Kein Platz für Gemeinschaftsgärten? Das Umwelt- und Naturschutzamt Neukölln unter Stadtrat Bernward Eberenz (Ex-AfD, jetzt CDU) fordert Rückbauten auf dem Gelände des Prinzessinnengartens auf dem St. Jacobi-Friedhof. Doch der Prinzessinnengarten wehrt sich mit einer Petition.
Erst 2018 ist das Prinzessinnengartenkollektiv von Kreuzberg nach Neukölln umgezogen, wo auf einem Teilstück des ehemaligen St. Jacobi-Friedhofs in Kooperation mit dem Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte (EVFBS) und mit Unterstützung vom Senat ein neuer Garten erblühte. Die Erleichterung nach Jahren der Unsicherheit auf dem Gelände am Moritzplatz war groß: Mit einem Vertrag über 30 Jahre – so lange ist das letzte Grab auf dem Gelände noch aktiv – gab es nun mehr Planungssicherheit.
Dazu bietete der neue Standort auch ganz neue Möglichkeiten. Endlich können Gemeinschaftsgärtner beispielsweise direkt im Boden gärtnern statt nur in Hochbeeten. Und es gab weit mehr Platz, wodurch Projekte wie zum Beispiel Umweltbildungsorte möglich wurden. Da auf ehemaligen Friedhofsgeländen nicht gebaut werden darf, konnte hier experimentiert werden, wie die vielen freiwerdenden Innenstadtfriedhöfe zu städtischem Grünraum überführt werden können.
Prinzessinnengarten in Gefahr: Kann eine Petition helfen?
Doch nach den Wünschen des Umwelt- und Naturschutzamtes Neukölln soll damit bald Schluss sein. Am 21.02.2020 erging nämlich eine Rückbauanordnung an den Friedhofsverband, der einen großen Teil des Gemeinschaftsgarten betrifft. Der Grund: Das Landschaftsbild sei unzulässig verändert worden. Das betrifft sechs verschiedene Objekte auf dem Gelände. Darunter fallen ein Beet, wo gemeinsam mit Nachbar*innen Nutzpflanzen wie Mangold und Kohl gepflanzt werden, Bauwägen und Unterstände für die Maschinen zur Friedhofspflege, und eine Komposttoilette. Bei Zuwiderhandlung drohen 24.000 Euro Strafe, aber ohne Unterstände und Beete, meint das Kollektiv, wird ihre Arbeit unmöglich.
Besonders pikant: Schon seit Beginn der Arbeit auf dem St. Jacobi-Friedhof zeigte das Amt unter Stadtrat Bernward Eberenz keinerlei Entgegenkommen. “Von vornherein wurden wir vom immer nur vom Umwelt- und Naturschutzamt brüsk abgelehnt und haben immer nur Ablehnung erfahren”, erzählt Robert Shaw vom Prinzessinnengartenkollektiv. Über die Gründe der aktuellen Forderung möchte er nicht spekulieren, “aber aus naturschutzfachlichen Gründen ist es nicht wahrscheinlich.”
Nicht der erste Garten im Fadenkreuz des Amtes
Der Prinzessinnengarten ist auch nicht der erste Gemeinschaftsgarten, der dem Stadtrat ein Dorn im Auge ist. Anfang 2019 musste schon der auf dem benachbarten Friedhof Jerusalem V beheimatete „CoopCampus – die Gärtnerei“ aufgeben. Das beliebte Projekt arbeitete mit Geflüchteten und war im Kiez verankert, doch die vom Umweltamt gestellten Auflagen machten seine Arbeit unmöglich.
Nun sammelt das Kollektiv hinter dem Prinzessinnengarten Unterstützer*innen mit einer Petition. Innerhalb weniger Tage haben schon 5100 Berliner*innen unterzeichnet (Stand 29. April). “Wir hoffen, dass wir mit dieser Petition auf eine hohe Zahl von Unterstützer*innen kommen. Damit können wir sichtbar machen, wie wertvoll und wichtig unsere Arbeit gefunden wird”, sagt Luciana Saalbach vom Kollektiv. Vielleicht könne ja sogar ein BVV-Beschluss helfen, dass das Umweltamt zu einer besseren Zusammenarbeit zwingt.
Prinzessinnengarten-Petition: Anwaltskanzleien bieten Unterstützung
“Was bisher passiert ist aus unserer Sicht eine Verhinderung, ohne Zukunftsperspektive kann man schlecht weiterarbeiten”, ergänzt Shaw. Denn so wie es derzeit aussehe, könnte das Amt jedes Jahr von neuem eine Rückbauanordnung verschicken. “Unser Ziel ist es, eine Rahmenvereinbarung finden, die unsere Bedürfnisse berücksichtigt und auch die Bedürfnisse von Herrn Eberenz, damit wir weiterarbeiten können.”
Bislang haben sich die Grünen, die SPD und auch die Linke für den Prinzessinnengarten ausgesprochen. Auch aus dem Senat und sogar aus dem Bundestag kamen unterstützende Nachrichten. Nur die Neuköllner CDU und AfD blieben bislang stumm. Und sollte es zum Rechtsstreit kommen, ist der Prinzessinnengarten gewappnet: Auf die Petition hätten sich zahlreiche Anwaltskanzleien gemeldet, die das Projekt pro-Bono vor Gericht vertreten möchten. “Wir sind eigentlich ganz hoffnungsfroh”, meint Saalbach, “wir hoffen auf Kompromissbereitschaft des Umweltamtes.”
Hier geht es zur Petition für den Erhalt des Prinzessinnengartens.
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