Design

„Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ im Bröhan-Museum

Skandinavien fand einen anderen Weg in die Moderne, wie das Bröhan-Museum jetzt zeigt – haptischer, weicher, naturverbundener

Spielobjekte von Kay Bojesen aus dem Designmuseum Danmark, Kopenhagen. Copyright: www.designmuseum.dk Photo: Pernille klemp.

Nein, der dänisch-norwegische Architekt Edvard Heiberg war kein Gropius-Fan: Die Architektur in Dessau sei „überteuert und übertrieben hell“, schrieb er 1930, und den berühmten Vorkurs der Schule bezeichnete er gleich mal als l’art pour l’art  – nutzlos also und viel zu individuell. Sein schwedischer Kollege Sven Markelius sah das jedoch ganz anders, er feierte Gropius’ Wohnsiedlung Törten als „aktuelles Beispiel für die ökonomische Organisation des Wohnungsbaus“.

„Dass sich die Skandinavier über die Architektur dem Bauhaus näherten, passt gut, eigentlich nahmen sie die Schule überhaupt erst ab den Meisterhäusern in Dessau wahr. Zuvor war das für sie nur eine Strömung unter vielen“, sagt Tobias Hoffmann, Direktor des Bröhan-Museums. „Viel mehr als das Bauhaus interessierte sie zunächst zum Beispiel 1927 die Werkbundausstellung mit der Weißenhofsiedlung.“ Denn die Aspekte des neuen Wohnungsbaus waren etwas, womit sich die Skandinavier zu der Zeit auch daheim intensiv beschäftigten, zum Beispiel mit der Stockholmer Ausstellung von 1930, die als schwedischer Sprung in die Moderne gilt.

Elitär, kapitalistisch und kalt

Die Gestaltung des Bauhaus dagegen galt vielen als verkopft und elitär, gar als kapitalistisch. Ihre Positionierung zu dem, was vor allem von den dänischen Gestaltern als „kalter Funktionalismus“ und „formverliebt“ angesehen wurde, zeigt jetzt die Ausstellung „Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ im Bröhan-Museum. Und dieser andere, der skandinavische Weg der Gestaltung wird auch in der Ausstellung anhand vieler Objekte schnell klar. Dafür reicht ein Blick auf die bezaubernden Spielaffen des Dänen Kay Bojesen, den ergonomischen Stuhl des Norwegers Peter Opsvik (von dem auch der Kinderstuhl „Tripp Trapp“ stammt) oder auf die Holzliege der Schweden Bruno und Karl Mathsson (Sohn und Vater). Es ist ein haptischerer, weicherer, der Natur verbundenerer Stil. Sogar die gläsernen Vasen Alvar Aaltos sind zwar ein kühles, aber eben auch dem Verlauf finnischer Küsten nachempfundenes Design.

Klassiker für alle

Vor allem sind sie, wie viele andere Objekte im Bröhan-Museum, mittlerweile Klassiker, die auch aus vielen deutschen Wohnungen nicht mehr wegzudenken sind. Was natürlich erst recht für Ikea gilt, das auf die Bewegung des „Swedish Modern“ zurückgeht, beziehungsweise auf die „Svenska Möbelfabrikerna“, die schon früh mit industrieller Serienproduktion für alle Bevölkerungsschichten experimentierten. Getreu dem Motto der schwedischen Reformerin Ellen Key, die Ende des 19.Jahrhunderts „Schönheit für alle“ postuliert hatte: eine gute, funktionale Einrichtung des Heims für alle Schweden, auch für die jüngsten, im Gleichklang mit der Idee des schwedischen Wohlfahrtstaates.

Damit ist auch ein weiteres wesentliches Merkmal dieses Designs beschrieben, gerade im Vergleich zum deutschen Bauhaus: „Es ist“, sagt Tobias Hoffmann, „bis heute ganz anders in der Bevölkerung angekommen, weil es auch für diese Bevölkerung produziert wurde“. Der Mensch und seine Bedürfnisse, auch der kleine Mensch, stünden und stehen im Mittelpunkt skandinavischer Designüberlegungen. Bauhaus dagegen sei in der kurzen Zeit seines Bestehens Avantgarde geblieben. Noch dazu eine, die man sich im Norden nicht ins Wohnzimmer stellen wollte: „Die Krankenstation kommt in die Wohnung: Das war so der Tenor vieler Gestalter und Kritiker beim Anblick dieser Möbel“, sagt Tobias Hoffmann. Wobei vor allem Breuers Stahlrohrentwürfe gemeint sein dürften, die schon damals wohl zu wenig hyggelig für die eh schon kalten Länder waren.

Konsequenterweise beginnt die  Schau im Bröhan wirklich mit einer Krankenstation, und zwar mit einer aus Finnland. Sehr funktionelle Möbel von Alvar Aalto sind zu sehen, die der Architekt 1929 für das Tuberkulose-Zentrum Paimio entwarf, das er auch geplant und gebaut hatte. Vordenker wie Aalto hatten also keine Angst vor dem vielleicht kalten, aber technisch und hygienisch dem Holz überlegenen Metall. Dänen und Schweden dagegen bevorzugten lange warmes Holz, vor allem in der Möbelgestaltung.

Dazu kam die schlichte und klare Formensprache von Kaare Klint, der seit den 1920er-Jahren den dänischen Stil entscheidend prägte und dem mindestens eine Gestaltergeneration in seinem Sinne folgte. Jedenfalls solange, bis Verner Panton den knallbunten Vollkunststoff ins dänische Design fließen ließ. Und mit diesen psychodelischen Bomben, die er ab 1960 mitten hinein in die handwerksverliebte dänische Designwelt warf, endet auch die gelungene Schau im Bröhan.

Bröhan-Museum Schloßstr. 1a, Charlottenburg, , Di–So 10–18 Uhr, 8/ 5 €, bis 18 J. + 1. Mi/ Monat frei, 24.10.–1.3.

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