Marie Curie – geboren 1867 in Warschau als Marie Skłodowska und 1934 in ihrer Wahlheimat Frankreich verstorben – war eine große Forscherin und eine ebenso leidenschaftliche wie störrische Frau, die sich Zeit ihres Lebens geweigert hat, ihr Licht unter den Scheffel tonangebender Männer zu stellen. Marjane Satrapi hat aus der Vorlage einen Historienfilm gemacht.
Rosamund Pike, die Curie in Marjane Satrapis Adaption einer Graphic Novel von Lauren Redniss Gestalt gibt, gehört zu jenen Schauspielerinnen, die durchsetzungsfähige, selbstbewusste Frauen ohne Verlust für deren erotisches Potenzial darstellen können. Und Pikes auffahrende, stolze Curie, die Gedanken an die klassische Geschlechterdichotomie – derzufolge die Frau für Gefühl und der Mann für Verstand steht – gar nicht erst aufkommen lässt, ist denn auch Trost und Belohnung in Satrapis ansonsten mal zerfahren, mal bieder wirkender Verfilmung.
Marie Curie: ein Historienfilm von Marjane Satrapi
Angelegt als Rückblende einer Sterbenden, klappert „Marie Curie“ brav die wichtigsten Fakten ab: die Ehe mit Pierre, der 1906 tödlich verunglückt, die Geburt der beiden Töchter, die Affäre mit dem verheirateten Kollegen Paul Langevin und den dadurch ausgelösten Skandal, die beiden Nobelpreise, 1903 für Physik und 1911 für Chemie.
Und Curies Wissenschaft? Äh, Curies Wissenschaft bleibt eher im Nebulösen, weil das Publikum die Sache mit dem Radium und dem Polonium ja wohl ohnehin nicht verstehen würde. Also zeigt man lieber, was sich mit Curies fundamentalen Entdeckungen praktisch alles anfangen lässt: mobile Röntgenuntersuchungen im Ersten Weltkrieg – hilfreich; Strahlentherapie bei Krebserkrankungen – schön und gut; Atombomben für den Kriegsfall – weniger erfreulich; Kernkraftreaktoren für die Energieversorgung – kommt darauf an, schlimmstenfalls: Tschernobyl.
Alles in allem inszeniert Satrapi nicht mehr als einen bunten Bilderreigen, der an die Qualität von Marie Noëlles Porträt „Marie Curie“ aus dem Jahr 2016 nicht heranreicht. Alexandra Seitz
Radioactive (OT); GB/Ungarn 2019; R: Marjane Satrapi; D: Roasmunde Pike, Sam Riley, Aneurin Barnard; Kinostart: 16. 7. 2020