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Nachhaltigkeit

Die Fundgrube in Spandau ist Berlins günstigstes Second-Hand-Kaufhaus

Jährlich werden in der Spandauer Fundgrube allein 400 Tonnen an Kleidung bewegt. Zudem findet ihr im Second-Hand-Kaufhaus auch Möbel, Hausrat und Eisenwaren. Nützliches, Dekoratives und Nippes. Unser Autor hat das gigantische Gebrauchtwarencenter besucht – und ist begeistert vom nachhaltigen, inklusiven und integrativen Ansatz.

Klassik und Schlager gibt es in der Fundgrube in Spandau immer. Manchmal finden sich aber auch echte Schmuckstücke unter den Schallplatten. Foto: Max Müller

Die Spandauer Fundgrube ist ein riesengroßer Recyclingbetrieb, in dem die Entsorgung nur als letzte Option in Frage kommt

„Unser Second-Hand-Kaufhaus sieht jeden Tag anders aus“, sagt Thorsten Kiewitz. Für den Bereichsleiter der Fundgrube gehört der stete Wandel zum Alltagsgeschäft. Das Spandauer Gebrauchtwarencenter lebt von der Bewegung. Jährlich werden dort allein 400 Tonnen an Kleidung entpackt, sortiert, aufgebügelt und verkauft. Hinzu kommen Möbel, Hausrat und Eisenwaren. Alltägliches eben. Mitunter findet sich dort aber auch Seltenes, Seltsames und Skurriles. Denn alles, was es in der Fundgrube gibt, wurde gespendet. 

Um zu verstehen, wo diese Spenden herkommen, muss man die Strukturen der Fundgrube kennen. Deren Geschichte reicht bis zum Spandauer Spendenkeller vor 60 Jahren zurück. Wie damals ist auch die heutige Fundgrube gemeinnützig. Sie gehört zur Proclusio Services, einem Inklusionsbetrieb der Johannesstift Diakonie, die weit über Spandaus Grenzen hinweg für ihr soziales Engagement bekannt ist.

Zu Proclusio Services gehört ebenso die Umzugsfirma Huckepack, die Wohnungsauflösungen anbietet. „Die meisten Waren stammen aus diesen Wohnungsauflösungen“, erklärt Kiewitz bei einem Rundgang durch die Kaufhaushallen. „Mitunter werden auch bei Umzügen von den Auftraggebern einzelne Kisten aussortiert und unseren Kollegen zur Weiterverwertung mitgegeben“, so der Bereichsleiter. Zudem sei es während der Öffnungszeiten möglich, Sachspenden vor Ort abzugeben.

Toaster, Kaffee- und Brotschneidemaschinen gehen für wenige Euros über den Verkaufstisch der Fundgrube. Foto: Max Müller

Das Ziel der Fundgrube ist es, kostendeckend zu wirtschaften

Kiewitz führt uns in eine der Nebenhallen, die nur für die Mitarbeiter zugänglich ist. Sie ist bis unters Dach mit Kisten zugestellt. Im Prinzip ist die gesamte Fundgrube ein riesengroßer Recyclingmaschine. Das ist im besten Sinne positiv gemeint. „Hier wird alles wiederverwertet“, so Kiewitz. Wegwerfen sei keine Option. Es sei denn, die Waren sind so ramponiert, schmutzig oder müfflig, dass es gar nicht anders geht.

Doch selbst dann ist es nicht nur einfach Müll. Für Metall gibt es Geld. Für Buchpapier ebenfalls. Die Entsorgung der nicht mehr verwertbaren Reste der „Fundgrube“, durchgeführt von vertrauenswürdigen Recyclingunternehmen aus Berlin und Brandenburg, sei hingegen teuer. „Wir versuchen hier ein Gleichgewicht zu erzeugen, um die Kosten möglichst niedrig zu halten“, sagt Till Schulz, der stellvertretende Betriebsleiter. Das Ziel ist es, kostendeckend zu wirtschaften. An großen Gewinnen ist man hingegen nicht interessiert.

Vielmehr geht es um Nachhaltigkeit. Das ist eine klare Absage an die Fast-Fashion-Industrie, über die Kiewitz und Schulz nur den Kopf schütteln können. Ein zweiter Schwerpunkt besteht in der Förderung der Inklusion. In der Fundgrube arbeiten einige Menschen mit Behinderung. „Unser Ziel ist es, Menschen mit Teilhabe-Barrieren in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bekommen“, so Kiewitz. Bei der Sortierung der Spenden arbeite man aber auch mit einer Werkstatt zusammen. Grundsätzlich sei es möglich und gewünscht, die Mitarbeiter aus der Sortierung in den Verkauf und so in den regulären Arbeitsmarkt zu bringen. In der Praxis sei dies jedoch nicht so einfach umzusetzen. Leider. 

Ein Laden, der ohne Werbung auskommt. Der Auftritt der Fundgrube ist schlicht. Foto: Max Müller

Lange galt die Fundgrube als Geheimtipp. Das Haus, das früher eine Zentrale des Büroausstatters Idena war, befindet sich auch nicht gerade in prominenter Lage. Es liegt in Stresow. Also in Spandau, aber noch am östlichen Havelufer. In einer Ortslage, die von Gewerbe geprägt ist, wo man nicht eben vorbeispaziert. Mitunter geht es hier trotzdem quirlig zu. „Gerade am Morgen, kurz nach Ladenöffnung“, so Schulz. 

Immer mehr Innenstadt-Publikum pilgert zum Shoppen in die Fundgrube

Die ersten Kunden des Tages sind meistens Händler, die die frisch aufgefüllten Regale nach Kostbarkeiten abgrasen. Später kommen Familien, Alleinstehende, Rentner, aus „40 bis 80 Nationen“, schätzt Kiewitz. Viele können es sich nicht leisten, anderswo einzukaufen. Manche kommen, weil sie den Nachhaltigkeitsgedanken schätzen.

Andere wiederum finden unter den Sachen Vintageteile, die einfach günstiger sind als in den Second-Hand-Boutiquen der Innenstadt. Deshalb pilgern auch immer mehr Berliner, die ihren Lebensmittelpunkt in der City haben, zum Shoppen nach Spandau. Eine Entwicklung, die in der Fundgrube mit Wohlwollen beobachtet wird. Schließlich will man ein Ort für alle sein. Eine Konkurrenzsituation zwischen den verschiedenen Gruppen fürchtet man indes nicht: Es seien genügend Waren da.

Neu ist der Pop-up-Laden in der Wilhelmstadt, der auch als Begegnungort dienen soll. Foto: Max Müller

Besondere Fundgruben-Stücke werden in einem neuen Pop-up-Store angeboten

Ausgewählte Stücke aus dem Fundgruben-Kosmos werden seit einigen Wochen auch in einem Pop-up-Store in der Wilhelmstadt verkauft. Im „Leiherei & Vintage-IN“ arbeiten vor allem ukrainische Geflüchtete, mit und ohne Behinderung. Sie verkaufen Kleidung aus der Fundgrube. Den Besuchern bieten sie zudem Tee und Gebäck an, weil das Geschäft eben nicht nur Geschäft, sondern auch Begegnungsort ist, der hoffentlich noch lange bleibt. Derzeit verhandelt man über eine Fortführung des Konzeptes.

  • Fundgrube Am Oberhafen 16-20, Spandau, Mo, Mi 12–18 Uhr, Di, Do–Sa 10–16 Uhr, online
  • Leiherei & Vintage-IN Adamstraße 40, Spandau, Mo–Fr 10–17 Uhr

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