Das Jazzfest Berlin steht 2021 unter dem Motto „Scenes of Now“ und blickt nach Kairo, São Paulo und Johannesburg. Dafür schloss sich die künstlerische Leiterin Nadin Deventer mit lokalen Partnern in den drei Metropolen zusammen. Daraus entstand ein Post-Corona-Hybrid-Projekt aus Live- und vorproduzierten Konzerten, Videobeiträgen, audiovisuellen Werken und Live-Streams. Insgesamt sind 40 Einzelprojekte angekündigt. Nadin Deventer leitet seit 2018 das Jazzfest Berlin. Wir sprachen mit der 44-jährigen Kuratorin über Berlin als Jazzstadt, Corona und das diesjährige Festival-Programm.
„Think global, act local“, sagt Nadin Deventer vom Jazzfest Berlin
tipBerlin Frau Deventer, Sie sind seit 2018 künstlerische Leiterin des Jazzfest Berlin. Mit welchem Anspruch sind Sie damals angetreten und was hat sich heute, drei Jahre später, verändert?
Nadin Deventer Eines meiner Hauptanliegen war und ist es, das Jazzfest Berlin als Teil der Berliner Musiker:innen- und Kulturszene zu verorten, indem wir verstärkt auf lokale Partnerschafen und Kollaborationen setzen. Zentral in unserer Arbeit ist es, Berliner und internationale Akteure zusammenzubringen, um neue, herausfordernde Projekte zu denken und gemeinsam zu verwirklichen. Think global, act local.
tipBerlin Hat sich in den letzten Jahren Berlin als Jazzstadt verändert?
Nadin Deventer Die Szene ist vital, international und hoch lebendig. Das, was Berlin als Jazzstadt für mich auszeichnet, ist nach wie vor die große Lust am Experiment, das Rücken der Peripherie ins Zentrum, der ausgeprägte Melting Pot mit Musiker:innen aus der ganzen Welt, die vielen wichtigen kleinen und größeren Orte und Festivals zu sehr unterschiedlichen Themen und Strömungen. Bleibt zu hoffen, dass dieses vielfältige Berliner Biotop der kreativen Musik- und Kulturlandschaft durch Corona nicht allzu großen Schaden genommen hat.
tipBerlin 2021 lautet das das Jazzfest-Motto „Scenes of Now“, das Festival blickt auf die Szenen in Kairo, São Paulo und Johannesburg. Wieso dieser Schwerpunkt?
Nadin Deventer Für Künstler:innen sind lokale Szenen der Nukleus für ihr kreatives Schaffen und Wachsen. Die genannten drei Städte sind kulturelle Schmelztiegel. Unser hybrides Festivalformat ermöglicht es, trotz der Pandemie große Distanzen zu überwinden und in die experimentellen Musikszenen dieser drei sehr spannenden und auch unterschiedlichen Kulturmetropolen einzutauchen.
tipBerlin Zu welchen Erkenntnissen sind Sie in der Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern gekommen?
Nadin Deventer Im mehrmonatigen Austausch mit den Co-Kurator:innen – Maurice Louca für Kairo, Juliano Gentile und Manoela Wright für São Paulo und Jess White für Johannesburg – zeigte sich trotz vieler individueller Ausprägungen eine Gemeinsamkeit: Alle drei der genannten Städte bilden vor Kreativität sprudelnde urbane Zentren inmitten postkolonialer Gesellschaften, in denen das komplexe Verhältnis von Globalisierung und kulturellem Erbe, Innovation und Tradition, Emanzipation und dem Rückbezug auf multiple kulturelle Wurzeln derzeit neu ausgelotet wird.
Dieses Reibungsfeld hat nicht nur in jeder der drei Städte einen eigenen, charakteristischen Sound geprägt. Es hat auch spezifische Zugänge zu Fragen von kultureller Identität und gesellschaftlichen Selbstverortungen der aktuellen musikalischen Avantgarden freigelegt, an die das Festivalprogramm in Diskursformaten und einem Digital Guide zu jedem Städte-Fokus anknüpft. Zudem präsentieren wir in unserem Live-Programm dieses Jahr auch wieder zahlreiche Musiker:innen aus der Berliner und New Yorker Szene im Silent Green, in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und im Pierre Boulez Saal, so dass wir Einblicke in die lokalen experimentellen Szenen von fünf Kulturmetropolen geben und diese mit unserem Festival in ein Verhältnis zueinander setzen können.
tipBerlin Wie wird die Zukunft des Jazz in Berlin?
Nadin Deventer Vital, vielfältig, edgy, innovativ, vernetzt, international, interdisziplinär, kollaborativ, mutig, herausfordernd und voranschreitend.
Weitere Informationen zum Jazzfest Berlin 2021
Veranstaltungsorte und Tickets Silent Green, Gerichtstr. 35, Wedding; Pierre Boulez Saal, Französische Str. 33D, Mitte und Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, Breitscheidplatz, Charlottenburg. Mehr unter: www.berlinerfestspiele.de
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