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Kontroverse

Nemi El-Hassan: Warum ihr Geschichtsverständnis so problematisch ist

Die Berliner Journalistin Nemi El-Hassan sollte das WDR-Wissenschaftsmagazin „Quarks“ moderieren. Dann kam heraus, dass sie 2014 an der antisemitischen Al-Quds-Demonstration teilnahm. Seitdem gibt es eine kontroverse Debatte über El-Hassans Israel-Bild, und inwieweit dieses einer Beschäftigung an einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt im Weg steht. Infolgedessen setzte der WDR die Zusammenarbeit aus. Zu Recht, findet unser Autor. Eine Analyse von Nemi El-Hassans schwierigem Geschichtsverständnis anhand eines Instagram-Posts.

Nemi El-Hassan: Ist sie für den Moderatorenjob bei den Öffentlich-Rechtlichen geeignet? Foto: Tilman Schenk/​WDR

Nemi El-Hassan: Palästinenser sind Opfer, Israelis Täter

Wenn die palästinensische Vertreibungserfahrung der hier lebenden Geflüchteten der ersten, zweiten und dritten Generation Teil der Erinnerungskultur Deutschlands werden soll, darf die jüdische Perspektive nicht vergessen werden – nicht nur die leidvollen Erfahrungen der Shoah, sondern auch jene der Mizrachim, der arabischstämmigen Juden, die innerhalb der israelischen Gesellschaft heute die größte Gruppe bilden. So wie die Palästinenser wurden auch ihre Ahnen in großer Zahl aus arabischen Ländern vertrieben, haben ihren Besitz, ihre Heimat verloren. Eine Rückkehr ist derzeit unvorstellbar.

Für El-Hassan zählt das nicht. Sie vermittelt im unten verlinkten Instagrampost vom Mai 2021 ein klares Schwarz-weiß-Bild: Die wehrlosen Palästinenser seien Opfer jüdischer Imperialisten geworden. Auch wenn sie in einem Interview mit dem „Spiegel“ Israel das Existenzrecht nicht abspricht, so vermittelt ihre einseitige Darstellung doch genau das: Die geschichtliche Entwicklung muss revidiert werden. Eine Vision des friedlichen Zusammenlebens zwischen Juden und Muslimen, zwischen Israelis und Palästinenser sieht anders aus.

Was bedeutet das nun aber für die aktuelle Debatte? El-Hassan wirft in besagtem Post ihren deutschen Freundinnen vor, sorglos und unreflektiert in Tel Aviv zu urlauben. Müssten nicht dieselben Vorbehalte gelten für Reisen in den Maghreb, nach Tunesien und Ägypten, oder bei Besuchen in von Krisen und Kriegen geplagten Länder des Nahen Ostens? Stattdessen entdeckt man dort nur eins: Schweigen.

El-Hassan fordert Betroffenheit, sogar Aktionismus ein – was an die Mittel der BDS-Kampagne erinnert. Und dass die auch von Fundamentalisten unterstützt wird, ist kein Geheimnis. Von da ist es nicht mehr weit bis zur antisemitischen Al-Quds-Demonstration, die maßgeblich von Iran gestützt wird. Dass El-Hassan als Teilnehmerin des Jahres 2014 nicht gewusst haben will, dass das eine offen antisemitische Demonstration ist, ist schlicht unglaubwürdig. Zumal sie sich damals genau in diesen konservativ bis radikalen Kreisen bewegte.

Wenn El-Hassan Empathie für die eigene Familiengeschichte einfordert, dann muss sie das offen und ehrlich tun und eine Geschichte präsentieren, die ebenso fundiert recherchiert wie ehrlich reflektiert ist. Denn das sind die Pfeiler der Wissenschaft. Und um Wissenschaft soll es in ihrem künftigen Job als Moderatorin des „Quarks“-Magazin doch gehen, oder? Erst wenn ihr das gelingt, ist sie für diesen wirklich qualifiziert.


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