Drama 

„All My Loving“ im Kino

Die kleinen ­Wendungen und ganz gegenwärtige Konflikte

Port Au Princes Pictures/ JensHarant

Julia und ihr Mann Christian fahren nach Italien. Das Hotel hat ihr Bruder empfohlen. Es bietet ein ideales Umfeld für eine Neubesinnung. Das Paar will sich Zeit nehmen, füreinander. Doch dann entdeckt Julia auf der Straße einen Hund, der Fürsorge braucht, sie nimmt ihn (verbotenerweise) mit ins Hotel, und von nun an zählt nur noch dieses Tier. Der Urlaub nimmt also einen unerwarteten Verlauf, erst später erfährt man, dass es mit dem Helfersyndrom von Julia eine besondere Bewandtnis hat. Auch ihre beiden Brüder, der Pilot Stefan und der Philosoph Tobias, erleben so etwas wie eine Krise. Stefan hat ein gesundheitliches Problem, er darf nicht mehr fliegen, will aber nicht von seiner Rolle (und seinem Image) lassen. Tobias will endlich seine Doktorarbeit schreiben, er ist jedoch mit den Kindern voll ausgelastet, die ­erfolgreiche Frau hat nicht viel Zeit.

Edward Berger erzählt in „All My Loving“ vom ganz normalen Leben eines deutschen Familienzusammenhangs in der gehobenen Mittelschicht. Bürgerliche Probleme, könnte man sagen, in einer Welt, in der bürgerliche Gewissheiten fehlen: Das Drehbuch verrät ein feines Gespür für die Befindlichkeiten von ­Menschen, die nicht unbedingt mit den Ernstfällen des Lebens rechnen mussten, und dann doch mit solchen konfrontiert sind. Drei Episoden und eine kleine Rahmen­handlung ergeben einen gut ausbalancierten, gut besetzten Gegenwartsfilm, in dem die kleinen Wendungen fast stärker zur Wirkung kommen als der große Bogen.

All My Loving D 2019, 116 Min., R: Edward Berger, D: Lars Eidinger, Nele Mueller-Stöfen, Hans Löw, Godehard Giese, Start: 23.5.

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