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Literaturadaption

„Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater“ – Ist der Titel Programm?

Etwa nach einer Stunde denkt man, so könnte es jetzt ewig weitergehen, mindestens so lange bis alle glücklich eingeschlummert sind. Sophie Rois lehnt sehr entspannt an einem riesigen Stück Erdbeertorte aus Schaumstoff und sinniert so vor sich hin, vermutlich darüber, weshalb alles seine Vor- und Nachteile hat, zum Beispiel das Leben ganz ohne lästige Mitmenschen: „Nee, nee, neee… ja, ja…. ja… nee, nee, nee… ja, ja, ja.“

„Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater“ nach dem Roman „Die Wand“ von Marlen Haushofer. Foto: Arno Declair

Wobei sie die aaas und die eees gemächlich zerdehnt, es gibt ja keinen Grund, irgendwem irgendwas beweisen zu müssen. Es genügt völlig, den eigenen Gedanken hinterherzuhorchen, ist ja eh keiner da, mit dem man sie teilen könnte. Oder müsste. Endlich allein! Der Titel des Abends ist Programm: „Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater“. Genau das macht sie dann in ihrem mit 75 Minuten genau richtig langen Abend dann natürlich nicht, gegen die Wand fahren, zumindest nicht im Sinn von Absturz und Scheitern.

Die Wand und den Text haben sich Sophie Rois und der Regisseur des Abends, Clemens Maria Schönborn, aus Marlen Haushofers gleichnamigen Roman entliehen. Das 1963 erschienene Buch hat einen gewissen Kultstatus, unter anderem weil es gleichzeitig so etwas wie ein Heimatroman, eine optimistische Dystopie und ein feministischer Blick auf eine Welt ohne Männer ist: In einem österreichischen Tal isoliert eine durchsichtige Wand die Ich-Erzählerin von der Außenwelt, sie muss allein zurecht kommen, und das ist eindeutig nicht das schlechteste.

Genug zu staunen gibt es auch ohne Männer, die Gedanken im eigenen Kopf sind verschlungen genug und genügen völlig für die nächste kleine Ewigkeit und lebenskluge Einsichten der Vernunftkritik: „Ob man von der Wahrheit klarer und vernünftiger wird, oder verrückt, hängt ganz von der Wahrheit ab.“ Und was die Eremitin durch die durchsichtige Wand zu sehen bekommt, hält das Bedürfnis nach Rückkehr in die bewohnte Welt in Grenzen: „Ein Pärchen saß auf einem Balkon, sie sahen nicht tot aus, sondern so, als hätten sie nie gelebt.“ Muss man noch dazu sagen, dass Sophie Rois das ganz hinreißend spielt?

Termine: Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater

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