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Kunstkritik

Von phantastischer Natur

Mit der Wiederentdeckung der Jugendstilkünstlerin Ilna Ewers-Wunderwald ist dem Bröhan-Museum eine kleine Sensation geglückt

Dieser Wassermann mit Schlaghose („Ohne Titel“) ist um 1910 entstanden
Foto: Phillip Zwanzig / Ilna Ewers-Wunderwald / Privatbesitz

Bei jeder Wiederentdeckung muss der Zufall helfen. Im Falle von Ilna Ewers-Wunderwald hieß dieser Sven Brömsel. Der Literaturwissenschaftler forschte zu Hanns Heinz Ewers (1871-1943), einem skandalumwitterten Autor früher Splatter-Storys und avantgardistischen Filmregisseur („Der Student von Prag“, 1913). Und stieß auf seine Ehefrau Ilna Ewers-Wunderwald, eine gefeierte Jugendstilkünstlerin, die in ihre Werke in der „Berliner Secession“ (1909  und 1910) sowie der „Großen Berliner Kunstausstellung“ (1911 und 1914) zeigte. Und mit dem Ersten Weltkrieg komplett in Vergessenheit geriet. 

Zum Glück, es ist neben dem Zufall der zweite wichtige Helfer bei Wiederentdeckungen, erkannte Sven Brömsel die Qualität ihrer Arbeiten und schlug dem Bröhan-Museum vor, eine Ausstellung zu ihr zu zeigen.  „Von Ilna Ewers-Wunderwald war ich auf den ersten Blick beeindruckt und dachte: Das müssen wir machen“, erzählt Bröhan-Kuratorin Anna Großkopf. Sie bekommt viele Vorschläge auf den Schreibtisch und muss die meisten ablehnen. Nicht so hier. Es war vor allem die „unglaubliche malerische Qualität“ der Arbeiten, die sie faszinierte.

Da sitzt der korallenrote Wassermann mit seiner sorgfältigst ausgearbeiteten Schuppenhaut auf einer Art Felsen und starrt in die Gischt, während hinter ihm im Dunkeln ganze Planetensysteme zu kreisen scheinen. Eine phantastische Welt, die hier aus feinsten Federstrichen in chinesischer Tusche und leuchtenden Pastellfarben entsteht. Ilna Ewers-Wunderwald hat einen unverwechselbaren künstlerischen Stil: mit ihrer an den botanischen Zeichnungen der Forscherin Maria Sibylla Merian geschulten Präzision in der Naturbeobachtungen, mit den phantastischen Elementen und, typisch Jugendstil, der ornamentalen Abstraktion, die bei ihr aber nie rasterhaft-dekorativ wirkt. 

Ewers-Wunderwalds weiße Qualle treibt durch ein Meer, dessen Strömungen sie in feinsten Linien nachspürt und in dessen Blau sich das von oben einfallende Sonnenlicht bricht. Ihre Unke sitzt auf einem Stein,  hinter ihr am See leuchten helle  Baumstäme geheimnisvoll in der Nacht. Magisch wirkten diese Blätter, die das Bröhan-Museum nun in einer Kabinettausstellung präsentiert. In der privaten Damenkunstschule Willy Spatz – die Kunsthochschule war ihr als Frau verwehrt – lernte Ilna Ewers-Wunder­­wald auch die Präraffaeliten und den Symbolismus kennen. Neben ihren Zeichnungen zeigt die Ausstellung die Cover und Illustrationen, die sie für die Bücher ihres Mannes zeichnete. Als er mit „Alraune“ 1911 einen Beststeller schrieb, war die Ehe schon fast geschieden.

Bröhan Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, Di–So + Feiertage 10–18 Uhr, bis 16.6., 8/ erm. 5 €

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