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Graphic Novel

Afrika im Comic: In „Kivu“ geht es um die Ausbeutung der Bodenschätze in der DR Kongo

Junge, weiße Männer als rundum redliche Helden in rohstoffreichen, afrikanischen Ländern haben ausgedient. Die Macher der Graphic Novel Kivu haben dies nur noch nicht gemerkt

Warten auf den weißen Helden: Gefangennahme von zwei kongolesischen Kindern. Foto: Christophe Simon/ Splitter

Man nehme ein heftig umkämpftes fernes, afrikanisches Land. Platziere dort allseits bekannte Stereotypen, etwa schwarze, brutale Paramilitärs, weiße, amoralische Ex-Legionäre und notgeile, aufgedunsene europäische Geschäftsleute. Tupfe hier und da mal eine dralle, schwarze und natürlich grundgütige Haushaltshilfe, dann wieder einen gleichermaßen devoten wie opportunistischen Hoteldiener hinein. Konkretisiere und rechtfertige das Ganze außerdem unter Zuhilfenahme eines real existierenden, schwarzen Friedensnobelpreisträgers, der in die Kulisse hinein gestellt wird. Und lasse schließlich einen blütenweißen, durch und durch redlichen, jungen, männlichen Helden wirken: Fertig ist die Graphic Novel „Kivu“.

Es mag ehrenhaft gewesen sein, was sich der belgische Comic-Geschichtenerzähler Jean Van Hamme und sein Landsmann, der Zeichner Christophe Simon, mit ihrer in der Demokratischen Republik (DR) Kongo spielenden Graphic Novel „Kivu“ vorgenommen haben: An das nicht enden wollende Desaster rund um die Ausbeutung kongolesischer
Bodenschätze wie Coltan, Cobalt oder Lithium – sie sind die Grundstoffe der globalen Digitalisierung – zu erinnern. Dieser aus allen Ecken der Welt angetriebene Kampf um den Reichtum des Landes ist mit brutalen Bürgerkriegen verbunden, bei denen Dörfer niedergebrannt, deren Bewohner abgeschlachtet und die Frauen massenvergewaltigt und -verstümmelt werden. Hinzu kommen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Erzminen, in denen auch Kinder unter Einsatz ihres Lebens schuften müssen.

Weiße, angebliche Helden sind in so einem Setting umso mehr fehl am Platze. Zumal wenn sie optisch wie charakterlich so glattgebügelt sind, wie die „Kivu“-Hauptfigur François Daans, ein junger Ingenieur, der von seinem in Belgien ansässigen, multinationalen Konzern in die DR Kongo geschickt wird. Daans, diese eindimensionale Type, ist so naiv und nett, dass es beim Blättern der Seiten nur noch wehtut.

Kaum in Goma, der Stadt am kongolesischen Kivusee gelandet, rettet der Gute auch schon ein zehnjähriges Mädchen – für die er mir nichts, dir nichts sogleich seinen eigentlichen Auftrag ad acta legt. Schließlich hat er – huch! – gerade angekommen in der DR Kongo feststellen müssen, dass das Land eher keine Urlaubsdestination und der Konzern, für den er arbeitet, nicht so menschenfreundlich ist, wie der Depp wohl die ganze Zeit geglaubt hatte.

Angesichts des Covers von „Kivu“ hätte man allerdings auch gewarnt sein müssen, welch öde, verlogene Story die Lesenden erwartet: Auf dem Titelbild dominiert der besagte François Daans. In seinen Armen hält er ein schwarzes Kind, das sich hilfesuchend an ihn schmiegt. Es ist ein Bild, das nur zu vertraut ist: von den meist studentischen, weißen Freiwilligenhelfern, die ihren Lebenslauf aufpimpen, indem sie in sogenannten Entwicklungsländern zwei, drei Monate auf Sinnsuche gehen. Und von dort Porträts mit schwarzen Babys auf dem Arm posten.

Sorry, Van Hamme/ Simon: Bis auf die gekonnten Zeichnungen, die vor allem bei den Nebenfiguren glänzen, ist die Mission „Aufklärung“ komplett gescheitert. Sehr schade übrigens. Denn Denis Mukwege, der eingangs genannte Friedensnobelpreisträger, der als Gynäkologe unzählige geschändete Frauen operierte, hätte eine authentischere Herangehensweise mehr als verdient.

Kivu von Jean Van Hamme und Christophe Simon, Splitter Verlag, 72 S., 18 €

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