Festival

Jazzfest Berlin: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Das Jazzfest Berlin feiert bereits das 60. Jubiläum. An vier Tagen zelebrieren 36 Projekte das Intuitive in der Musik. Hierbei wird klar, dass Jazz eine Haltung ist und verschiedenste Formen und Diskurse vereint. Alle Infos zum Festival, das vom 2. bis 5. November in verschiedenen Locations stattfindet, gibt es hier.

Die portugiesische Trompeterin Susana Santos Silva repräsentiert die junge Jazz-Generation. Foto: Joana Linda

Jazzfest Berlin: Jazz ist eine Haltung

Im vergangenen Jahr spielte der legendäre Saxophonist des Free Jazz, Peter Brötzmann, noch einmal auf der Jazzfest-Bühne im Haus der Berliner Festspiele. Der bärbeißige Wuppertaler verstarb im Juni dieses Jahres. So verabschieden sich die großen Protagonisten jener Jazzära, die das Berliner Jazzfest, anfangs noch unter dem Label Berliner Jazztage, von Beginn an begleitete. Vor 60 Jahren begann die Geschichte, die heute längst nicht abgeschlossen ist. Beim Berliner Jazzfest ist klar, dass Jazz eine Haltung ist, politisch und gesellschaftlich verhandelt werden muss und durch Rückgriffe zu den Wurzeln und durch Ausblicke in die Zukunft erst eine Gestalt bekommt.

Die Pianistin Sylvie Courvoisier und die Gitarristin Mary Halvorson konzertieren beim Jazzfest 2023. Foto: Caroline Mardok

Diesem Ethos spürt die künstlerische Leiterin Nadin Deventer mit einem in jeder Hinsicht diversen, generationsübergreifenden und internationalen Programm einmal mehr nach. Mit dem US-amerikanischen Saxophonisten und Flötisten Henry Threadgill, dem Berliner Pianisten Alexander von Schlippenbach und dem Abschlusskonzert des Trios Conny Bauer, Hamid Drake und William Parker sind Veteranen der Szene vertreten.

Das Jazzfest verkörpert künstlerische Schlagkraft

Für die junge Generation stehen Auftritte der portugiesischen Trompeterin Susana Santos Silva und der brasilianischen Schlagzeugerin Mariá Portuga. Überhaupt ist das Line-up 2023  stark weiblich geprägt, die Zeit der alten weißen (und schwarzen) Männer neigt sich dem Ende zu. Die Jazz-Avantgardistin Steph Richards, das Kollektiv Irreversible Entanglements der Spoken-Word-Künstlerin Camae Ayewa alias Moor Mother und die Gitarristin Mary Halvorson sind nur einige Frauen in dem viertägigen Programm, das sich neben dem Hauptspielort an der Schaperstraße auf die etablierten Clubs A-Trane und Quasimodo – beide gehören zu den besten Jazz-Venues Berlins – sowie die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche erstreckt.

Die Marthe Lea Band spielt im legendären A-Trane. Foto: Promo

Geografisch gehört Jazz scheinbar nach West-Berlin, was potenziellem Hipster-Publikum aus Neukölln oder Friedrichshain die Anreise erschweren könnte, die künstlerische Schlagkraft ist hingegen über jeden Zweifel erhaben. Zwei Geheimtipps noch zum Abschluss: Zum einen Kaja Drakslers paneuropäisches Projekt „matter 100“, in dem abstrakte Klänge mit Text zusammenkommen, sowie das von der französischen Pianistin Eve Risser geleitete Red Desert Orchestra, das europäische und afrikanische Klangräume vereint. Berlin kann sehr froh über so ein Festival sein!

  • Jazzfest Berlin 2023 Haus der Berliner Festspiele, Schaperstr. 24, Wilmersdorf + Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Quasimodo, A-Trane. 2.-5.11., Tickets und das komplette Programm hier

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