Es fällt schwer, die Wut zu unterdrücken, die mit jeder Filmminute wächst. Waad al-Kateab hat von 2012 bis 2016 in Aleppo ein Videotagebuch geführt. Es beginnt mit den ersten optimistischen Demos gegen das Assad-Regime und reicht bis zur Flucht aus einer zerstörten Stadt. Im englischen Exil hat sie das Material zusammen mit dem Filmemacher Edward Watts zu diesem erschütternden Dokumentarfilm fertiggestellt.
„Für Sama“ ist ihrer kleinen Tochter gewidmet, die in Aleppo geboren wurde. Ihr erstes Lebensjahr verbringt das Baby mehr in Luftschutzkellern als im Kinderbett. Samas Vater Hamza ist Arzt und arbeitet in der letzten verbliebenen Klinik der Stadt. Al-Kateab filmt ungeschminkt die Opfer der Gräueltaten und heftiger werdenden Bombardements – schwer verletzte, verstümmelte, sterbende Menschen.
„Für Sama“ ist trotzdem ein Film über Liebe, Lebensglück und Familie und über den Zusammenhalt inmitten von Zeiten tagtäglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Aber auch einer über Macht und Ohnmacht in einer Welt der Barbarei.
Es heißt, der Film ist ein Appell gegen den Krieg, er sei so wichtig wie die ersten Filme über die Vernichtungslager der Nazis. Das stimmt und ist zugleich falsch. Die Filme über KZs dienten damals der Aufklärung einer Weltöffentlichkeit, heute weiß jeder Bescheid über die Situation in Syrien. Aleppo war gestern, heute ist es Idlib, fast eine Million Menschen sind wieder unter katastrophalen humanitären Bedingungen auf der Flucht. Sich damit auseinanderzusetzen, das ist man Waad al-Kateab und ihrem Film schuldig.
Für Sama GB 2019, 95 Min., R: Waad al-Kateab und Edward Watts, Start: 5.3.