Das enträtsele nun, wer kann: Art&Language zeigen in der Galerie Janssen, wie wichtig es ist, das Kleingedruckte zu lesen
„Devinera qui Pourra (Figure it out who can)“ – so nennen Art &Language ihre aktuelle Berliner Ausstellung und geben schon den ersten Hinweis, dass sich hier auch dem kundigen Betrachter die Herausforderung der Enträtselung stellt. Aber das war angesichts eines halben Jahrhunderts Arbeit an den Möglichkeiten konzeptueller Kunst unter diesem Label, das inzwischen von Mitgründer Michael Baldwin und dem später beigetretenen Mel Ramsden genutzt wird, auch nicht anders zu erwarten. Kuratiert von Jill Silverman van Coenegrachts versammelt die Ausstellung Arbeiten aus den Jahren von 1987 bis heute, und zeigt eine beeindruckende Vielfalt an verwendeten Medien und verhandelten Themen. Kritisch adressiert werden sowohl gesellschaftliche Fragen als auch Praktiken und Institutionen des Kunstbetriebs, Stichwort Museumsarchitektur. Doch auch wenn monumental anmutende Arbeiten wie „Picasso’s Guernica in the Style of Jackson Pollock (Essay II)“ (1980-2019) oder „A Bad Place“ (2018) einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich ziehen, lohnt es sich, einen genauen Blick in den hinteren Teil der Ausstellung zu werfen: Die Serie „Flags for Organisations“ zeigt nämlich nicht nur, welch beliebigen Symbolen Menschen hinterherlaufen – die dazugehörigen Manifeste sind obendrein kunstvoll manipuliert und erinnern daran, wie wichtig es ist, auch in der Politik das Kleingedruckte zu studieren. Wie übrigens die Preisliste mit ihren fünf- bis sechsstelligen Summen zeigt, kommt ausgerechnet radikale Institutionskritik gut im Kunstmarkt an – auch das enträtsele, wer kann.
Galerie Michael Janssen Art & Language, Potsdamer Str. 63, Tiergarten, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 3.8