Interview

Wie Léa Seydoux das Klischee der Bond-Girls überwindet

Sie spielt die große Liebe von James Bond: Die französische Schauspielerin Léa Seydoux ist nun schon zum zweiten Mal dabei und zeigt damit, dass der hohe Frauenverbrauch des Agenten 007 nicht mehr zeitgemäß ist. Aus den vielen Bond Girls ist eine Bond Lady geworden. Patrick Heidmann sprach für tipBerlin mit Léa Seydoux.

Léa Seydoux in "Keine Zeit zu sterben", dem neuen James-Bond-Film. Bild: MGM
Léa Seydoux in „Keine Zeit zu sterben“, dem neuen James-Bond-Film. Bild: MGM

Léa Seydoux hoffte, dass ihre Rolle nicht gestrichen wird

tipBerlin Frau Seydoux, als Frau an der Seite von James Bond überlebt man selten das Ende eines Films. Haben Sie nach „Spectre“ trotzdem darauf gehofft?

Léa Seydoux Ich habe da erst einmal gar nicht drüber nachgedacht. Aber dann kam irgendwann ein Anruf, als Danny Boyle noch den neuen Film inszeniert sollte. Und ich habe mich riesig gefreut, denn meine erste Runde als Madeleine Swann hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich konnte mir sehr gut vorstellen, mich noch etwas mehr mit dieser Figur zu beschäftigen. Als dann Cary Fukunaga übernahm und alles noch einmal pausiert und umgeschrieben wurde, hoffte ich also natürlich sehr, dass meine Rolle nicht wieder rausfliegt.

tipBerlin Wo Sie den Regiewechsel ansprechen: Ist die Arbeit in der Bond-Maschinerie am Ende trotzdem immer die gleiche?

Léa Seydoux Nein, kein bisschen. Für mich hätten die Erfahrungen bei den beiden Filmen kaum unterschiedlicher sein können. Das lag einerseits an äußeren Umständen: Statt wie beim letzten Mal acht stand ich für „Keine Zeit zu sterben“ nur drei Monate vor der Kamera – und hatte direkt davor und danach andere Drehs. Die Sache fühlte sich für mich also schon mal weniger raumgreifend an. Aber tatsächlich sind auch Sam Mendes und Cary Fukunaga als Regisseure extrem unterschiedlich. Sams Herangehensweise an die Figuren, aber auch seine Inszenierung sind zum Beispiel deutlich unterkühlter. Britischer eben, vielleicht ein wenig distanziert.

„Cary Fukunaga setzt auf Nahbarkeit, auf das Unperfekte“

tipBerlin Und Fukunaga?

Léa Seydoux Der ist, sowohl in der Zusammenarbeit als auch in dem, was er auf der Leinwand zeigt, irgendwie roher und weniger geschliffen. Er setzt auf Emotionen und Nahbarkeit, aber auch das Unperfekte. Das fand ich enorm passend. Denn so sehr natürlich James Bond irgendwie eine Art Superheld ist, der immer wieder die Menschheit rettet, so sehr hat ja Daniel Craig auch einen verletzlichen, glaubwürdigen Menschen aus ihm gemacht, der Fehler und Macken hat. Cary hat diese emotionale Seite aller Figuren nun in den Fokus genommen, etwa mit vielen Nahaufnahmen. Dadurch habe ich zum Beispiel meine Figur viel intensiver kennen gelernt als damals in „Spectre“. Das fühlte sich fast an wie eine ganz andere Rolle.

Daniel Craig ist Agent 007 in „Keine Zeit zu sterben“ von Cary Fukunaga. Bild: MGM

tipBerlin Für „Keine Zeit zu sterben“ wurde ja auch „Fleabag“-Macherin Phoebe Waller-Bridge engagiert, um dem Drehbuch eine neue Wendung zu geben. Haben Sie die weibliche Handschrift zu schätzen gewusst?

Léa Seydoux Ganz ehrlich: Dazu kann ich leider gar nichts sagen. Wir hatten so viele verschiedene Drehbuchfassungen, dass ich gar nicht genau weiß, welche Passagen Phoebe eigentlich genau geschrieben hat. Aber natürlich weiß ich insgesamt eine weibliche Handschrift immer zu schätzen. Ich arbeite sowieso sehr gerne mit Frauen zusammen.

tipBerlin Offizielle Ansage ist auf jeden Fall, dass man Sie und andere Frauen in den 007-Filmen nicht mehr, wie in der Vergangenheit, als Bond-Girl bezeichnen soll. Ist Ihnen das wichtig?

„Nicht bloß ein Sexsymbol“: Léa Seydoux über die Figur Madeline Swann

Léa Seydoux Wir sind eben keine Mädchen, sondern Frauen. Und gerade meine Figur hat auch tatsächlich nicht mehr viel gemeinsam mit den Bond-Girls von früher. Nicht nur, weil ich meinen Auftritt überlebt habe und auch im neuen Film dabei bin. Sondern vor allem, weil Madeleine nicht ausschließlich dazu da ist, ein Sexsymbol zu sein und mit Bond im Bett zu landen. Sie ist eine echte, dreidimensionale Filmfigur, die Relevanz für die Handlung hat.

tipBerlin „Keine Zeit zu sterben“ ist mit ziemlicher Sicherheit die Abschiedsvorstellung von Daniel Craig als Bond. Wie haben Sie ihn in der Zusammenarbeit erlebt?

Léa Seydoux Mit Daniel zu arbeiten ist toll. Er ist sehr zuvorkommend und aufmerksam, unglaublich professionell und auch enorm feinsinnig. Und er macht etwas, das ich sehr zu schätzen weiß, aber unter Schauspielern gar keine Selbstverständlichkeit ist: Er hört zu. Er ist vom Kopf her wirklich präsent und nimmt sein Gegenüber wahr. Das macht die Arbeit zu einem echten Vergnügen.

tipBerlin Nicht zuletzt über die jeweiligen Gegenspieler und ihre Pläne erzählen die Bond-Filme durchaus auch immer etwas über das jeweilige politische und gesellschaftliche Klima ihrer Zeit. Gilt das Ihrer Meinung nach auch dieses Mal?

Léa Seydoux Die Rolle, die Rami Malek spielt, ist auf jeden Fall unglaublich spannend. Und sie passt gut in unsere Zeit, denn dieser Bösewicht steht stellvertretend für die Angst der Menschen, von denen manipuliert zu werden, die die Geschicke unserer Welt leiten. Aber ehrlich gesagt habe ich mir darüber gar nicht so viele Gedanken gemacht. Ich war einfach begeistert davon, zumindest eine wirklich tolle Szene mit ihm zu haben, weil ein sehr interessanter toller Schauspieler mit unglaublich intensiver Ausstrahlung ist.


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