Schlimmer Traum neulich. Stehe auf der Bühne des Tempodrom, beim Element of Crime-Konzert, volle Hütte. Bekomme eine Gitarre gereicht. Soll „Draußen hinterm Fenster“ mitklampfen. Weiß die Akkorde nicht. Sehe, wie Sven Regener streng rüberguckt. Barme: „Nicht sauer sein, ich habe doch alle deine Bücher gelesen!“ Schwitze Niagara-Fälle. Höre das Publikum raunen. Wünsche mich weit weg aus diesem Traum.
Haben es Literaten leichter mit solchen Träumen? Diesen Fan-Fantasien? Wer Romane schreibt, versteht sich auch auf Selbstermächtigungen. Dann schreiben Träume Bücher. Der in Berlin lebende Linus Reichlin hat gerade einen saftigen U-60-Jungsroman vorgelegt: „Keiths Probleme im Jenseits“. Keith ist Keith Richards, Stones-Gitarrist. Und stirbt. So hört es Fred, Ende 50 (wie Reichlin), Wahrscheinlichkeitstheoretiker, Hobby-Band-Musiker, bei einem Date am Restaurant-Nebentisch. Fasst es nicht. Wenn es Keith trifft, kann es jeden treffen. Da ruft ein alter Kumpel aus New York an. Keith braucht seine Hilfe. Der ist wieder erwacht von den Toten. Will als Riffmaster erinnert werden. Nicht als Zombie. Und versteckt sich also auf seiner Karibik-Insel vor der Welt. Irgendwann sitzt Fred da und schreibt mit Keith Songs. Kokst. Hat Sex mit Lynn, Kracherfrau, die Sätze raushaut wie: „Männer zitieren gern Dylan-Texte, damit muss man als Frau leben, wenn man nicht selber Dübellöcher boren will“. Linus Reichlins Buch ist ein Riesenspaß, mit viel Ahnung und noch mehr Pointen. Wie ein Traum, in dem man alle Akkorde drauf hat.
Neulich war ich im Fluxbau, der Galiani-Verlag feierte dort den zehnten Geburtstag. Sah an einem Tisch Sven Regener sitzen. Ging ihm aus dem Weg. Wusste doch immer noch nicht, wie man „Draußen hinterm Fenster“ spielt. Traf Linus Reichlin, der dort aus dem Buch las (seine Buchpremiere ist am 24. September, 19.30 Uhr, im Maschinenhaus der Kulturbrauerei), sprach ihn an. Fragte, wie sehr sein Buch auch ein Fan-Buch sei. Und Reichlin lachte breit. Satisfaction, yeah!
19.09.2019 - 21:15 Uhr
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