Das Down by the River Festival liegt nicht am Fluss

Zumindest nicht mehr. Die legendäre Bar25 am Spreeufer, in der das Festival für „unerhörte und windschiefe Töne“ 2009 Premiere feierte, wurde vor mehr als einem Jahrzehnt geräumt. Seitdem hat sich viel verändert zwischen Michaelbrücke und Oberbaumbrücke – im ach so freien Friedrichshain-Kreuzberg. 

Das Investorenprojekt Mediaspree konnte trotz Protest und Bürgerentscheid nicht versenkt werden, Spielwiesen für Kreative und Freiräume der Subkultur liegen unter Konzernflaggschiffen begraben. Mercedes, Amazon und Zalando scheinen gewonnen zu haben. Und die A100 setzt dem Ganzen noch die Betonkrone auf.  Down by the River ist nicht mehr so viel los. 

Experimente zwischen Baustellen 

Doch auch zwischen Baustellen, Entertainment-Quartieren und Bürotürmen bleibt Berlin eine Stadt der Experimente. Das Down by the River feiert weiterhin das Unangepasste und Innovative, wenn auch nicht mehr am Wasser, sondern im Zaubergarten des Kollektiv-Clubs About Blank am Ostkreuz. Hier findet das Festival seit 2013 statt. Nach der Schließung der Bar25 war es übergangsweise im Kater Holzig auf der gegenüberliegenden Spreeseite veranstaltet worden. 

Auch die jetzige Location, das About Blank, ist ein Ort mit Strahlkraft: Denn die Techno-Institution gehört zu den letzten alternativen Bastionen im gentrifizierten Friedrichshain– und zu den Kulturstätten, die für den 17. Bauabschnitt der A100 plattgemacht werden sollen. Es könnte wohl keine bessere Location für das Down by the River geben. Schließlich steht das Festival, wie das About Blank, seit Jahren für so viel mehr als Party und Exzess. Gegründet von den Macher:innen der Live-Reihe „Fourtrack on Stage“ und Ran Huber von der szeneprägenden Konzertagentur amSTARt, ist das eintägige innerstädtische Indie-Event von Anfang an eine wichtige Plattform für aufstrebende Künstler:innen und ein Abbild der kreativen Vielfalt Berlins. 

So sammelten hier Underground-Lieblinge wie Chuckamuck und The Düsseldorf Düsterboys wichtige Bühnenerfahrung und trafen dabei auf Local-Heroes wie Christiane Rösinger und ­Masha Qrella. Auch internationale Geheimtipps wie The Burning Hell und Chinawoman performten bereits auf dem Down by the River Festival. 

Ein vielversprechendes Comeback  

In diesem Jahr gibt es das langersehnte Comeback – fünf Jahre sind seit der letzten Live-Ausgabe 2018 vergangen, drei Jahre seit der Pandemie-Online-Version 2020. Am 3. Juni verwandelt sich der Zaubergarten des About Blank endlich wieder in die altbewährte Kulisse der Indie-Experimente. Auf zwei Outdoor-Bühnen verschwimmen akustische und synthetische Klänge, meditative Sound-Installationen und tanzbare Grooves, sonniger Pop und düstere Avantgarde. Oder umgekehrt, auf dem Down by the River Festival ist alles möglich. 

Mit von der Partie sind wie jedes Jahr lokale Hochkaräter und internationale Newcomer. Insgesamt performen acht Bands und Solo-Künstler:innen im Zaubergarten. Die Berlinerin aus dem Ruhrpott Charlotte Brandi überzeugt mit künstlerischem Folk-Pop, in dem lyrische Verhandlungen existenzieller Ängste wie selbstverständlich auf zarte Akustikgitarren, polyphone Chöre und liebliche Gesangsmelodien treffen. Das exzessive Soloprojekt bauSTELLE hingegen passt perfekt zum A100-Szenario – mit industriellem Techno-Punk wie ein Presslufthammer am Markgrafendamm. Halfsilks sind so eine typische Down-by-the-River-Band.

Post-Punk von Halfsilks. Foto: Antoinette Dyksmann 
Post-Punk von Halfsilks. Foto: Antoinette Dyksmann 

Die drei Musikerinnen sind als Mitglieder von Gruppen wie Gym Tonic und Soft Grid fest verankert in der Berliner Indie-Szene. Ihr energetischer Sound balanciert zwischen Post-Punk, Synth-Pop und 60s-Girlgroups. Ein internationales Highlight stellt das ukrainische Surf-Dub-Trio Chillera dar. Die Band formierte sich während eines Sommerjobs auf einer Baustelle auf der Krim. Wie ihr Name verspricht, liefern die Instrumentalkünstlerinnen chillige Bassläufe und Rhythmen ab. Plötzlich liegt Friedrichshain auf Jamaika. 

 Die Subkultur lebt weiter 

Auch die Ex-Berlinerin Mieke Miami kehrt für das Down by the River Festival  in ihre Heimatstadt zurück. Nach 13 Jahren zwischen Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Neukölln zog die Songwriterin und Multiinstrumentalistin nach Luckenwalde. Hier ließ sie sich zu ihrem gefeierten zweiten Album „Montecarlo Magic“ inspirieren, auf dem sie sogar die Beatles covert. Sehr mutig – und wirklich gut. Ihr verspielter Soul-Pop fliegt durch Klangwolken aus geschmeidigen Blasinstrumenten, funky Gitarren, jazzigen E-Pianos und gemütlichen Bassläufen. Brandenburg fühlt sich plötzlich an wie die West Coast. Amazing. Auch die anderen Acts Brass Riot, die man vielleicht von Fridays-For-Future-Kundgebungen kennt, die Dissonanz-Fans Noj und das Lichtenberger Autotune-trifft-80s-Projekt die schwimmen zeigen, was für ein besonderes Festival das Down by the River nach all den Jahren geblieben ist – und dass Berlin trotz allem doch noch so einiges an Subkultur zu bieten hat.

  • Down by the River Festival im ://about blank, Markgrafendamm 24c, Friedrichshain, Sa 3.6., 13 Uhr,  VVK ab 20 €, Soli 34 €, online

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