Haben die Hauptstadt und die angrenzenden Regionen in Brandenburg die Corona-Krise wirtschaftlich bereits überwunden? Glaubt man der Statistik, so könnte man sagen: „Yes!“ Doch wie sieht es wirklich aus mit Kurzarbeit in Berlin und Brandenburg? Über Chancen, Risiken und die Möglichkeiten, sich während der Kurzarbeit weiterzubilden.
Kurzarbeit in Berlin und Brandenburg: Die aktuelle Situation
Die Arbeitslosenquote ist im Juni 2021 erstmals wieder niedriger gewesen als im April 2020. Die ersten Coronafälle in Deutschland traten in den beiden Vormonaten auf, während der März 2020 der Beginn des ersten Lockdowns war. Soloselbstständige, die ihre Arbeit nicht ausüben konnten, mussten sich arbeitslos melden, die Gastronomie blieb komplett geschlossen und Mitarbeiter:innen wurden entlassen.
Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Lockdown ist unter anderem auch dadurch zu erklären, dass Arbeitsuchende, die in Maßnahmen eingebucht werden – was bekanntlich die Statistik etwas aufhübscht – Präsenzkurse nicht besuchen durften. Maßnahmen mit Startterminen in der Phase der Kontaktverbote wurden gar nicht erst begonnen, sodass die Arbeitsuchenden nicht aus der Statistik herausfielen. Zwischenzeitlich durften diese Maßnahmen wieder durchgeführt werden, aber aufgrund der Abstandsregeln nicht mit der vollen Teilnehmendenzahl.
Schauen wir genau darauf, was die Arbeitslosenzahlen vor allem im Zusammenhang mit Corona beeinflusst. Im Frühsommer waren die Infektionszahlen gesunken und die Impfkampagne hatte in der Zeit ebenfalls deutlich an Fahrt aufgenommen. Dadurch und durch die Schnellteststrategie wurden Gastromiebesuche, Treffen mit Freund:innen, Besuch von Sport- und Freizeiteinrichtungen wieder möglich. Mit den Öffnungen gab es zahlreiche Neueinstellungen. Präsenzkurse werden stärker besetzt, weil Impfungen und Tests das Risiko stark senken.
Zudem sinken die Arbeitslosenzahlen, wenn Arbeitsuchende in Rente gehen oder ins Ausland ziehen. Diese Zahl ist allerdings wohl eher gering.
Mitarbeiter:innen, die während der Coronazeit in Kurzarbeit waren, stehen noch unter einem besonderen Kündigungsschutz, sodass Unternehmen, die stark angeschlagen sind, eventuell noch Entlassungen aufschieben, um Fristen einzuhalten.
Viele Betriebe haben sich aufgrund der erleichterten Zugangsbedingungen dazu entschlossen, Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit zu schicken und sie beispielsweise durch Weiterbildungen zu qualifizieren. Dieser erleichterte Zugang ist nun wieder aufgehoben, sodass kaum Neuanmeldungen hinzugekommen sind. Kurzarbeit wird in Berlin und Brandenburg viel weniger in Anspruch genommen, die Zahlen sind daher aktuell ebenfalls wieder deutlich gesunken (Stand Juni 2021).
Was kaum nachvollzogen werden kann ist die Zahl der Arbeitnehmer:innen, die sich aus der Kurzarbeit heraus woanders beworben und nahtlos eine neue Stelle angetreten haben.
Die eigenen Chancen verbessern: Weiterbildungen und krisensichere Berufe
Wenn Corona eines gezeigt hat, dann wohl, dass kaum eine Branche wirklich krisensicher ist. Einige Wirtschaftszweige hatten zwar keine Wirtschaftsflauten, konnten aber aufgrund von globalen Lieferengpässen nicht unter Volldampf arbeiten. Auch das wirkte sich natürlich vor allem auf die Kurzarbeiterzahlen in Berlin und Brandenburg aus.
Als dann der Frachter im Suezkanal quer stand, mussten Produktionsstätten nach einem Jahr der Corona-Pandemie erneut bangen und Notlösungen suchen. Materialpreise gingen in die Höhe und vor allem Handwerker:innen standen vor dem Problem, keine Waren im Einzelhandel zu erhalten, da viele Menschen während des Lockdowns privat an eigenen Heimwerkerprojekten gearbeitet haben.
Gibt es also krisensichere Berufe? Ja, die gibt es. Dazu muss man nur einen Blick darauf werfen, was auch unter Kontaktverbot und Ausgangssperre weiter lief, welche Läden geöffnet hatten und in welchen Wirtschaftszweigen trotz Pandemie ein Aufschwung zu verzeichnen war.
Gut zu tun hatten Pflegekräfte, gar keine Frage. Auch Onlinehändler und Paketdienste arbeiteten am Limit. Der stationäre Handel wurde zwar bewusst unterstützt, hat aber auch eigene Lieferdienste organisieren müssen, wenn er nicht öffnen durfte. Apotheken, Gesundheitsämter und Security-Unternehmen waren ebenfalls stärker beansprucht als sonst.
Verwaltungsberufe sind ebenfalls krisensicher, denn die Vielzahl an Anträgen, wie zum Beispiel auf Förderung, mussten bearbeitet werden. Sämtliche Wirtschaftsberufe, die vom Homeoffice aus zu erledigen waren, blieben ebenfalls kaum von Kündigungen berührt, und wenn Kurzarbeit angemeldet wurde, sollten die Mitarbeiter:innen die verkürzte Zeit für eine Weiterbildung nutzen.
Die Lebensmittelherstellung und der -handel waren zwar bedingt betroffen – denken wir nur an die hohen Infektionsaufkommen in Schlachtbetrieben – trotzdem wurde weiter gekauft. Es gab keine nennenswerten Versorgungsengpässe, wenn wir von Hefe, Nudeln und Toilettenpapier absehen.
Um selbst karrieremäßig gut durch Krisen zu kommen, bietet es sich daher an, sich in den genannten Bereichen weiterzubilden oder umzuschulen. Dies lässt sich realisieren, wenn die Krise den eigenen Job gekostet hat, weil die Arbeitsagenturen und Jobcenter hierfür Fördermöglichkeiten haben.
Was wäre wenn? Die Auswirkungen der Pandemie
Eine Frage die nicht beantwortet werden kann. Corona musste als Alibi für alles herhalten. Nichteingehaltene Termine, Lieferverzögerungen oder gar die komplette Verweigerung von Dienstleistungen wurden auf Corona geschoben. Ob wir besser durch die Krise gekommen wären, wenn die Digitalisierung besser vorangeschritten wäre, wird zwar vermutet, kann aber nicht bewiesen werden. Tatsächlich haben die Unternehmen, die hier fortschrittlich waren, zum Beispiel besser mit Homeoffice umgehen können.
Was die Arbeitslosenquote und die Kurzarbeiterzahlen angeht, so sind Berlin und Brandenburg, aber auch der Rest der Bundesrepublik deutlich besser durch die Pandemie gekommen als befürchtet. Möglicherweise hatte Corona auch gar nicht die starken Auswirkungen, die unterstellt werden.
Gingen auf der einen Seite Arbeitsplätze verloren, sind aufgrund von Corona auch sehr viele entstanden. All das Personal, das Tests durchführt, die Hotline-Mitarbeiter:innen in Gesundheitsämtern, die Sicherheitskräfte, die öffentliche Bereiche, Kliniken und Demonstrationen absichern und auf Einhaltung des Infektionsschutzes achten, hat die reine Statistik natürlich positiv beeinflusst.
Falsche Schlüsse über Kurzarbeit in Berlin und Brandenburg
So toll es ist, dass die Krise gezeigt hat, wie belastbar Eltern sein können und wie flexibel Unternehmen und Mitarbeitende auf die Umstände reagiert haben: Es wäre falsch, diese Ausnahmesituationen zur Regel werden zu lassen. Eltern, die neben ihrem Job im Homeoffice den Wechselunterricht ihrer Kinder betreut haben, haben dies zwar geschafft, aber zu welchem Preis?
Unternehmen, die schnell auf Engpässe bei Desinfektionsmitteln, Masken und mehr reagiert haben, konnten zwar arbeiten und haben teilweise sicher auch gut verdient. Doch dass die Gesellschaft es irgendwie zusammen geschafft hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, wie schlecht der Bund, die Länder und Kommunen auf so eine Krise vorbereitet waren.
Wenn Corona nun zur Normalität gehört, darf dies nicht dazu führen, sich in Sicherheit zu wiegen, weil man mit dem Problem umgehen kann. Bereits jetzt muss auf kommende Probleme geschaut werden. Dabei spielen nicht nur Seuchen eine Rolle. Auch der Klimawandel wird vermehrt zu Krisen führen. Es ist wichtig, schon jetzt darauf vorbereitet zu sein.
Fazit: Jede Krise birgt auch Chancen. Wer sich beruflich orientiert und nach einem krisensicheren Job sucht, kann anhand der Pandemie analysieren, welche Wirtschaftsbereiche auch unter schwersten Bedingungen noch aktiv sein können oder sogar gestärkt aus Krisen hervorgehen. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit sind Zeiten, die für Weiterbildungen genutzt werden können. Hierfür gibt es zahlreiche Förderprogramme für Unternehmen, Arbeitnehmer und Arbeitsuchende.