50 Jahre tipBerlin: Zum großen tipBerlin-Jubiläum blicken wir auf fünf Jahrzehnte Berlin-Geschichte zurück – und wie sie im tipBerlin stattfand. Teil 3: Die 90er – mit der Wiedervereinigung und Nachwendezeit, neuem Leben in postkommunistischen Brachen, der Love Parade und dem großen Bau-Boom
50 Jahre tipBerlin: Von Drückerkolonnen bis DJ Motte
Auf dem Müllhaufen der Geschichte sind zu Beginn des Jahrzehnts gelandet: die DDR-Mark, die volkseigenen Betriebe, überhaupt das realsozialistische System. „Wir haben Kapitalismus“, so lärmt folglich der Bericht eines tip-Autoren aus der ehemaligen DDR im Jahr 1991. Es geht um Drückerkolonnen an der Wohnungstür, die Ramsch-Produkte feilboten. Ob Teppiche, Kfz-Versicherungen, mundgemalte Zeichnungen.
Neue Zeiten auch anderswo. In den Brachen der Nachwendezeit nistet sich alternatives Leben ein, Ateliers, Clubs, Wohnkollektive. Die Mieten sind so niedrig, dass Lebensentwürfe als Tagträumerin und Habenichts machbar werden. So frei, so unschuldig, so sorglos. Die Sonnenkinder der Wiedervereinigung glauben, alle denkbaren Katastrophen hinter sich gelassen zu haben, von Atomkrieg bis Asbest-Vergiftung.
Ein Zeichen des Optimismus ist die Love Parade und ihr Traum von der „Rave Nation“. Der tip widmet der Massenveranstaltung Titelstorys – 1995 etwa unter der Schlagzeile „Die Dance-Demo“. Ein Jahr später wird die Parade wird zum „Woodstock auf Rädern“ geadelt.
Aber es tun sich auch Abgründe auf: Baseballschlägerjahre in Marzahn und Lichtenberg, entgleiste Biografien, Wendeverlierer. Die intellektuellen Eliten von einst, etwa in den Bildungs- und Kulturinstitutionen Ost-Berlins, stehen auf einmal im Abseits. An der Humboldt-Uni fürchten Profs um ihre Lehrstühle; viele Gelehrte sind nicht mehr erwünscht und Verlage wie Aufbau und Volk & Welt geraten zur Verkaufsmasse der Stasi.
Nebenbei wird in Berlin, seit 1998 Bundeshauptstadt, das Fundament für eine synthetische Stadt der Investoren gelegt – jedenfalls dort, wo die Neujustierungen nach der Wende passende Spielräume bieten. Es gibt Bauprojekte der Superlative am Potsdamer Platz, und die Kommerzialisierung der Friedrichstraße schreitet voran. Der Senat verscherbelt Wohnungen aus öffentlichem Bestand – und sollte diese Politik nach der Jahrtausendwende fortsetzen. „Der Verkauf von landeseigenen Wohnungen schreitet unaufhörlich voran“, schreibt der tip schon 1995.
In dieser Ära bringt der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) das Stadtmagazin übrigens ins Fernsehen, im wegweisenden Lokal-Format „tip tv“. Mit grenzenlosem Esprit moderiert Tita von Hardenberg. Und zum Ende der Dekade, für das Jahr 1999, kürt der tip zum allerersten Mal den peinlichsten Berliner. And the Winner is: Love-Parade-Gründer Dr. Motte. Die Techno-Bespaßung ist nämlich längst zum seichten Kommerzprodukt mutiert.
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- Ab in die 00er Jahre beim tip
- Die 2010er – so lief das vorangegangene Jahrzehnt
Die tipBerlin-Party im Zenner in Treptow
Der Zenner ist einer der schönsten Veranstaltungsorte in Berlin – seit der Wiedereröffnung 2021 wird immer weiter ausgebaut: Biergarten, Weingarten, Heizturm, das Veranstaltungsareal innen – Stück für Stück entwickelt sich hier ein wichtiges Eventzentrum.
Eine der Partys des Sommers wird unsere Geburtstagsfeier – die draußen und drinnen stattfindet, von nachmittags bis zum Morgengrauen. Mit einem grandiosen Kulturprogramm.
tip feiert 50: Hier gibt es Tickets für die Party bis zum Morgengrauen
Konzerte und die Clubnacht braucht ihr ein Ticket. Diese bekommt ihr unter diesem Link – oder direkt hier:
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Worauf sich tipBerlin-Redakteur:innen beim Geburtstagsfest am meisten freuen, lest ihr hier: von Herr Jan über Wallis Bird bis DJ Hell. Wie tipBerlin-Gründer Klaus Stemmler auf die Gründung des Stadtmagazins zurückblickte: Mit sechs Seiten fing alles an.