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Liebeserklärung

Berlin underrated: Diese Dinge in Berlin sind unterbewertet

Berlin underrated: Mit dem Leben in der Hauptstadt ist es wie mit jeder guten Beziehung. An manchen Tagen geht einem alles fürchterlich auf die Nerven und man vergisst all die schönen Dinge, in die man sich mal Hals über Kopf verliebt hat. Damit die Luft zwischen euch und Berlin gar nicht erst rausgeht, haben wir 12 Dinge gesammelt, die in Berlin völlig unterbewertet sind und euch die Stadt in einem anderen Licht sehen lassen. Berlin underrated – bitte sehr.


Auf Friedhöfen spazieren gehen

Der Dorotheenstädtische Friedhof ist nur einer der Friedhöfe, die einen Spaziergang wert sind. Foto: Garrido

Ja, ihr habt richtig gelesen. Um auf dem Friedhof spazieren zu gehen, müsst ihr weder nekrophiler Creep(:in) sein, noch ist ein solcher Ausflug der Zeit zwischen Halloween und Allerseelen vorbehalten. Falls ihr fern überlaufener Grünflächen frische Luft tanken möchtet, können wir euch die Spazierrouten auf schönen Friedhöfen in Berlin nur wärmstens ans schlagende Herz legen. Wer möchte, stattet berühmten Gräbern in Berlin einen Besuch ab – denen von Willy Brandt, Rosa Luxemburg und Rio Reiser zum Beispiel.


Die Berliner Schwimmbäder

In der alten Halle des Stadtbades Charlottenburg könnt ihr in gediegener Atmosphäre eure Bahnen ziehen. Foto: Imago/Lars Reimann

Dass wir in Berlin seenorientiert sind, kann uns bei sage und schreibe 39 Badestellen in der Hauptstadt keiner verübeln. Neben den besten Badeseen in Berlin kann sich aber auch das ein oder andere Schwimmbad durchaus sehen lassen.

In einem der Freibäder in Berlin könnt ihr mit dem Geschmack salziger Schwimmbad-Pommes und dem Geruch von Chlor Erinnerungen an lange Sommerferientage aufleben lassen. Und falls ihr bei ungemütlicherem Wetter eure meditativen Bahnen ziehen möchtet, können wir euch mit gutem Gewissen die Hallen- und Kombibäder aus unserem Schwimmbad-Guide für Berlin ans Herz legen.


Berliner Clubs abseits von Techno

Im Cassiopeia auf dem RAW-Gelände bekommt ihr HipHop, Skatepunk, Alternative Rock und Trashpop zu hören. Foto: Rae Allen/ Wikimedia Commons/ www.flickr.com/ CC BY 2.0

Unglaublich, aber wahr: Auch in Berlin soll es Menschen geben, die Techno nicht zu ihren musikalischen Steckenpferden zählen oder mal eine Pause von wummernden Bässen brauchen. Dabei wäre Berlin nicht Berlin, wenn es etwas gäbe, was es nicht gäbe. Oder um es einfacher zu sagen: Von Indie, Rock und Trashpop bis hin zu Punk, Metal und HipHop bieten euch die Berliner Clubs abseits von Techno unendlich viele Möglichkeiten, die Nacht oder den Tag durchzutanzen.


Wohnen außerhalb des Rings

Am Rand von Berlin findet ihr nicht nur eine Menge Grün, sondern seid oft auch gut angebunden. Foto: Imago/photothek/Janine Schmitz

Obwohl wir nicht hoffen wollen, dass Berlin aus lauter Flat-Earthern besteht, liest sich so manches Berliner Wohnungsgesuch, als sei hinter dem Ring nur noch ein schwarzes Loch oder bestenfalls eine gesetzlose Zone zu erwarten.

Dass es ein Leben außerhalb des Rings gibt, beweisen in Berlin unterbewertete Orte wie Köpenick, Spandau oder Reinickendorf. Mit zum Paket gehört beim Wohnen am Stadtrand neben mehr Ruhe und erschwinglicheren Mieten meistens auch eine gute Anbindung. Die verfrachtet euch am Ende vielleicht schneller ins Zentrum des Chaos zurück, als euch lieb ist.


Wohnen in der Platte

Die Plattenbauten am Volkspark Prenzlauer Berg in 2005, inklusive Vintage-Flair. Copyright: Foto:Imago/Stöpper

Wir werden uns davor hüten, den Plattenbau per se zu romantisieren. Trotzdem steht außer Frage, dass die Platte nicht mit „Problembezirk“ gleichgesetzt werden darf. Das wohl beste Beispiel sind die noch immer begehrten Wohnungen in der Memhardstraße, Linienstraße und Leipziger Straße.

Eine Neuauflage der Platte könnte das Versprechen bereithalten, auch in Zukunft noch günstig und zentral zu wohnen. Mal abgesehen davon, dass die meisten Dachgeschoss-Lofts mit ihr in Sachen Ausblick kaum mithalten können. Warum der Plattenbau in Berlin underrated ist und ob er vor dem Hintergrund einer Wohnungsnot das nächste große Ding sein könnte, lest ihr hier: Schafft der Plattenbau das Comeback?


Die Berliner Bibliotheken

Eine große Auswahl an Büchern findet ihr etwa in der Bibliothek „Pablo Neruda“. Foto: Levin Holtkamp / wikimedia commons / CC BY-SA 4.

In 80 Berliner Bibliotheken habt ihr für gerade einmal zehn Euro pro Jahr (fünf Euro für Studierende und Auszubildende) Zugriff auf mehr als sieben Millionen Medien – wozu neben Büchern etwa auch Kurzfilme oder Sprachkurse zählen. Und das sind nur einige der Gründe, warum die Bibliotheken in Berlin underrated sind.

Dank dem Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins, kurz: VÖBB, spart ihr euch nämlich nicht nur Geld, sondern auch Platz in eurem Bücherregal und tut noch dazu der Umwelt einen Gefallen. Und falls das Buch eurer Wahl mal nicht mit dabei ist, könnt ihr es euch online über einen Anschaffungsvorschlag wünschen, sodass es mit ein wenig Glück schon bald in den Regalen eurer Stammbibliothek steht. Aber wir sind dann auch mal still („Ruhe bitte!“) und lassen euch selbst vom Angebot des VÖBB überzeugen.


Karussellfahren gefällig? Die gute alte Ringbahn

Seit knapp 150 Jahren führen in Berlin dank der Ringbahn alle Wege zum Ziel, irgendwie. Foto: Imago/Jürgen Heinrich

Alles hat ein Ende, nur die Ringbahn hat keines. Und das ist auch gut so. Bei der Ringbahn führen nämlich alle Wege zum Ziel – auch wenn die Ringbahn zu den Dingen gehört, an die sich Zugezogene in Berlin gewöhnen müssen und man auch mal aus reiner Schusseligkeit in die falsche Richtung einsteigen kann, haben wir gehört.

Das Beste: Wer in der Nähe des Rings wohnt, darf von der Berliner Ringbahn-Anomalie profitieren. Die besagt, dass so mancher Ort am anderen Ende der Stadt plötzlich näher liegt ist als die Eckkneipe zwei Kieze weiter.

Legendär ist die Bahnstrecke natürlich für ihr Ringbahnsaufen, dessen Prinzip weitgehend bekannt sein dürfte. Dabei steigt man an jeder Station einmal kurz aus und nimmt ein alkoholisches Getränk der Wahl zu sich, bis man am Ausgangspunkt angelangt ist. Wie viel Spaß das bei 27 Ringbahnstationen macht, muss jede:r für sich selbst entscheiden. Erst recht, bevor ein neues, gerechteres Toiletten-Zeitalter in Berlin anbricht.

Achja, falls ihr dachtet, dass die Strecke der Ringbahn dem ordentlichen Oval der BVG-Karte entspricht, müssen wir euch enttäuschen. Schaut man sich das Ganze einmal aus der Luft an, ähnelt sie einem großen Hundekopf und wird von Eingeweihten entsprechend als solcher bezeichnet.


Die Freundlichkeit der Finanzämter in Berlin

Der kritische Blick täuscht: Berliner Finanzbeamt:innen sind freundlicher als ihr Ruf. Foto: Imago/Plusphoto

Grundsätzlich gilt: Wer in einem der Berliner Ämter etwas erledigen möchte, sollte ein robustes Gemüt und eine Menge Frustrationstoleranz mitbringen. Für Berliner Finanzbeamt:innen müssen wir an der Stelle allerdings eine Lanze brechen. Die sind nämlich freundlicher, als man so denkt. Schön zu wissen, dass man vor einem Anruf oder Besuch bei einer Behörde nicht zwangsläufig das Bedürfnis empfinden muss, sich beim Ringbahnsaufen Mut anzutrinken.


Das Berliner Umland

In Berlin ist das Landgefühl manchmal nur eine Zugfahrt entfernt. Foto: Imago/Maria Gänßler

Im direkten Battle zwischen München und Berlin mögen wir bei Alpen- und Italien-Nähe nicht mithalten können. Dafür wissen wir eben, wie man Spaß hat. Und schätzen unsere weiten Brandenburger Felder genauso wie die unzähligen Brandenburger Seen und unsere Nähe zur Ostsee. Wenn es dann gegen 22 Uhr dunkel wird, können wir uns kaum vorstellen, jemals woanders Erinnerungen an endlose Sommertage zu sammeln. Warum die Uckermark die Toskana Brandenburgs ist, sehr ihr hier.


Berliner Nachbarschaften

Die Sache mit dem Sharing können wir in Berlin ziemlich gut. Foto: Imago/ Seeliger

Wer beim Einzug der neuen Nachbar:innen eine Vorstellungsrunde und selbstgebackene Kekse erwartet, dürfte in Berlin an der falschen Adresse sein. Schließlich ist die Anonymität Teil des Deals, der so viele Menschen aus Dörfern und Kleinstädten hierher treibt.

Und doch kann sich die Berliner Nachbarschaft in den kleinen Gesten zeigen: In der Kiste mit zu verschenkenden Büchern im Hausflur zum Beispiel. Oder in einem der legendären Hausflur-Aushänge, die entgegen ihres Rufs nicht nur die obligatorischen Beschwerden, sondern auch mal ein Lob für das Klavierspiel aus der Wohnung im 3. Stock enthalten können.

Wer sich nach mehr Gemeinschaft im Haus oder Kiez sehnt, wird bei einer der unzähligen Nachbarschaftsinitiativen fündig – oder kann selbst eine gründen. Egal, ob man bei diesem Gedanken Feuer und Flamme ist oder lieber sein eigenes Ding macht: Die Nachbarschaften zählen für uns zu den Dingen, die in Berlin underrated sind.


Supermärkte, die an Sonn- und Feiertagen geöffnet sind

Euer Kühlschrank sieht genau so aus? Auch sonn- und feiertags muss euch dieser Anblick nicht in Verzweiflung stürzen. Foto: Imago / Shotshop

Wer aus dem Ausland zugezogen ist oder eine längere Zeit dort gelebt hat, dürfte eine Weile gebraucht haben, um sich an die strenge Sonntagsruhe in Deutschland zu gewöhnen. Ganz so drastisch wie an vielen anderen Orten ist es in Berlin zum Glück nicht. Schließlich kommt man in den geöffneten Bahnhofssupermärkten auch sonn- und feiertags an alles, was ihr zum täglichen Bedarf benötigt.

Wie so oft in Berlin müsst ihr euch im Gegenzug darauf einstellen, dass ihr niemals die Einzigen mit dieser glorreichen Idee sein werdet und im Worst Case Schlange steht. Ein Problem, dass sich wohl lösen ließe, wenn die Spätis am Sonntag wieder öffnen dürften…


Unser zweites Zuhause bei der BVG

Dass man in einer Großstadt wie Berlin länger als 15 Minuten von A nach B braucht, dürfte nicht weiter überraschen. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Eine altbekannte Berliner Regel besagt, dass man mit den Öffentlichen 30 Minuten an jeden Ort dieser Stadt benötigt, und in Wahrheit sind es häufiger 40. Wer sich darüber beschwert, sollte bedenken, dass man innerhalb der Stadt auch mal 15 Kilometer von einem zum anderen Eck fahren kann. Auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlen mag, haben wir mit knapp 900 Quadratkilometern für unsere Einwohnerzahl schließlich recht viel Platz.

Wir finden: Auch wenn es noch eine Menge Luft nach oben gibt, sollte bei allem Geschimpfe auch mal Platz dafür sein, dass die Öffentlichen in vielen Fällen noch immer das schnellste Fortbewegungsmittel innerhalb der Stadt sind. Und das zu (fast) jeder Tages- und Nachtzeit. Für uns Grund genug, warum die Öffentlichen zu den in Berlin unterbewerteten Dingen gehören.


Mehr zum Thema

In Berlin ist der nächste Hype nie weit entfernt. Lest hier nach hier, welche Dinge aus unserer Sicht overrated in Berlin sind. Und wenn ihr schon dabei seid, könnt ihr ja mal in unserer Stadtleben-Rubrik vorbeischauen und alles dazu erfahren, welche Männertypen es in Berlin nicht leicht haben und wieso Drogen in Berlin so normal sind.

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