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Shibari: Japanische Fesselkunst in Berlin

Shibari, Kinbaku oder einfach Japan-Bondage: Was als funktionale Fesselkunst der japanischen Polizei und des Militärs um 1477 entstand, hat sich über die Jahrhunderte zu einer Stilrichtung des erotischen und meditativen Fesselns entwickelt und gilt heute als Teil der BDSM-Szene. Charakteristisch für Shibari ist die Verwendung spezieller Seile und die Anwendung spezifischer Knoten. Die Fesselkunst gilt als äußerst vielseitig und lässt sich für mehr Zwecke verwenden als nur die Fixierung. In Berlin hat sich mittlerweile eine große Anhängerschaft dieser besonderen Art des Fesselns gebildet.

Karada Fesselung
Ein Rigger oder eine Riggerin ist der aktive Part beim Shibari – die Person, welche die Fesselungen ausführt. Foto: Imago/Pond5

Von Hojōjutsu zu Shibari: Entwicklung der japanischen Seil-Fesselkunst

Während der Sengoku-Zeit, dem japanischen Mittelalter im späten 15. Jahrhundert, entwickelte sich bei Polizei und Militär eine spezielle Fesseltechnik mit Seilen, um Gefangene transportieren, vorführen und manchmal sogar foltern zu können. Die Technik, die damals Hojōjutsu genannt wurde, ist der Ursprung des heute bekannten, erotischen Japan-Bondage, welches allgemein als Shibari bekannt geworden ist. Im Gegensatz zu westlichen Fesseltechniken, die meistens nur der Fixierung dienen und bei denen häufig Handschellen und Hand-Cuffs zum Einsatz kommen, kann Shibari deutlich mehr bieten als nur die Unbeweglichkeit.

Beim Japan-Bondage stehen Seile von meist nicht mehr als acht Metern Länge im Mittelpunkt, die aus Hanf oder Jute gefertigt werden. Diese Materialien verhindert das Zuziehen von Knoten und das zu starke Einschneiden in die Haut, da sie, im Gegensatz zu Baumwolle oder Polypropylen, nicht dehnbar sind und stärkeren Belastungen standhalten. Vor allem bei der Suspension, dem Hänge-Bondage, sind diese Punkte sehr wichtig. Aber nicht nur die Beschränkung auf Seil beim Fesseln macht Shibari zu einer einzigartigen Kunstform.

Fesselkunst in China
Japanisches Rope Bondage kann eine meditative und hochemotionale Angelegenheit sein, wie hier bei einer Vorführung in China. Foto: Imago/Liau Chung Ren

Japan-Bondage hat neben der Fixierung auch ästhetische und emotionale Ansprüche. Die Fesselungen werden so gestaltet, dass sie dem Körper der Person, dem sogenannten Rope-Bunny, möglichst schmeicheln und ihn erotisch hervorheben. Meistens sind die gefesselten Personen deswegen unbekleidet. Beim Fesseln kann darüber hinaus eine sehr intime Bindung der beteiligten Personen entstehen, die sogar eine meditative Wirkung haben kann. Für viele Rope-Bunnys fühlen sich die Seile auf ihrer Haut an wie eine Umarmung.

Japanisches Rope Bondage als Teil der BDSM-Szene

BDSM ist ein Sammelbegriff für verschiedene sexuelle Präferenzen, die sich um Neigungen und Vorlieben wie sexuelles Machtgefälle, Lustschmerz und Fesselungen drehen. Die Buchstaben setzen sich aus Bondage & Discipline, Dominance & Submission sowie Sadism & Masochism zusammen. Bondage in all seinen Variationen ist also Teil der BDSM-Szene und auch Shibari lässt sich diesem Element zuordnen. Dabei ist die japanische Fesselkunst besonders vielseitig einsetzbar und kann eine Vielzahl unterschiedlicher Zwecke erfüllen.

Shibari Fesselung
Shibari kombiniert Elemente der Fixierung mit künstlerischer Ästhetik und zwischenmenschlicher Intimität. Foto: Imago/Pond5

Mit Seilen lässt sich ein Körper besser und unnachgiebiger fesseln, als mit den meisten anderen Techniken. Sehr oft können sie zu einer vollständigen Bewegungsunfähigkeit führen, wodurch ein besonders starkes Machtgefälle entsteht. Dabei ist der Fesselvorgang selbst manchmal sehr aufwändig und kann innerhalb einer sogenannten Session stattfinden, in der sich die beiden Beteiligten in besonderen Maße aufeinander konzentrieren und miteinander interagieren.

Dieser Fokus aufeinander lässt sehr oft die gewollte, emotionale Bindung zueinander entstehen, die erotischer Natur sein kann, aber nicht muss. Der Rigger kann, je nach der Art und Weise, wie er fesselt, ruhig und sinnlich, oder schnell und ruppig vorgehen und dabei bei seinem Rope-Bunny gezielt Emotionen erzeugen, die von Geborgenheit bis hin zu Ohnmacht reichen können. Fesselungen können das Ziel haben, für das Rope-Bunny anstrengend bis unangenehm zu sein, sodass ein Sadomaso-Aspekt hervortritt. Oder sie können rein künstlerischer Natur sein und im Rahmen eines Fotoshootings entstehen.

Shibari in Berlin erlernen

Shibari Suspension
Shibari für Fortgeschrittene: Die hohe Kunst der Suspension verlangt besonders korrektes Fesseln. Foto: Imago/Andrey Guryanov

Beim Shibari verlaufen die Seile sehr eng am Körper, bei einer Suspension lastet das gesamte, menschliche Gewicht auf ihnen. Es ist daher wichtig, sich für diese Fesselkunst anatomisches und sicherheitsrelevantes Wissen anzueignen, damit keine Verletzungen entstehen. Ansonsten kann es leicht passieren, dass Gefäße und Nerven abgeklemmt werden und sogar dauerhafte Schäden entstehen. Um sicher fesseln zu lernen, gibt es in Berlin eine Vielzahl an Angeboten.

  • Riggerin Eru bietet unter Berlin Ropes in einem eigenen Studio Einzelunterricht für Anfänger und Fortgeschrittene.
  • Sawa ist eine Riggerin aus Berlin und unterrichtet die japanische Fesselkunst.
  • Wer lieber in der Gruppe lernen möchte, für den sind die wöchentlichen Angebote des Osada Kinbaku Dojo e.V. die richtige Anlaufstelle.
  • Für ein etwas internationaleres Publikum und Shibari-Klassen bis hin zu Höchstniveau ist Karada House eine interessante Adresse.

In den Online-Communities Joyclub und FetLife gibt es jeweils umfangreiche Eventkalender mit den aktuellsten Workshops und Eventprogrammen zum Thema Shibari. Auch könnt ihr dort Gruppen beitreten, die sich mit Japan-Bondage beschäftigen sowie Gleichgesinnte kennenlernen, die sich zu den sogenannten „Tüdeltreffs“ in Parks wie der Hasenheide verabreden, um dort gemeinsam zu fesseln.


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