Berlin verstehen

Mythos Romanisches Café: Eine Ausstellung führt ins Berlin der 1920er-Jahre

Berlin in den 1920er-Jahren? Romanisches Café! „Das Romanische Café ist der Wartsaal der Talente. Es gibt Leute, die hier seit zwanzig Jahren, Tag für Tag, aufs Talent warten“, schrieb Erich Kästner 1928. Er ist nicht der einzige, der sich dem heute legendären Kaffeehaus literarisch widmete, denn zu den Stammgästen gehörten auch Irmgard Keun, Else Lasker-Schüler, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht und viele andere mehr. Die Ausstellung „Das Romanische Café im Berlin der 1920er-Jahre“ im Europa Center erinnert noch bis Juni 2024 an den Ort, der bis heute wie kaum ein anderer für das rege kulturelle Leben in Berlin der 1920er-Jahre steht.

Das Romanische Café, um 1925. Foto: Gemeinfrei

Das Romanische Café war ein wichtiger Treffpunkt der Intellektuellen

Das Romanische Café war ein wichtiger Treffpunkt der Intellektuellen in der Weimarer Republik und eine der Hauptattraktionen der City West, schließlich befand es sich an der prominenten Straßenecke Tauentzienstraße und Kurfürstendamm. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die letzten Reste des von Bomben zerstörten Gebäudes abgerissen. An der historischen Adresse errichteten West-Berliner Investoren Mitte der 1960er-Jahre das Europa-Center, und genau dort ist aktuell die Ausstellung „Das Romanische Café im Berlin der 1920er Jahre“ beherbergt. Noch bis zum 30. Juni kann man hier in die Geschichte des Romanischen Cafés eintauchen. 

Einen Kaffee bekommt man in der Ausstellung zwar nicht serviert, und auch auf das sagenumwobene schlechte Essen wird verzichtet, dafür aber untermalen leise Charleston-Klänge die Räumlichkeiten. Viele Artefakte erinnern an den Glanz und die Umtriebigkeit der Goldenen Zwanziger und jenen Ort, wo alles zusammenlief. Im „Romanischen“ traf sich das Who is Who der Epoche. Literaten, Schauspieler, Kritiker, Regisseure und all jene Möchtegerns, Hochstapler und Lebemenschen noch dazu – wer was auf sich hielt, schaute hier vorbei.

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Romanisches Café
„Im Romanischen Café“ von Richard Duschek, 1929 aus: „Illustrierte Zeitung“, Leipzig. Foto: Archiv

Entstanden ist die Ausstellung auf Initiative der Kulturwissenschaftlerin Katja Baumeister-Frenzel. Selbst in West-Berlin geboren und aufgewachsen, beschäftigt sie sich schon lange mit der Geschichte des Cafés, unter anderem auch in Seminaren an der Universität Potsdam, die auf viel Anklang stießen. „Berlin und der Ku’damm leben immer noch vom Mythos der 1920er-Jahre. Aber wenn man dann einmal hier ist, sieht man nicht mehr viel davon.” 

Romanisches Café: Hier traf sich die Kulturszene der Weimarer Republik

Um diese Leerstelle zu schließen, hat sie mit ihrem Team drei Jahre an dem Ausstellungskonzept gearbeitet. Herausgekommen ist eine Schau auf 130 Quadratmetern, die sich nicht nur mit dem Romanischen Café, sondern auch mit der lebhaften Kulturszene der Weimarer Republik auseinandersetzen. Zudem gibt es ein Rahmenprogramm mit Sonderveranstaltungen, Lesungen, Grammophon-Abende, Kuratorenführungen und interaktive Angebote wie etwa eine Tour mit VR-Brillen. 

Nach der Präsentation im Europa-Center ist geplant, die Ausstellung in anderen Städten zu zeigen. Doch am liebsten würde Baumeister-Frenzel noch eine Weile an der historischen Adresse bleiben. Denn wo lässt sich dem Geist des Romanischen Cafés so gut nachspüren wie am Ort des Geschehens?

  • Das Romanische Café im Berlin der 1920er-Jahre Europa-Center, Tauentzienstraße 9-12, Charlottenburg, Mi-Mo 12-19 Uhr, Eintritt frei, bis 30.6., weitere Informationen gibt es hier

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